Es werde Licht...
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Die mehr als 4,5 ha große Platzanlage mit ihren eindrucksvollen Alleen und der Terrasse zum Adolf-Mittag-See war schon vor der Jahrhundertwende vorbereitet worden, kam jedoch erst in den Jahren 1906 bis 1908 zur Ausführung. Anfänglich für das alljährliche große Magdeburger Schützenfest und verschiedene Turnveranstaltungen genutzt, wurde der Festplatz auf der Elbinsel bald zum Ausstellungsareal bestimmt. Für die „Mitteldeutsche Ausstellung für Siedelung, Sozialfürsorge und Arbeit in Magdeburg“ (MIAMA) im Jahr 1922 waren unter dem damaligen Stadtbaurat Bruno Taut erste Ausstellungshallen errichtet worden. Den wirtschaftlichen Umständen der Jahre nach dem I. Weltkrieg geschuldet, hatte man sich allerdings auf eine einfachste Bauweise beschränken müssen. Im Zuge der folgenden, alljährlichen Ausstellungen zu unterschiedlichsten Themen bemühte man sich aber um eine Verbesserung des Ensembles. Besonders ambitioniert und künstlerisch hochwertig war das von dem Architekten Wilhelm Deffke erarbeitete Konzept für die Ausstellung „Der Zucker“ von 1925. Es schien, als könnte sich der inzwischen zum Direktor der Magdeburger Kunstgewerbe- und Handwerkerschule berufene Deffke nach diesem Auftakt mit einem noch ehrgeizigeren Projekt entfalten: man beauftragte ihn mit der Vorbereitung der für 1926 geplanten Deutschen Theaterausstellung.
Das Konzept Wilhelm Deffkes verband Architektur, Freiraumgestaltung, Lichtinszenierung und temporäre Werbeinstallationen in einer Weise, die tatsächlich alles auf der Rotehorninsel bis dahin Dagewesene in den Schatten gestellt hätte. Mängel in der Vorbereitung des Finanzierungskonzeptes durch die Magdeburger Ausstellungsgesellschaft ließen das Projekt aber schon zum Jahresbeginn 1926 ins Stocken geraten. Zwar erklärte sich Deffke zu sparsamer Bauausführung bereit, wollte jedoch nicht auf wesentliche Bestandteile seines künstlerischen Gesamtkonzeptes verzichten. Persönliche Zwistigkeiten zwischen einigen Beteiligten verschärften die Situation, schließlich löste man das Auftragsverhältnis mit Wilhelm Deffke. Der inzwischen eingetretene Verzug zwang zur Verschiebung des Ausstellungstermins auf das Jahr 1927. Nach einigen Monaten hatte man glücklicherweise einen neuen Projektleiter gewonnen, welcher eine qualitätvolle Weiterführung der Arbeiten (trotz Sparauflagen) gewährleisten und auch seinem Naturell nach mit der angespannten Situation in Magdeburg umgehen können würde: Albin Müller (gen. Albinmüller), zwei Jahrzehnte zuvor Lehrer an der Magdeburger Kunstgewerbe- und Handwerkerschule und nun Professor in Darmstadt. Jener wandelte das ursprüngliche Entwurfskonzept dem verfügbaren Budget entsprechend ab, konnte aber auch einige wirkungsvolle Ergänzungen wie das Pferdetor und den Ausstellungsturm (heute Albinmüllerturm) durchsetzen. Nach Planungen des Stadtbaurates Johannes Göderitz entstand zu gleicher Zeit die unmittelbar benachbarte Stadthalle.
Schwerpunkt des Ausstellungskomplexes war der von den zu einem geschlossenen Ensemble zusammengeführten Hallen gebildete Ehrenhof. Diesen schmückten neben einem Fontänenbecken die zwei (damals so bezeichneten) Leuchtsäulen. Entworfen hatte sie Albinmüller selbst, die technische Bauplanung erarbeitete der Magdeburger Architekt Jakob Petri und der bauplastische Schmuck wurde wahrscheinlich von Fritz Maenicke modelliert. Die Betonsockel in Form einer „Tulpe“ tragen einen Kranz von Masken in unterschiedlichster Mimik, welche von unten angestrahlt werden sollten. Über jedem Sockel erhob sich bis zu einer Gesamthöhe von ca. 10 Metern ein Glaszylinder, in welchem Reihen von Glühlampen angebracht waren. Mit der beleuchteten Fontäne, der weithin strahlenden gläsernen Spitze des Ausstellungsturms und den Illuminationen an den Hallenbauten waren die beiden Leuchtsäulen wesentliche Elemente des eindrucksvollen Lichtkonzeptes.
Im Gegensatz zu den Elementen der älteren Zeitebene des Festplatzes blieben von dem Ausstellungsensemble nach dem II. Weltkrieg nur einzelne Relikte erhalten. Die Sockel der Leuchtsäulen versah man später mit neuen Aufsätzen in modernen Formen, welche allerdings seit einiger Zeit nicht mehr funktionsfähig waren. Die seinerzeit auch international beachtete Deutsche Theaterausstellung Magdeburg von 1927 war nicht nur eine der imposantesten Expositionen der Elbestadt, sondern auch (wie die Jubiläums-Gartenbau-Ausstellung von 1895) von der Ausstrahlung der örtlichen Kunstgewerbe- und Handwerkerschule geprägt. So wundert es nicht, dass der Geschäftsführer des Magdeburger Forum Gestaltung e. V., Norbert Pohlmann, sich bereits zum 80jährigen Jubiläum der Theaterausstellung engagierte und nun die Restaurierung der Leuchtsäulen anregte – folgt dieser Verein in seiner Arbeit doch der Tradition der 1963 geschlossenen Kunstgewerbe- und Handwerkerschule. Am 14. September 2013 erstrahlten nun auf den Tag genau 86 Jahre und 4 Monate nach der Eröffnung der Deutschen Theaterausstellung die in der Nachkriegsfassung erneuerten Leuchtsäulen. Die Städtischen Werke Magdeburg haben die Lichtstelen aus Anlass ihres 20-jährigen Bestehens sanieren lassen.
http://www.forumgarten-magdeburg.de/csmn71IX2WRkjn6z9ZKEfn6/wieder-erleuchtung-im-stadtpark-rotehorn/
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Ela Ge 22/04/2015 1:46
Gefällt mir gut!Ralf Patela 20/04/2015 8:03
Es wirkt wirklich so als hätte jemand das Licht ausgeschaltet.Gruß Ralf
Willy Brüchle 18/04/2015 12:34
Sehenswert. Viel heller würde ich es nicht machen, sonst könnte man meinen, es sei am Tag aufgenommen. MfG, w.b.Frank-Dieter Peyer 18/04/2015 12:15
Das scheint das Motiv des Abends gewesen zu sein. Es dürfte für mich aber gern etwas heller ausfallen.† Richard. H Fischer 18/04/2015 8:37
Deinen langen Text unter dem Bild braucht der Turm aber auch als Fundament, um nich umzufallen. Er ist schließlich nicht nur ein Mast.Ein toller Turm.
Lieben Gruß, Richard
Günter Mahrenholz 18/04/2015 7:13
Die Lichter vielleicht etwas stark unterdrückt. Durch die verhältnismäßig kurze Belichtungszeit kommt das Wasser kaum zur Geltung.Sehr ausführliche Info.
VG Günter