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Der mit dem Essen spielt

Der mit dem Essen spielt

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Michael Wolta


Premium (World), Magdeburg

Der mit dem Essen spielt

Ich weiss nicht, wie viel Wölfe fressen. Die Angaben in der Literatur schwanken zwischen 5 kg pro Woche und 8,4 kg pro Tag. Ein Jäger hat mir erzählt, dass er an vier aufeinander folgenden Tagen zwei Wölfe beobachtet hat, die ein Hirschkalb gerissen und in einem Maisfeld versteckt hatten. Sie kamen nachts immer zum Fressen. Er hat das Kalb auf ca. 15 kg geschätzt, daraus ergibt sich bei 2 Wölfen und 4 Tagen eine tägliche Nahrungsmenge von knapp 2 kg pro Tier. Aber man weiss nicht, was sie sonst noch gefressen haben mögen.
In Deutschland machen Rehe (53 %), Hirsche (21 %) und Wildschweine (18 %) den Hauptteil der Nahrung von Wölfen aus. Hasen, Kaninchen, Nutria, Rotfuchs, Marderhund und Fische spielen eine untergeordnete Rolle. Der Anteil landwirtschaftlicher Nutztiere liegt unter 1 Prozent. "Ein Wolf, der im Wald genug zu Fressen findet, kommt niemals in die Nähe seines ärgsten Feindes, des Menschen" sagt man in Finnland. Deshalb hat man dort die Abschusszahlen für das Wild so korrigiert, dass die Wölfe in den Wäldern genug zu Fressen finden. Wenn allerdings ein Rudel seine Eltern durch Jagd oder Verkehrsunfälle verliert, dann fallen die im Jagen noch unerfahrenen Welpen gern auch leichte Beute wie Schafe, Ziegen und Rinder an. Deswegen dürfen dort, wo es erlaubt ist, immer nur Welpen abgeschossen werden, niemals aber adulte Wölfe. Wer adulte Wölfe tötet, zwingt die Jungtiere quasi zur Jagd auf landwirtschaftliche Nutztiere.
Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ernähren Wölfe sich nicht nur von Fleisch, sondern sie bevorzugen eine abwechslungsreiche Kost mit vegetarischen Komponenten wie z.B. Fallobst. Wo sie in Eintracht mit dem Menschen leben, verwerten sie auch Nahrungsabfälle des Menschen. In der Natur haben sie eine hervorragende Rolle bei der Beseitigung von Aas. "Da, wo der Wolf jagd, ist der Wald gesund" sagt man deswegen in Russland. Auch, weil Verbiss-Schädlinge ihre hauptsächliche Beute sind und naturgemäß kranke Tiere eine leichte Beute darstellen.
Nach meinen (zugegebenermassen spärlichen) Beobachtungen fressen Wölfe nicht mehr, als sie zum Sattwerden brauchen. Sie lassen immer genug für die anderen Mitglieder des Rudels übrig und sorgen sogar für alte und kranke Artgenossen. Wenn sie satt sind, spielen sie gern mit Essensresten, so wie dieser Typ hier. Ein Verhalten, wie ich es oft bei Kranichen beobachtet habe.
Kein Wildlife-Foto, sondern Workshop mit dem ungarischen Tiertrainer Zoltan Horkai (www.horkai.net)

Commentaire 22

  • sylvia11 07/06/2019 22:46

    Sehr guter und informativer Text mit wahren Worten. Und das Foto ist genial!

    Beste Grüße

    Sylvia
  • Mike JB 13/02/2019 20:58

    danke für die Worte für den Wolf und das super Foto dazu
    LG Mike
  • Dana Jacobs 24/01/2019 11:36

    Eine sehr schöne dynamische Szene und dazu die Erläuterung ....... beides bestens :

    LG Dana
  • moro_natur_photos 21/01/2019 12:36

    Klasse Bild. LG Monika
  • Marion R. 21/01/2019 11:57

    Eine perfekte Momentaufnahme !
    LG Marion
  • Jimi Eiscreme 21/01/2019 11:04

    Hier mal ein aktueller Artikel von der mir bis dato unbekannten Jagdplattform Jawina zum Thema Wolf:
    https://www.jawina.de/brandenburg-notwehr-hollaendischer-jagdgast-erschiesst-wolf/

    Dass der Wolf gegenüber Hunden recht erbarmungslos ist, war bereits bekannt. Bisher hielten sich die Verluste an Hundeleben aber in Grenzen. Bin aber gespannt wie darüber das Urteil ausfällt, wenn denn überhaupt Klage erhoben wird. Mein Eindruck ist, dass die Jägerschaft bisher immer noch verdächtig gelassen agiert hat, es unter ihnen sogar Wolfsfürsprecher gibt. Natürlich weiß man nie, was im Wald tatsächlich immer abgeht....
    Aber ein Angriff auf die Hunde gleicht ja quasi einem Angriff auf die Jäger selbst. Das wird noch interessant werden.
    • Michael Wolta 21/01/2019 20:11

      Ich bin Arzt. Ich sehe jede Woche zwei bis drei Patienten mit Hundebissverletzungen. Viele sind schwer und müssen stationär behandelt werden. Jedes Jahr werden allein in Deutschland 5-6 Kinder durch Hunde getötet. Wo bleibt da der Aufschrei der Jäger und Viehzüchter? Ich habe noch nie einen Menschen behandeln müssen, der von einem Wolf verletzt worden ist. Mir scheint, dass in Deutschland viele Menschen die Relationen zum Thema Wolf verpeilen. Der Hund ist für den Menschen erheblich gefährlicher als der Wolf. Selbst der eigene Hund. Und in der freien Natur sind Hunde an der Leine zu führen. Wenn jeder Hundehalter sich daran halten würde, würde nie ein Hund in die Reichweite eines Wolfes gelangen. Ansonsten stimmt es, dass Wölfe ihr Revier gegen jeden verteidigen, den sie als Gefahr für ihren Nachwuchs ansehen und dabei Hunde, Füchse und fremde Wölfe töten.
    • Dana Jacobs 24/01/2019 11:35

      Würde ich jetzt im Hörsaal sitzen würde ich Michael applaudieren , das hast Du meiner Meinung nach gut geschildert !!!

      LG Dana
    • Jimi Eiscreme 24/01/2019 14:09

      Nun, leider sind die Gemüter bei solchen Themen auf allen Seiten immer sehr schnell erhitzt, und jeder versucht die für sich passenden Argumente zu finden und zu optimieren. Ich finde immer, man sollte da viel relaxter rangehen. Ich denke, so wie das Wolfsmanagement in den betroffenen Bundesländern aktuell entwickelt ist, ist es schon sehr gut. Klar kostet es Geld, den Verlust an Vieh auszugleichen oder die Schutzmaßnahmen zu fördern. Aber für andere Tiere wird auch viel Geld ausgegeben, ob nun Feldhamster oder Großtrappe. Ich denke, aber diese Summen gehen klar. Man muss halt den Wolfsgegnern bei ihren Schauergeschichten oder Scheinargumenten mit Fakten den Wind aus den Segeln nehmen, aber das Ganze auch nicht romantisieren oder radikalisieren. Wichtig ist, dass möglichen illegalen Abschüssen konsequent nachgegangen wird(nicht nur beim Wolf) aber gleichzeitig Bedenken, oder auch solche Fälle wie in dem Artikel oben nicht verteufelt werden. 

      Was Michael oben schreibt ist auch komplett richtig. Vermutlich sind selbst Kühe oder Pferde gefährlicher für den Menschen als der Wolf. Auch kann ich es überhaupt nicht leiden wenn Hundehalter ihre Lieblinge in der Natur frei laufen lassen, und dann vielleicht noch meinen, dass "meiner ja aufs Wort hört". Was die oben beschriebene Drückjagd betrifft ist es halt schwierig. Man kann die Stöberhunde ja schlecht an der Leine führen. Im übrigen gibt es unter den Jagdhunden immer wieder Todesopfer durch Wildschweine zu beklagen. Läuft dann aber maximal als Randnotiz ;-)
  • Karin und Axel Beck 21/01/2019 8:55

    Toll wie du hier diese Actionszene eingefangen hast.... super Schärfe.
    LG
    Karin und Axel
  • Karl G. Vock 20/01/2019 22:52

    Klasse Szene und ein sehr informativer Text.

    LG
    Karl
  • A. Westermann 20/01/2019 19:48

    Er wird je nach Jahreszeit verschieden viel fressen, da der Energieverbrauch verschieden hoch ist und die Anlage von Fell, Speck, Jungen, ... mitzählt.
    Sie sorgen nicht nur für Alte und Kranke, sie intigrieren auch nicht so Schlaue in ihre Arbeitsteilung. Jeder nach seinem Können und Vermögen. Besonders wichtig bei Wölfen ist die gewaltfreie Erziehung der Welpen. Viel Erfahrung durch Spielen und das Wichtigste: Vorbild der Adulten.
    Es gibt viel zu lernen.
    Sehr tolles Foto!
    VG Annette
  • Franz-Foto 20/01/2019 19:47

    Ein fantastisches Bild mit einer tollen Dynamik.
    Vg. Franz
  • Inken Hantz 20/01/2019 19:41

    Starke Szene, tolle Farben!
    LG; Inken
  • Epperlein 20/01/2019 19:18

    Danke für das tolle Foto und den umfangreichen Text.
    L.G. Karl-Heinz
  • A. Deichvoigt 20/01/2019 19:12

    Super Aufnahme, den hast du ja ganz wunderbar erwischt. Toller Moment den du da festhalten konntest.

    lg AD