Aschgabat im Unabhängigkeitspark

Hintergründe
21.12.2006
Turkmenistan
Er wäre so gerne unsterblich gewesen
von Sara Winter /
Der 66-jährige starb nach Angaben des staatlichen turkmenischen Fernsehens heute, am 21. Dezember 2006, des frühen Morgens an Herzversagen. Der Tod des „Führers der Turkmenen“, der seit 21 Jahren an der Spitze des Landes stand, hinterlässt Turkmenistan im Schockzustand.
Vize-Regierungschef Gurbanguli Berdimuhammetow übernimmt übergangsweise die Staatsgeschäfte. Eigentlich wäre dies Aufgabe des Parlamentspräsidenten Ovesgeldi Atajew. Gegen ihn ermittelt jedoch einer russischen Nachrichtenagentur zufolge die Staatsanwaltschaft.
Trotz einer Bypassoperation in Deutschland vor neun Jahren und weiteren ärztlichen Behandlungen hatte scheinbar niemand den Tod des Staatchefs so bald erwartet. Am 24. Dezember wird Nijasow, der sich „Turkmenbaschi“ nennen ließ, beigesetzt werden. Bis dahin werden die Fahnen im Land auf Halbmast stehen.
Nijasows selbst inszenierter Personenkult sorgte auf der ganzen Welt für eine Mischung aus Belustigung und Abscheu. Die von ihm verfasste Schrift Ruhnama ernannte er zur Pflichtlektüre aller Turkmenen. Sie sollte in dem überwiegend von Muslimen bewohnten Staat noch wichtiger sein als der Koran. Computerspiele für Jugendliche ließ er verbieten. Der zweite Sonntag im August wurde in dem Wüstenstaat zum nationalen „Feiertag der Wassermelone“ gekürt. Jungen Turkmenen war es verboten, sich einen Bart stehen zu lassen. Ebenso durften sie im Auto kein Radio hören. Scheinbar harmlose Spielereien, ebenso wie die Umbenennung der Wochentage und Monatsnamen nach seinen Verwandten und die Aufstellung einer Armee vergoldeter Turkmenbaschi-Statuen im Land. Sie zeigen die Monströsität Nijasows: das Leben in Turkmenistan wurde unter seiner Herrschaft immer unerträglicher.
Nijasow ließ im Jahre 2005 alle Krankenhäuser und Bibliotheken außerhalb der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat schließen. Ärzte mussten, statt den Eid des Hypokrates abzulegen, auf ihren alleinigen Führer schwören. Menschenrechtsverletzungen, Folter und fehlende Meinungs- und Pressefreiheit belasten die Bevölkerung des Landes östlich vom Kaspischen Meer bis heute schwer.
Das internationale ökonomische Interesse am turkmenischen Gas verhindert jedoch eine offene Anklage der dortigen Menschenrechtssituation. Viele Regierungen sehen im ständigen Kampf um die Verteilung der Ressourcen Öl und Gas von allzu deutlichen Worten und Taten ab. Diese Ressourcen sichern zusätzlich dem Regime Nijasows die finanzielle Unabhängigkeit seines Landes.
„Turkmenbaschi“ hatte noch zu Anfang des Jahres angekündigt, seine Bürger zukünftig kostenlos mit Gas und Strom zu beliefern. Dieses Versprechen kann er nun nicht mehr erfüllen.
Internationale Beobachter befürchten einen Machtkampf um die Nachfolge des „größten aller Turkmenen“. Der deutsche Außenminister Steinmeier sagte bereits am Rande seines Russlandbesuchs, er hoffe auf eine friedliche Regelung der Nachfolge. Anders als in manch anderen postsowjetischen Erbdiktaturen wie Aserbaidschan, Kasachstan und Usbekistan hatte Nijasow keinen direkten Nachkommen für sein Amt bestimmt. Der „Führer auf Lebenszeit“ wäre wohl gern unsterblich gewesen.

Artikel aus: zenithonline- Der Orient im Netz




Zumindest hat sein Nachfolger Gurbanguly Berdimuhamedow sein Versprechen eingelöst, die Turkmenen bekommen heute kostenlos Gas und Strom.
Gurbanguly Berdimuhamedow, er war Leibzahnarzt des diktatorisch regierenden Staatschefs Saparmyrat Nyýazow.

...Sep 2009

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