.... Büdchen auf der "schäl Sick" ...
Man kann es nicht sehen zwischen den Zeitschriften, Schnapsflaschen und Zigarettenpackungen, man kann es nicht kaufen. Für das, was sein Kiosk mehr bietet, braucht Kavur seinen Kopf und keine Kasse. Aus Geld macht der 59-Jährige sich ohnehin nicht viel, seine Kunden hat er noch nie als Umsatzbringer gesehen, sondern als Menschen mit Problemen und Erfolgen. Levent Kavur weiß Bescheid über ihre Familien, er weiß, wie die Kinder in der Schule klarkommen, wer Arbeit hat und wer nicht. Er kennt alle Leute im Viertel – und alle kennen ihn.
Von früh bis spät steht er in seinem Büdchen. Morgens kommen die Rentner, um sich die neuesten Zeitschriften anzuschauen, mittags die Schüler, um Süßigkeiten für 50 Cent zu holen, abends die Studenten, um ein Bier für den Weg zur Party mitzunehmen. Doch für die meisten ist der Kiosk mehr geworden als eine Verkaufsstelle. Wer hierherkommt, will oft nicht nur einen Kaffee oder eine Flasche Wasser kaufen, sondern mit dem gebürtigen Türken über das Leben reden. Die einen brauchen Rat, weil sie Liebeskummer oder Streit mit den Eltern haben. Andere möchten über Religion und Politik diskutieren oder über einen Film, den sie gesehen haben.
Das Büdchen steht auf der "schäl Sick", wie es die Kölner nennen, der "falschen Seite", was man häufig für sozialen Brennpunkt bezeichnet.
Quelle: Zeit Online https://www.zeit.de/2014/01/levent-kavur-kiosk-koeln
dorographie 31/10/2019 6:16
Ich habe mit Freude deinen Text gelesen...eine solches Büdchen möchte ich auch um die Ecke, wo man das Entscheidende im Leben nicht kaufen kann....Balsam für die Seele...Liebe Grüsse, Doro
13. Fee 23/10/2019 12:37
Anne BudeBüdchen sind Kult.
Leider vom Aussterben bedroht.
Und nichts und niemand kann sie und ihre Betreiber,
die stets mit Herzblut dabei waren ersetzen.
Es gibt einfach keinen Ersatz für dieses Lebensgefühl.
Gruß aus dem Pott
Fee
Willi Thiel 22/10/2019 19:37
egal wo es steht hauptsache ist das man sich dort trifft und redet - datt büdchen bringt keinen umsatz wie bei aldi und co ... es überlebt und läßt leben ...halt menschlichMONA LISA . 22/10/2019 19:09
Vor lauter Köln-und-Büdchen-Seligkeit habe ich doch glatt versäumt, die charmante Farbigkeit zu loben. Dieser Analog-Touch passt wunderbar zum Motiv.:-)Franz Schmied 22/10/2019 19:02
wie vor 20 oder 30 Jahren !Nur waren die Jungs damals noch
mit den Harleys da und nicht
mit dem Rollator !
;-) frz
† Foto-Volker 22/10/2019 18:59
So wie bei meiner Friseuse.Um Geld zu sparen, gehe ich zu ihr in ein in der Nähe gelegenes Altenheim.
Auch sie kennt die Sorgen und Nöte ihrer Kunden und ist sehr beliebt bei den Alten.
VG Volker
peju 22/10/2019 14:39
Diebels... ALT???In Köln????
Das muß quasi eine Art Alien-Bude sein.
Otto hätte gesagt: Außerfriesisch.
Ein Kölner würde ja Alt nur trinken um zu beweisen, daß einem davon schlecht wird...und bäh!
Ausspucken.
Aber im Ernst.
Ich war mal in der verbotenen Stadt weiter den Rhein runter, wo all dä Driß hinschwimmt, den die Kölner loswerden wollen...und ging dort in ein Brauhaus.
Ein Wunder geschah und ich fühlte mich wie zu Hause.
Alles wie in Köln. Die Köbesse brachten... zwar Alt statt Kölsch aber das...ich muß es leider gestehen, schmeckte mir sogar, weil...vielleicht frisch vom Faß und nicht aus dr Fläsch. Auch das Essen. Nicht anders als hier in Köln.
Deftig aber lecker.
So ein Büdchen, steinbeißalt steht keine hundert Meter von hier und trotzt einem halben Dutzend Kiosken, die von den ehemalig reichlich vorhandenen kleinen Ladengeschäften noch übriggeblieben sind.
Der Betreiber setzt auf spät und Nacht, hat tagsüber zu.
Die Supermarkt- und Internetisierung des Handels wirkt wie starkes Gift auf das soziale Gefüge...und daher sind die Überbleibsel nicht hoch genug einzuschätzen.
Danke für die Anregung.
Und ein schöner Gruß aus Köln, wo seit 2000 Jahren nach Kräften herumgemurkst wird.
Peter
Kerstin Stolzenburg 22/10/2019 13:13
Das wäre jetzt nicht unbedingt mein 'Revier', aber es ist sicher gut, dass es solche Anlaufpunkte gibt, wo manch einer, der zuhause vielleicht keinen Ansprechpartner hat, Gleichgesinnte zum Kommunizieren findet.LG, Kerstin
MONA LISA . 22/10/2019 10:20
In Köln ist ein "Büdchen" echt eine Institution, oft das Herz des Veedels (Stadtviertels), vergleichbar vielleicht mit den Currywurstbuden im Ruhrgebiet ... aber doch noch etwas mehr.Wir haben als Kinder unsere Groschen dort hingetragen ... um mit einer vollen Tüte Süßigkeiten, die mit Bedacht aus den großen Gläsern oder Boxen ausgewählt wurden, davon zu ziehen. Man konnte sogar für einen Groschen Zigaretten einzeln kaufen.
Man traf immer jemanden für ein Schwätzchen ... und es gibt sogar Lieder über diese Büdchenkultur.
Einfach nur Köln ... das ja keine Stadt ist, sondern ein "Jeföhl"!
:-)