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Linda Decker


Free Account, gegebenem Anlass

.

nackt
nackt
einander berührend
aneinandergepresst
frauen männer kinder
ich nackt mitten unter ihnen
jedes ich nackt mitten unter ihnen
oh wie habe ich
vorausgejubelt
dieser lust, dieser ungeheuren lust

daraus ist geworden
ein konzentrationslagerbild
ein gaskammerschnappschuss
die gebliebenen
herauswerfend
aus jeder sehnsucht
nach einer atmenden masse von menschen
liebend lebend liebend lebend liebend
die sterbenden bettend
auf ihre reise ins nichts


ernst jandl

Commentaire 6

  • just moments 28/09/2004 21:47

    Linda, ich hoffe es auch nicht. Es war einfach meine erste, spontane Empfindung auf Bild und Text ... . Ich hoffe von Herzen, dass alle ihre Ruhe fanden ...
    Kate
  • Linda Decker 28/09/2004 20:09

    @ sylvia und esti: ja. ging nicht anders.
    @ kate: hoffentlich nicht!
    @ graf ICH: Danke dir!
  • Foto-Graf ICH 27/09/2004 23:30

    "...Gleich neben mir geriet ein unförmiger Gegenstand: ein Holzschuh in meinen Blick, auf der anderen Seite hingegen eine der meinen ähnliche Teufelsmütze mit spitzem Zubehör: einer Nase und einem Kinn, dazwischen eine hohle Vertiefung, ein Gesicht. Dahinter weitere Köpfe, Gegenstände, Körper - ich begriff: der Rest der Ladung, der Abfall, um es genauer zu sagen, den man offenbar erst einmal hier aufbewahrte. Nach einiger Zeit, und ich weiß nicht, ob es eine Stunde, ein Tag oder ein Jahr war, hörte ich dann schließlich Stimmen, Laute, das Geräusch von Aufräumarbeiten. Der Kopf neben mir hob sich auf einmal in die Höhe, und weiter unten, an seinen Schultern, erblickte ich Arme in Sträflingsanzug, die gerade im Begriff waren, den Körper auf eine Art Gefährt, eine Art Karren hinaufzuwerfen, obendrauf auf einen Haufen weiterer Körper. Gleichzeitig drangen Wortfetzen an mein Ohr, die ich gerade eben herauszuhören vermochte, und mit noch größerer Mühe erkannte ich in diesem heiseren Geflüster eine vordem - wie ich erinnern musste - doch so eherne Stimme: "Ich pro...te...stiere", murmelte sie. Da blieb der Körper für einen Augenblick in der Luft hängen, bevor er weitergeschwungen wurde, gewissermaßen vor Überraschung, wie ich empfand, und gleich darauf hörte ich eine andere Stimme, offenbar von demjenigen, der ihn an den Schultern hielt. Es war eine angenehme, männliche, freundliche Stimme, und ihr etwas fremd klingendes Lagerdeutsch zeugte meinem Gefühl nach eher von einem gewissen Staunen, einer gewissen Verblüffung, als von Unwillen: "Was? Du willst noch leben?", fragte er, und auch ich fand das, in der Tat, etwas komisch und unbegründbar, im großen und ganzen ziemlich vernunftwidrig von ihm, in diesem Moment. Und ich beschloss: ich meinerseits werde vernünftiger sein..." (Imre Kertész: Roman eines Schicksallosen)
  • just moments 27/09/2004 22:15

    verlorene Seelen ...
  • Esti Cs. 27/09/2004 18:16

    ja, bedrückend ist das richtige wort...
  • Sylvia Mancini 27/09/2004 16:34

    Sehr bedrückend, Text und Bild. Im Bild werden Träume zerrissen...