BASIKRYOGENE I - Haareis auf einem abgestorbenen Buchenholzästchen
Basikryogene sind Eisformen, die von der Basis her durch Druck wachsen - und nicht "appositionell" durch Anlagerung von Wassermolekülen außen an die Eisoberfläche von bereits gefrorenem Wasser in Form von Kristallen.
Zu den aus amorphem (nicht kristallinem) Eis bestehenden Formen gehören die beiden Eisformen: Kamm- = Stengeleis (Stängeleis) und Bandeis = ice ribbons (Abb. II bis V) sowie dieses Haareis (Abb. I).
Ein viertes und letztes, spezielles Basikryogen ist das pebble ice (("Steineis")), das aus porösen Steinen wächst.
Schnee und Raureif bestehen aus kristallinem Eis, das aus bestimmten Molekulargittern - eben nicht "amorph", d.h., "gestaltlos" - zusammengesetzt ist.
Die Begriffe des Band-, Kamm-, Stengel- (Stängel-) und Haareises sowie des "pebble ice" werden zum Teil durcheinander gebraucht und nicht getrennt; das stiftet Verwirrung. Unter "Haareis" ist teils Kammeis abgebildet, das wiederum manchmal unter "Haareis" läuft. Und Bandeis wird nicht selten fälschlich als "Stängeleis" bezeichnet, weil es aus den Pflanzenstielen wächst. Wobei die bandähnlichen Gestalten bei allen genannten basikryogenen Eisformen (Bilder I bis V) vorkommen ...
Das Kammeis aus dem Boden wird richtig "Stängeleis" genannt, weil es aus einzelnen Stängeln besteht - die mit den Pflanzenstängeln und dem daraus entstehenden Bandeis nur die Entstehung gemeinsam haben.
Eine "Bänderung" des Eises quer zur Wuchsrichtung ("Wachstumsstreifen", ähnlich den Querstreifen auf den Fingernägeln beim Menschen) sollte als "Zonierung" oder "Querbänderung" bezeichnet werden.
Hier zum dritten Mal am Haus auf der Terrasse neu wachsendes HAAREIS auf einem Buchen-"Tot"holzstöckchen, das wir hier im Mischwald am 3.12.2017 gefunden hatten.
Dabei besteht eine Wachstumsgeschwindigkeit von (hier) etwa 4 und an der schon mehrfach besuchten Schwarzerle mit bisher mindestens sechsmaligem Neuwachstum des Haareises von bis zu etwa 10 mm pro Stunde.
Haareis wird im günstigsten Fall 10 bis 15 cm lang!
Es wird verursacht von dem Pilz EXIDIOPSIS EFFUSA, der Rosagetönten Wachskruste, die am häufigsten an Buche und (wohl?) nie an Nadelholz vorkommt, aber an etlichen anderen Laubhölzern.
Der Pilz verstoffwechselt das Holz, dabei preßt der entstehende Druck das gefrierende Wasser durch die Poren des Holzes nach außen - so entstehen die einzelnen Fäden.
Bei über null Grad ergibt das kein Eis, bei unter -1 bis -2 Grad stellt der Pilz seine Tätigkeit ein. Die Folge ist, daß das Haareis relativ selten zu sehen ist. Und eben nur bei ausreichender Feuchtigkeit (z.B. vorherigem Regen oder Nebel), weitgehender Windstille und Temperaturen um den Gefrierpunkt. Momentan ist - wie man sieht - das Wetter hier in der Oberpfalz ideal für alle basikryogenen Eisformen - für den Raureif müßte es am besten (länger) kälter sein!
Die feinen Haare sind sehr zerbrechlich und fallen oft bei leiser Erschütterung oder Wind herunter. Wegen der dort herrschenden Feuchtigkeit kommt das Haareis öfter bodennah vor.
Ein armlanger, viel dickerer Buchenast mit vorherigem Haareisbewuchs hat vor einem oder zwei Jahren hier ebenfalls über Wochen und Monate draußen auf dem Tisch gelegen. Zu keiner Zeit ist noch einmal Haareis auf ihm gewachsen. Die Umweltbedingungen für dessen Bildung müssen wohl zusätzlich ganz spezielle sein (Stichwort "Mikroklima"!); sicher gehören auch die Feuchtigkeit von Luft und Holz sowie deren Dauer dazu ...
Neukappl/Opf., ca. 450 m, Temperatur um den Gefrierpunkt, Windstille, Tauwetter - 19.12.2017, etwa 9.45h bis 11.15h - alle basikryogenen Eisformen konnte ich im Garten innerhalb eineinhalb Stunden sehen! Und die seltenste, das Bandeis (Nr. IV und V), in seiner "richtigen" Form sowie Kammeis auf einem porösen Ziegel (Nr. III) zum allerersten Mal! - Ein Glückstag!
19.12.2017 - Text korrigiert und ergänzt am 29.12.2021.
kahajo 20/12/2017 12:16
Sehr interessante und aufschlussreiche Doku. Danke.VG kahajo