50 Jahre und ein Ende 6
1989 Hamburg
50 Jahre und ein Ende 6
Ganz besonders schick habe ich mich gemacht, mit Schleife im Haar und meiner besten alten Jeans. Ich dufte nach Welt. Herrenduft auf der Brust, Kräutertee im Rachen und Maschinenöl hinterm Ohr. Mein Verehrungsaufsatz über Ursulas Hinterteil soll ein tief schürfendes und erschütterndes Ereignis sein. Es wird auch meine erste Lesung.
Zuvor muss ich aber Didi fertig machen für die KG.
„Und die Äuglein hell und klar, waschen wir dem Didija.“ Die Klassenlehrerin Brigitte meint, ich solle nicht im Unterricht die gequirlte Scheiße von mir geben, welche der Bier trinkende Vater dem Kleinen beibringt. Es hätte fast den Hintergrund, dass ich mit meinen Sprüchen kein seriöses Ziel verfolge.
Die KG Tante hat den kompletten Arsch offen. Sie sagt, dass Didi viel zu wenig bewegt wird, weder vom Vater, noch von mir.
„Nach einem epileptischen Anfall?“
„Wohin des Weges, junger Mann?“
„Ich muss zur Direktorin?“
„Na dann ...!“
Frau Röhmköttel, die Krankengymnastin. Ein selten sozial inkompetentes Geflügel.
Ursula schiebt die Brille auf die Nase. Ich beginne zaghaft und leise zu lesen und verfalle zwischendurch in leichte Lachkrämpfe. Grad die Stelle, wo ich mir ihren Slip als große lieblich duftende Butterblumenwiese vorstelle, kann ich nicht vollends ernst darbieten.
Ursula schweigt mit düsterer Miene und spitzt den Mund, dann sagt sie: „Das ist ja reizend gemeint von dir, aber ich habe selten so einen pubertären und anzüglichen Mist gehört. Zur Strafe musst du jetzt am Sonntag meinen Garten winterfest machen.“
Ursula nimmt sich meiner an, dass gefällt mir. Sie versteht aber nicht, dass ich ihr nur sagen wollte, dass sie eine schöne Frau ist.
„Probleme mit der Liebe?“
„Ja, es gibt da so eine. Ich kann sie nicht vergessen. Sie heißt Sonja.“
Ursula hat da auch einen, aber der Schulrat ist es nicht.
„Nein, der Herr Schulrat ist sechzig und kein besonders kluger Mensch.“
Nur ein kleiner Kuss, dies wäre schon ein winziger Trost. Aber Ursula lässt sich nicht erweichen.
„So und jetzt noch die Stube saugen und betrachte dich als abgemahnt. Noch ein kleiner Vorfall und tschüß.“
Die neue Praktikantin in der Klasse heißt Sabine. Brigitte empfiehlt mir mit Anweisung von Ursula, dass ich meine privaten Treffen mit ihr außerhalb des Schulgebäudes veranstalten soll.
Daran halte ich mich auch besser. Ich habe mir einen gelben „Mercedes Strich acht“ zugelegt, von einer türkischen Familie sanft gepflegt und in Schuss gehalten. Jedes Jahr Hamburg-Istanbul-Hamburg. Jetzt kann ich Sabine immer zum Bahnhof fahren und sogar Didi transportieren, natürlich im Kindersitz.
„Waaaaarum ist der nicht angeschnallt?“, fragt sonst der Polizist.
„Matthias, halts Maul!“ Das war Brigitte im vorbeigehen.
´
Am nächsten Tag noch einmal vorsprechen bei Ursula.
„Junge, es gibt jetzt ne Meldung bei der Dienststelle!“
„Nur wegen dem „Waaaaarum ...?“
„Das ist nicht mehr witzig, Freund. Du machst hier Zivildienst und hast eine Verantwortung. Das Maß ist voll und ich will das nicht mehr alleine tragen, zumal ich gar nicht für dich verantwortlich bin.“
„Was ich übrigens recht schade finde, Ursel!“
„Hau ab!“
Die Dienststalle mahnt mich kurz und knapp schriftlich ab. Über die Hälfte des Dienstes sind jetzt rum. Ursel sagt, sie sei froh, dass ich bleiben durfte. Sabine mag mich leider nicht so besonders, weshalb weitere Probleme erst einmal nicht vorliegen.
...
21. Dezember 2010
fortsetzung folgt
Redpicture 21/12/2010 17:50
feinstens.Nielsson 21/12/2010 17:00
C64 links unten? ;-)Zwei AnSichten 21/12/2010 15:09
herrlich ! :-)lg Ingrid