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Angelika Witt-Schomber


Premium (World), Heiligenhaus

draußen zuhause

Gestern auf dem Weg heim von der Arbeit, an der Bushaltestelle, der Kopf irgendwo weit weg damit beschäftigt, mit einem Gedankenblitz die wirtschaftliche Situation um mindestens 1000% zu verbessern (der Bus kam später, der Blitz leider nicht) ... auf einmal schiebt dich das Gesicht einer Frau in mein Blickfeld. Die Augen fokussieren sie, das Ohr hört "Wir sind von der lokalen Zeitung und möchten Sie etwas zum Thema Urlaub fragen." Dabei direkt ein Typ mit Kamera, ich im typischen Look derer, die Naturlocken haben, die nie so fallen, wie man sie will, und die am Vortag in erinen Gewitterschauer gekommen ist.
Och nö, sag ich, mein Urlaub ist eh schon vorbei.
Und, fragt das Gesicht, wo waren Sie?
Zu Hause, muffele ich. Als sie den Grund wissen will, sag ich nur Kein Geld, das ist ihr jetzt irgendwie unangenehm.
Aber dann haben Sie doch sicher ein Traumziel. Oder Sie waren schonmal irgendwo im Urlaub.
Sicher, sag ich. An der See. Wenn ich die See seh, brauch ich kein Meer mehr.
Na also, sagt das Gesicht, während ihr Kollege den desaströsen Zustand meiner Frisur für das ganze Bergische Land festhält. Und wenn Sie sich was wünschen könnten, wo würden Sie am liebsten hinfahren?
Der Mund geht auf und ich hör mich sagen:
In die Eifel. Wandern in die Eifel. Da kommt auch mein Bus. Vielen Dank für Ihr Interesse.

Bin dann eingestiegen und ich meine, das Gesicht hätte hinter mir die Finger gekreuzt, um meinen bösen Geist von sich abzuwehren.

Uaaaah, und heute sind Bild und Text tatsächlich in der Zeitung. Vielleicht erkennt mich ja keiner.


Dabei war es eigentlich die Wahrheit, nur daß das wieder einer der typischen Momente war, in der man sie besser für sich behalten würde. Den ganzen Tag mit den Hunden draußen sein, im Wald, Insekten fotografieren und auf Entdeckungstouren gehen, das ist meine Vorstellung von Erholung. Und ja, ich bin seltsam. Draußen zuhause eben ....

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