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Holger Karl


Free Account, Köln

Commentaire 9

  • Georg Banek – 1 04/05/2002 21:51

    Schade, keine Auflösung. Das Bild bleibt orakelhaft.

    Zu Deinen Fragen:
    Ich war bei der Vernissage der World Press Award Ausstellung in Hamburg. Dort hingen Bilder von gleicher Aussagekraft und Aufmerksamkeitswert. Reportagebilder, die die Frage nacht der Grenze des Erlaubten stellen - und auch nicht beantworten. Ich denke einfach, dass es darauf keine Antwort geben kann. Allerdings: dadurch, dass Du Dir diese Fragen stellst und Dich damit dieser Diskussion öffentlich aussetzt, unterscheidest Du Dich positiv von vielen Anderen. Und wenn Du irgendwann aufhörst, Dir diese Fragen zu stellen, dann werden Deine Bilder vermutlich schnell die Grenze überschreiten.
    Liebe Grüße,
    Georg
  • Georg Banek – 1 04/05/2002 21:40

    Hallo Holger,
    ich habe - entgegen meiner sonstigen Angewohnheit - Deine Anmerkung noch nicht gelesen, gehe das Bild also noch ohne Background an.

    Beim ersten drübersehen hätte ich das Bild sicher übersehen und gar nicht drauf geachtet. Es erschließt sich erst auf den zweiten oder dritten Blick. Dann aber fallen die Widersprüche über den Betrachter her:
    - weißes Blitzlicht vs. leuchtendgelbem Umgebungslicht
    - Pennerpose vs. Edelklamotten
    - Bushäuschen (wo man meist sitzend auf den Bus WARTET) vs. Schlafposition

    Natürlich drängen sich Fragen auf:
    - wer ist das?
    - warum legt er sich schlafen?
    - wie kann er bei dieser Umgebung (grelles Licht, nass, ungemütlich, vielleicht belebte Gegend?!) überhaupt schlafen?

    Am meisten irritiert mich der Arm vor dem Gesicht - er drückt gleichermaßen Wunsch nach Dunkelheit und Scham aus.

    Ein Bild, dass in seinen einzelnen Bestandteilen nicht zueinander passen will und gerade deswegen den Betrachter fordert, seine Fantasie auf die Probe stellt - aber keine Lösung anbietet oder sich entlocken lässt. Es bleibt misteriös. Es lässt sich nur mit Zusatzwissen einordnen.

    So, und nun bin ich auf die Auflösung gespannt.
    Georg
  • Holger Karl 29/04/2002 12:06

    danke für eure anmerkungen!

    ich gestehe, ich hatte mit etwas mehr diskussionsateilnehmern gerechnet. so wirkt der folgende text vielleicht etwas überproportioniert. aber selbsat wenn er nur für andreas von belang ist, war er doch nicht vergebens :-)

    fragen, die ICH mir vor der veröffentlichung gestellt und beantwortet habe:
    1. füge ich dem mann einen konkreten schaden zu?
    - nein. er bleibt anoym. er wird seiner würde nicht mehr beraubt als dies schon geschehen ist, die situation ist öffentlich (unmittelbar links und rechts vom bildausschnitt stehen vergnügte freitagabendkneipenbummler).
    2. müsste ich ihm helfen, statt ihn zu fotografieren?
    - er wird mit einem brummschädel aufwachen (in jedem fall) und mit schmerzenden gliedern (wahrscheinlich auch nicht mehr zu verhindern). hätte ich keine kamera dabei, hätte ich auch nichts unternommen - was auch?
    3. schlage ich kapital aus seinem elend?
    - der wesentliche unterschied zu professioneller dokumentation des gesellschaftlichen geschehens (inclusive menschlichen leides) ist der, dass ich amateur bin.
    4. hätte ich es nicht einfach lassen können? so etwas real stattfindendes, bedrückendes herumzuzeigen?
    - sicher. aber warum? im gegenteil, es ist genau das genre, in dem ich gerne viel mehr fotos machen würde. und ich finde, es ist in der fc völlig unterrepräsentiert.
    5. ist die darstellung irgendetwas anderes als die bedienung des sensationsbedürfnisses der betrachtenden?
    - allerdings. so drastisch ist es nun wieder nicht. und außerdem: es wird schon in den anmerkungen deutlich...das foto taugt nicht zur bestätigung der dualistischen klischeevorstellung von wohlstand und elend. der mann könnte ebenso ein obdachloser sein, der seine habe im schließfach aufbewahrt und es bislang geschafft hat, sich äußerer verelendung (kleidung etc) bisher zu widersetzen - es kann auch ein doktorand aus bonn sein, der seit der trennung von seiner freundin zu alkohol-exzessen neigt und bei einem kneipenbummel in köln vom erreichen seiner verträglichkeitsgrenze überrascht wurde.
    das finde ich gerade das inhaltlich interessante an dem foto: wir wissen es nicht, es sträubt sich gegen allzu schnelle schubladenwahl.
    6. ist das foto beschönigend? wird hier menschliches leid ästhetisiert und verharmlost?
    das war meine vordringlichste frage. aber auch dazu sage ich: nein. zum einen: die körperhaltung des mannes lässt keine vorstellung von gemütlichkeit aufkommen. zum anderen: es war nicht sonderlich kalt, und die szenerie war vielfältig beleuchtet (s.u.). der mann hat sich nicht irgendeine abgelegene ecke, sondern diesen lauten und hellen platz ausgesucht.

    nun noch zur technik:
    ich habe drei varianten geschossen - eine mit blitz (da ist das ganze flach und der hintergrund dunkel), eine nur mit stativ und langer belichtung (da geriet der mann zur pechschwarzen silhouette) und das gezeigte mit dem "nachtaufnahmen"-modus der canon G2, den ich sehr schätze: er kombiniert beides. diese variante hat im vorliegenden fall eine ganz zentrale Eigenschaft: sie kommt dem, was mein Auge und mein gehirn gesehen hat, bei weitem am nächsten. es sah wirklich so aus.

    vielleicht verirren sich ja doch noch ein paar schaulustige zu diesem foto... :-)
    gruß ho.
  • † Carina Meyer-Broicher 28/04/2002 21:03

    das licht wirkt so extrem, dass es das hauptmotiv förmlich vom bild isoliert. wegen der kleidung dachte ich zunächst es sei gestellt. ich finds oh, dass du es reingestellt hast.
    lg carina
  • Gabriela Ürlings 28/04/2002 15:56

    Die gesamte Lichtsituation hat etwas sehr spezielles...kann garnicht genau sagen, wie es nun auf mich wirkt...aber es ist ein echter Hingucker für mich.
    Hast Du das geblitzt?
    LG G.:-)
  • Peter F 28/04/2002 13:22

    ja, eine traurige aber realistische dokumentaion
    das leben schenkt nichts, es ist hart.
    ein bild aus dem leben, wie es uns jederzeit begenen kann.

    gruss peter
  • Erik Feingold 28/04/2002 12:44

    A touching subject. But somehow, the surrounding is too cheerful: The droplets of water on the glass seem to glitter like party lights and the light arround is warm and inviting...

    To me it seems like the typicall cold and dark atmosphere somehow didn't catch on the film.

    Regards,
    Erik
  • Holger Karl 28/04/2002 12:29

    andreas,
    das foto ist authentisch.
    ich habe während 2 tagen ausführlich darüber nachgedacht, ob es in ordnung ist, dieses foto gemacht zu haben bzw es hier auszustellen. die eindeutige antwort, die ich mir selbst gegeben habe, ist hier abzulesen.
    ebenfalls habe ich überlegt, ob ich meine gedankengänge vorauseilend dazuschreiben soll. das habe ich unterlassen, weil ich nicht der meinung bin, dass das bild vorauseilender rechtfertigung bedarf. ich will nun noch einige direkte reaktionen abwarten (falls sie kommen) und dann meine haltung begründen. ich bitte dich freundlich um geduld.
    danke für deinen kritischen kommentar.
    gruß ho. (vormals waldo)
  • † Heinz W. 28/04/2002 12:24

    Das dumpfe Gefühl ist bei mir direkt gekommen.

    Ist eine krasse Aufnahme, da die person aber anscheinend gut gekleidet ist, gehe ich davon aus das er seinen Rausch ausschläft.

    Die Belichtung ist sehr gut gelungen.

    Gruß
    H1,