Die Intention eines Bildes zu erklären bedeutet nicht, das Bild zu erklären.
Es kann lediglich die Grenzen des Bilds ausweiten, die bei der Wahrnehmung des Bilds von Vorteil sein kann. Die Interpretation wird ein Betrachter immer selbst machen, egal wieviel drumherum erläutert wird.
Danke, Dr. Labude, dennoch für die Einsichten.
Wie gesagt, ich finde das Bild gut. Dennoch mag ich mich damit nicht zufrieden zu geben. Das Bild trägt ja viel mehr insich und hat auch viel mehr Wertschätzung verdient.
Das Bild, das für das Buch ausgewählt wurde, halte ich übrigens für viel schlechter, weil zu plakativ, zu platt zu vorhersehrbar.
Dieses Bild hier ist viel subtiler, feiner, intelligenter, aber - für das Buch sicher nicht vollständig genug.
Portraitfotografie ist ein sehr spannendes Thema, besonders wenn man den Anspruch hegt, dem Portraitierten etwas mit dem Bild auszusagen. Zuzuschreiben wäre nicht korrekt, sondern man möchte ja bestimmte Eigenschaften deutlicher machen, das Wesentliche zeigen, die wahre Person, etc, etc. Darüber ist schon viel geschrieben worden. - Dennoch ein Buchtipp, da sich dieses Buch, meines Erachtens nach, von vielen Büchern über Fotografie und/oder Biografien absetzt.
Dan Winters hat hier ein sehr wichtiges Buch geschrieben. Es heißt "Road to seeing (Voices that matter)" und ist bei New Riders erschienen. Es gibt es auch als eBook. Er beschreibt darin, wie er bestimmte Portraits geplant hat, warum er bestimmte Dinge getan hat, wie er zur Fotografie kam, etc. http://www.danwintersphoto.com/
Weil Andere das viel besser können als ich: Hier eine Besprechung des Buchs. http://www.sergevancauwenbergh.com/dan-winters-road-to-seeing/
Vielen Dank für die Auswahl. Dass gerade dieses Bild ausgewählt worden ist, bedeutet mir etwas. Anders als einer der Kommentarverfasser, meine ich nicht, dass ein Fotograf seine Intention offenlegen sollte, weil der Betrachter sonst "alleingelassen" wäre. Ich halte das Gegenteil für richtig.
Yousuf Karsh hatte ein unglaubliches Talent, in einem Portrait das "Erwartete" abzubilden. Seine Portraits zeigen die Portraitierten so, wie sie sich darstellen wollen. Er bringt sie mit ihrem öffentlichen Bild in Einklang. Churchill sieht siegesgewiss aus, Einstein nachdenklich und Queen Elisabeth königlich. Er verdichtet mit seinen Portraits auf meisterhafte Weise das "Eigentliche" der Person. Er ist, wenn ich das so sagen darf, genial oberflächlich.
Bei dem Shooting mit Patrik Baboumian ging es um ein Cover für sein Buch. Das dafür ausgewählte Bild entspricht genau dem Bild, das dafür gebraucht wurde. Stark, cool und ein bisschen selbstironisch. Grober Muskelberg futtert Blumenkohl.
So zu portraitieren ist Handwerk. Das ist nichts Schlechtes. Fabergé-Eier sind Handwerk. Yousuf Karsh war ein großartiger Handwerker. Ich wünschte, ich könnte das so gut.
Eines meiner Vorbilder als Portraitist ist ein etwas weniger bekannter Fotograf. Greg Heisler. Anders als Karsh verdichtet er die unbekannte, die versteckte Seite der Menschen. Danny DeVito auf einem viel zu kleinen Stuhl, nachdenklich, abwesend. Auch Gorbatschow oder der gealterte Muhammad Ali - so anders als wir meinen, sie zu kennen. Sein größtes Werk für mich, der müde, ausgebrannte, zusammengefallene Yassir Arafat, den er für das Time Magazin fotografiert hat.
Von Greg Heiser lasse ich mir liebend gerne erklären, wie er das Licht gesetzt hat oder was er erlebt hat, als das Foto entstanden ist. Das tut er übrigens in dem tollen Buch "50 Portraits". Aber ich bin ihm dankbar, dass er mir nicht erklärt, was ich in dem Bild zu sehen habe.
Unabhängig von der sehr guten technischen Fotoqualität und des beeindruckenden Portraits, wirkten auf mich spontan drei vermutete Eigenschaften von Patrick: Macht, Kraft und Zweifel. Entspricht diese Einschätzung nun der Wirklichkeit oder nicht, ist ganz unerheblich. Entscheidend für mich ist grundsätzlich der erste Eindruck eines Bildes. Deshalb mache ich auch nicht gerne Bildbeschreibungen, die das Dargestellte oftmals verzerren.
Viele Grüße von Barbara
Dagmar, sicher: man muss nicht - besonders nicht, wenn es einem reicht nur auf ein Bild zu schauen und eine Meinung zu haben.
Das reicht mir aber nicht aus.
Wenn es mir ermöglicht wird, tiefer in ein Bild einzusteigen, dann versuche ich das. Dazu gehört auch das Verständnis über die Intention des Fotografen. Wird mir die verwehrt, bin ich ausgesperrt - muss ich draussen stehen bleiben. Windowshopping sozusagen.
Die Bewertung nach rein technischen Kriterien reicht mir auch nicht aus.
Mir ist bei diesem Bild nicht klar, was die Intention war. Soll es eine Abbildung einer Person in einer bestimmten Umgebung zeigen? Dann ist es gelungen. Ich kann beides erkennen.
Soll es zeigen, wie eine Person ist? - Dann ist das Bild für mich gescheitert, weil ich lediglich einen Eindruck von aussen bekomme, aber nicht vom sein. Alleine die geschriebene Zusatzinformation gibt diese Interpretationsmöglichkeit mit.
Würde unter dem Bild stehen Ferdinand Flitzer, "Logan / Wolverine" Lookalike, könnte man das genauso als "wahr annehmen". Lediglich die "Krallen" von Wolverine fehlen.
Was ich damit meine ist, dass keine der beschriebenen Attribute sich im Bild wiederfinden.
Bitte nicht falsch verstehen, es ist ein gutes Portrait, viele wären froh, wenn sie in dieser technischen Qualität fotografieren könnten. Mir aber fehlt das "Zeige, wie jemand ist und nicht nur, wie jemand aussieht" Moment in diesem Bild.
Aber - ich weiss eben nicht, was die Intention war, und so habe ich lediglich meine eigene Interpretation.
Etwas verloren sitzt er wohl schon eine Weile am Tisch und scheint ruhig etwas zu beobachten, so als würde er warten; so jedenfalls läßt uns seine Handhaltung vermuten.
Derweil erkunden wir die Umgebung: Das Lokal ist soweit wir sehen unbesucht, draussen scheint es schon dunkel zu sein, die Tische sind aufgeräumt und der Aschenbecher geputzt. Arbeiter und Feierabend denken wir, und er wird wohl in Kürze auch weitergehen - Arbeiterromantik aus einem Film der 80er Jahre, USA mittlerer Westen oder Finnland.
Dann lesen wir den Untertext zum Bild und müssen unsere Geschichte nochmals neu stricken. Kraftsportler und Veganer und Aktivist - machen Sie bitte eine Geschichte daraus.
Es ist eine Mischung von vielen Facetten, die man in dieser Kombination so nicht erwartet, aber trotzdem bekommen wir jetzt den Eindruck, sie wären in diesem Bild enthalten. Dies herauszuarbeiten ist eine grosse Leistung.
Dr. Labude 15/11/2016 10:28
Dan Winter Buch sollte man übrigens keinesfalls als E-Book kaufen, weil es in einem wunderbar rauen Canvas eingebunden ist.felixfoto01 14/11/2016 18:42
Die Intention eines Bildes zu erklären bedeutet nicht, das Bild zu erklären.Es kann lediglich die Grenzen des Bilds ausweiten, die bei der Wahrnehmung des Bilds von Vorteil sein kann. Die Interpretation wird ein Betrachter immer selbst machen, egal wieviel drumherum erläutert wird.
Danke, Dr. Labude, dennoch für die Einsichten.
Wie gesagt, ich finde das Bild gut. Dennoch mag ich mich damit nicht zufrieden zu geben. Das Bild trägt ja viel mehr insich und hat auch viel mehr Wertschätzung verdient.
Das Bild, das für das Buch ausgewählt wurde, halte ich übrigens für viel schlechter, weil zu plakativ, zu platt zu vorhersehrbar.
Dieses Bild hier ist viel subtiler, feiner, intelligenter, aber - für das Buch sicher nicht vollständig genug.
Portraitfotografie ist ein sehr spannendes Thema, besonders wenn man den Anspruch hegt, dem Portraitierten etwas mit dem Bild auszusagen. Zuzuschreiben wäre nicht korrekt, sondern man möchte ja bestimmte Eigenschaften deutlicher machen, das Wesentliche zeigen, die wahre Person, etc, etc. Darüber ist schon viel geschrieben worden. - Dennoch ein Buchtipp, da sich dieses Buch, meines Erachtens nach, von vielen Büchern über Fotografie und/oder Biografien absetzt.
Dan Winters hat hier ein sehr wichtiges Buch geschrieben. Es heißt "Road to seeing (Voices that matter)" und ist bei New Riders erschienen. Es gibt es auch als eBook. Er beschreibt darin, wie er bestimmte Portraits geplant hat, warum er bestimmte Dinge getan hat, wie er zur Fotografie kam, etc.
http://www.danwintersphoto.com/
Weil Andere das viel besser können als ich: Hier eine Besprechung des Buchs.
http://www.sergevancauwenbergh.com/dan-winters-road-to-seeing/
Dagmar Kesting 14/11/2016 13:30
Macht nicht nur gute Fotos, der Mann. Gefällt mir.Dr. Labude 14/11/2016 11:14
Vielen Dank für die Auswahl. Dass gerade dieses Bild ausgewählt worden ist, bedeutet mir etwas. Anders als einer der Kommentarverfasser, meine ich nicht, dass ein Fotograf seine Intention offenlegen sollte, weil der Betrachter sonst "alleingelassen" wäre. Ich halte das Gegenteil für richtig.Yousuf Karsh hatte ein unglaubliches Talent, in einem Portrait das "Erwartete" abzubilden. Seine Portraits zeigen die Portraitierten so, wie sie sich darstellen wollen. Er bringt sie mit ihrem öffentlichen Bild in Einklang. Churchill sieht siegesgewiss aus, Einstein nachdenklich und Queen Elisabeth königlich. Er verdichtet mit seinen Portraits auf meisterhafte Weise das "Eigentliche" der Person. Er ist, wenn ich das so sagen darf, genial oberflächlich.
Bei dem Shooting mit Patrik Baboumian ging es um ein Cover für sein Buch. Das dafür ausgewählte Bild entspricht genau dem Bild, das dafür gebraucht wurde. Stark, cool und ein bisschen selbstironisch. Grober Muskelberg futtert Blumenkohl.
( http://vaggressive.de/catalog/images/Cover_kl.jpg )
So zu portraitieren ist Handwerk. Das ist nichts Schlechtes. Fabergé-Eier sind Handwerk. Yousuf Karsh war ein großartiger Handwerker. Ich wünschte, ich könnte das so gut.
Eines meiner Vorbilder als Portraitist ist ein etwas weniger bekannter Fotograf. Greg Heisler. Anders als Karsh verdichtet er die unbekannte, die versteckte Seite der Menschen. Danny DeVito auf einem viel zu kleinen Stuhl, nachdenklich, abwesend. Auch Gorbatschow oder der gealterte Muhammad Ali - so anders als wir meinen, sie zu kennen. Sein größtes Werk für mich, der müde, ausgebrannte, zusammengefallene Yassir Arafat, den er für das Time Magazin fotografiert hat.
http://profoto.com/blog/wp-content/uploads/2013/02/Profoto-Gregory-Heisler-Yasser-Arafat.jpg
Von Greg Heiser lasse ich mir liebend gerne erklären, wie er das Licht gesetzt hat oder was er erlebt hat, als das Foto entstanden ist. Das tut er übrigens in dem tollen Buch "50 Portraits". Aber ich bin ihm dankbar, dass er mir nicht erklärt, was ich in dem Bild zu sehen habe.
barbara klein 14/11/2016 8:36
Unabhängig von der sehr guten technischen Fotoqualität und des beeindruckenden Portraits, wirkten auf mich spontan drei vermutete Eigenschaften von Patrick: Macht, Kraft und Zweifel. Entspricht diese Einschätzung nun der Wirklichkeit oder nicht, ist ganz unerheblich. Entscheidend für mich ist grundsätzlich der erste Eindruck eines Bildes. Deshalb mache ich auch nicht gerne Bildbeschreibungen, die das Dargestellte oftmals verzerren.Viele Grüße von Barbara
felixfoto01 11/11/2016 14:16
Dagmar, sicher: man muss nicht - besonders nicht, wenn es einem reicht nur auf ein Bild zu schauen und eine Meinung zu haben.Das reicht mir aber nicht aus.
Wenn es mir ermöglicht wird, tiefer in ein Bild einzusteigen, dann versuche ich das. Dazu gehört auch das Verständnis über die Intention des Fotografen. Wird mir die verwehrt, bin ich ausgesperrt - muss ich draussen stehen bleiben. Windowshopping sozusagen.
Die Bewertung nach rein technischen Kriterien reicht mir auch nicht aus.
Dagmar Kesting 10/11/2016 15:41
Man weiß bei keinem Werk, was die Intention war, felixfoto01. Man kann höchstens vermuten. Muss man aber nicht.Dagmar Kesting 10/11/2016 15:40
So mag ich Portrait.Jörg Klüber 09/11/2016 13:02
Meinen Glückwunsch!felixfoto01 07/11/2016 21:18
Mir ist bei diesem Bild nicht klar, was die Intention war. Soll es eine Abbildung einer Person in einer bestimmten Umgebung zeigen? Dann ist es gelungen. Ich kann beides erkennen.Soll es zeigen, wie eine Person ist? - Dann ist das Bild für mich gescheitert, weil ich lediglich einen Eindruck von aussen bekomme, aber nicht vom sein. Alleine die geschriebene Zusatzinformation gibt diese Interpretationsmöglichkeit mit.
Würde unter dem Bild stehen Ferdinand Flitzer, "Logan / Wolverine" Lookalike, könnte man das genauso als "wahr annehmen". Lediglich die "Krallen" von Wolverine fehlen.
Was ich damit meine ist, dass keine der beschriebenen Attribute sich im Bild wiederfinden.
Bitte nicht falsch verstehen, es ist ein gutes Portrait, viele wären froh, wenn sie in dieser technischen Qualität fotografieren könnten. Mir aber fehlt das "Zeige, wie jemand ist und nicht nur, wie jemand aussieht" Moment in diesem Bild.
Aber - ich weiss eben nicht, was die Intention war, und so habe ich lediglich meine eigene Interpretation.
Jochen Ostrominski 07/11/2016 17:18
Wow, Top! Meiner Meinung nach wie gemacht für die Galerie.VG Jochen
Lawoe 07/11/2016 11:53
ein sehr gute Wahldas bild hätte definitiv in die Galerie gehört
lg frank
Editors' Choice 07/11/2016 0:29
Etwas verloren sitzt er wohl schon eine Weile am Tisch und scheint ruhig etwas zu beobachten, so als würde er warten; so jedenfalls läßt uns seine Handhaltung vermuten.Derweil erkunden wir die Umgebung: Das Lokal ist soweit wir sehen unbesucht, draussen scheint es schon dunkel zu sein, die Tische sind aufgeräumt und der Aschenbecher geputzt. Arbeiter und Feierabend denken wir, und er wird wohl in Kürze auch weitergehen - Arbeiterromantik aus einem Film der 80er Jahre, USA mittlerer Westen oder Finnland.
Dann lesen wir den Untertext zum Bild und müssen unsere Geschichte nochmals neu stricken. Kraftsportler und Veganer und Aktivist - machen Sie bitte eine Geschichte daraus.
Es ist eine Mischung von vielen Facetten, die man in dieser Kombination so nicht erwartet, aber trotzdem bekommen wir jetzt den Eindruck, sie wären in diesem Bild enthalten. Dies herauszuarbeiten ist eine grosse Leistung.
Li.B. 05/11/2014 18:16
Ich mag diesen Diner Stil, klasse Ambiente, und er darin, es passt einfach :)klasse Foto!
Giovanni Bonnerarte 09/03/2014 20:42
...ein feines Bild mit Stil! Sehr sauber gemacht!Auguri
Giovanni