Retour à la liste
Die früheren Nasszellen sind noch sichtbar

Die früheren Nasszellen sind noch sichtbar

3 760 1

Mic38


Premium (World), Köln

Die früheren Nasszellen sind noch sichtbar

Das ehemalige Dielektra-Werk Porz. Bis zur Zwangseingemeindung 1975 durch Köln war Porz eine prosperierende Stadt. Leider ist Porz seit längerem ein Stiefkind der Stadt Köln geworden.

Im Jahre 1894 gründete der aus Ostpreußen stammende jüdische Industrielle Max Meirowsky (1866–1949) in Ehrenfeld ein Unternehmen für Isolatoren aus Glimmer, Monazit und Feldspat. Isolatoren wurden in der aufstrebenden Elektroindustrie dringend benötigt. Die Firma Max Meirowsky war das älteste Unternehmen für Isoliermaterial auf dem Kontinent. Einige Jahre später entstand 1910 das Werk in Porz und das Unternehmen wurde in eine Familien-Aktiengesellschaft unter Einbeziehung einiger als Ärzte tätigen Geschwister umwandelt.

Meirowsky trat auch als Mäzen und Kunstsammler in Erscheinung: In Köln-Lindenthal (Fürst-Pückler-Str. 48) ließ er sich 1911 ein großes Privathaus bauen, für dessen Innenausstattung er die Architekten Peter Behrens und Fritz Schumacher und den Münchner Maler Fritz Erler heranzog. Seine Kunstsammlung umfasste Werke von van Gogh, Renoir, Monet, Gauguin und Pissarro.

Schon früh kam es zu einer engen Zusammenarbeit mit dem Kabel- und Elektroartikel produzierenden Unternehmen Felten & Guilleaume (F&G). Zu den Konzentrationsbewegungen der 1920er Jahre gehörte auch die Übernahme der Meirowsky AG durch Felten & Guilleaume. Die auf dem Porzer Werksgelände entstandenen Bauten lassen die organisatorische Nähe zu dem Mülheimer Großunternehmen erkennen. Es lag nahe, dass im Rahmen der Arisierung im „Dritten Reich“ die Meirowsky AG vollständig in den Besitz von F&G überging und der Name 1941 in Dielektra geändert wurde.

Um seine Emigration zu finanzieren, war Meirowsky gezwungen, 1938 auch seine Sammlung in Berlin versteigern zu lassen. Über Amsterdam gelangte er in die Schweiz, wo er 1949 in Genf verstarb. Das Kölner Wohnhaus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Die Dielektra in Porz blieb von Kriegszerstörungen weitgehend verschont; als GmbH beschäftigte sie in Spitzenzeiten etwa in der Herstellung von Leiterplatten bis zu 1500 Mitarbeiter. 1982 wurde sie vom F&G-Konzern verkauft und gelangte 1990 an Siemens. Nach drastischer Verkleinerung und mehreren Insolvenzen stellte das Werk jedoch den Betrieb ein.

Das einst dicht bebaute Werksgelände mit einer breiten Front zur Kaiserstraße wird heute nach etlichen Abbrüchen von verschiedenen Unternehmen in Form eines Gewerbeparks genutzt. Eindrucksvoll ist bis heute die mit dem Firmennamen versehene Schauseite zur Eisenbahntrasse und dem Bahnhof Porz. Charakteristisch für die verbleibenden Gebäude sind kubischen Backsteinbauten mit von Sichtbackstein gerahmten, verputzten Wandflächen und horizontalen oberen Abschlüssen. Nahe der Versandhalle sind Reste der Werksbahngleise erkennbar; verloren gingen leider die markanten Schornsteine.

Commentaire 1