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Den ganzen Tag hatte die Sonne am wolkenlosen Himmel geschienen und unbarmherzig heruntergeknallt, als wolle sie die Erde verbrennen und die Meere verdampfen lassen. An Deck hatte man es nicht aushalten können, daher hatte er die Masse der Zeit vor sich hindösend in der Bar verbracht, man war auf hoher See außerhalb aller Zollgebiete, und der Whisky war billig, deswegen hatte er ihm gehörig zugesprochen, bis er den Eindruck hatte, auch der Whisky spräche mit ihm.

Am Abend, als es draußen erträglich wurde, ging auf hinaus auf Deck, scannte den Horizont, doch da war immer nur noch eins, unendliches Meer. Daher konzentrierte er seine Blicke, denn es waren mittlerweile Blicke und nicht nur ein Blick, auf die nähere Umgebung des Schiffes und schaute den Vögeln zu. In dichten Schwärmen umflogen sie das Schiff, jetzt doppelt so viele heute morgen, so glaubte er zu erkennen, und er erfreute sich an ihren Flugkünsten. Doch als die Sonne dicht über dem Horizont stand und ihre Strahlen die Wellentäler schon nicht mehr erreichten, waren auf einmal die Schwärme weg.

Er wunderte sich, als er plötzlich über dem Wasser eine Gestalt sah, fast so etwas wie ein Vogelmensch.
Rot glühend.
War es Ikarus, der sich hoch oben die Flügel verbrannt hatte und nun in die Fluten sank?
War es der Klabautermann?
War es ein Teil des Elmsfeuers, von dem er schon so viel gehört hatte?

Er bekam seine Blicke nicht koordiniert, er sah auf beiden Augen etwas anderes, leicht verschoben.

Er schüttelte den Kopf und lenkte seine Schritte wieder in die Bar.
Da glaubte er hinter sich ein leises Zischen zu hören. Als er sich noch einmal umdrehte, war die Erscheinung verschwunden, an der Stelle kräuselten sich das Wasser kurz ringförmig.



Er bestellte sich einen Macallan Limited Release MMXII mit 48%,
setzte sich dann die Pappnase und das Hütchen auf und lauschte der Band, die ein Pferd auf dem Flur stehen ließ.
Kreuzfahrten sind lustig, dachte er.







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