Haute Couture

Haute Couture

„Warum streitet ihr euch so?“, fragte ich das Fasanenpaar.
„Siehst du das denn nicht?!“, sagte der Fasan verärgert. „Da möchte man einmal fein ausgehen, reserviert einen Tisch im besten Restaurant der Stadt, schmeißt sich in Schale und dann das!“
„Und dann was?“, wollte ich wissen.
„Na, meine Frau! Zieht wie immer ihr kleines Braunes an. So kann man doch nicht rausgehen!“
„Warum nicht? Immerhin hat sie ihr Federkleid - im Gegensatz zu deinem - gebügelt.“ Ich zupfte an seinem Brustgefieder, das völlig unmotiviert durch die Gegend schlabberte.
„Ich habe es mit einem Glätteisen geglättet, nicht gebügelt. Außerdem mag ich es schlicht!“, sagte Frau Fasan verschämt.
„Wie auch immer. Ist doch recht schmuck! Aber mit deinem Gemahl muss ich mal ein ernstes Wort reden: Wie lange trägst du schon dieses übertrieben bunte Outfit?“
„Das trage ich schon seit ich denken kann. Ich bin ein Fasan!“
„Siehst du, du bist doch gar nicht mehr up to date. So etwas trägt der modisch interessierte Fasan von heute nicht mehr, das ist voll oldschool.“
„Ach was!“ Der Fasan war sichtlich überrascht. „Woher weißt du das?“
„Ich habe ein Schnupper-Semester an einer Modedesign-Hochschule absolviert! Da lernt man das“, sagte ich stolz. „Es ist wichtig, dass du dich kleidungstechnisch völlig neu definierst. Ich schlage eine komplette Neuausrichtung deines Styles vor!“
Der Fasan war einverstanden.
„Zuerst muss dein feuerroter Bart weg!“ Ich fackelte nicht lange und fräste mit einem elektrischen Langhaarschneider über beide Backen des Fasans. „Siehst du, dein Gesicht wirkt schon viel schmaler und vor allem jünger!“, zeigte ich ihm im Spiegel.
„Jetzt zieh´ das hier an!“ Ich reichte ihm ein Sakko in dezentem Anthrazit aus der Kollektion von Pierre Pomfrite. Passend dazu fummelte ich ein hochpreisiges Einstecktuch von Yves Schnieff in seine Brusttasche. Eine elegante dunkle Bootcut-Jeans eines amerikanischen Designer-Start-Ups vervollständigte das Gesamtbild.
„Und? Wie findest du es?“ Der Fasan drehte sich vor dem Spiegel und grinste zufrieden.
„Ich sehe zwar nicht mehr aus wie ein Fasan, aber es ist schick!“
„Und es passt sehr gut zu meinem kleinen Braunen!“, sagte Frau Fasan begeistert.
„Das freut mich! Dann könnt ihr ja jetzt endlich ausgehen!“, sagte ich und wünschte den beiden viel Spaß…