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Urte L.


Premium (Pro), dem Weserbergland

~Hü-ossen~

Hü-ossen
Hü-ossen
Urte L.



Katernhajen und die Weserschiffer

(nach dem Text von Heinz Grunow
aus "Sagen und Erzählungen von der Emmer, der Weser und der Ilse", 1989)

mit freundlicher Genehmigung des Verlages CW Niemeyer Buchverlage GmbH, Hameln

Unsere Vorfahren mussten sich mühen, ihren oft kärglichen Lebensunterhalt zu verdienen. Besonders schwer hatten es die Treidler. Sie zogen die Frachtkähne an langen Seilen stromaufwärts von Bremen bis Hannoversch-Münden. Die Nächte brachten sie in Herbergen am Ufer der Weser zu.

Eines Abends war wieder eine Gruppe von Schiffeziehern in Hajen eingekehrt. Hü-Ossen nannte man sie, das heißt soviel wie Hü-Ochsen, denn wie die Zugochsen auf dem Feld wurden sie von ihrem Anführer angetrieben. Verständnis für die schwere Arbeit lag wohl in dieser Bezeichnung, Spott aber sicher auch. Im Wirtshaus roch es nach Hasenbraten. Das zog den hungrigen Hü-Ossen in die Nasen, als sie zur Rast kamen.

Was aber gab ihnen der Wirt? Vertrocknetes Brot und ranzigen Speck mit Schwarte schob er ihnen zu. Als der Wirt für einen Moment im Stall war, nach den Kühen zu sehen, schlichen sich zwei Treidelknechte in die Küche, holten das leckere Stück aus dem Ofen, und nullkommanix hatten die Hü-Ossen die Beute verspeist. Blitzschnell war der Tisch aufgeräumt, die Knochen in den Hosentaschen versteckt - der Wirt hatte nichts gemerkt. Erst am nächsten Morgen entdeckte er den Diebstahl, da waren die Treidler schon längst weitergezogen. Aber er schwor ihnen Rache.

Als der Tag kam und die gleiche Treidlermannschaft sich wieder zur Einkehr näherte, schlachtete er seinen alten, gebrechlichen Kater, spickte ihn mit Speck und bereitete ihn ganz wie einen Hasen zu. Die Hü-Ossen rochen schon von weitem wieder Bratenduft und freuten sich auf das Abendessen. Alles war wie beim vorigen Mal. Wieder ging der Wirt in den Kuhstall, diesmal aber nur zum Schein. Hinterhältig sah er zu, wie sich die Treidler an dem alten Kater gütlich taten.

Erst am nächsten Morgen stellte er die Gäste zur Rede und verlangte Schadensersatz für den gestohlenen Braten. Als sich die Treidler empört weigerten, rückte er mit dem Katerfell heraus und lachte schallend. Das war das Ende der Gastlichkeit. Fluchtartig verließen die Hü-Ossen den ekelerregenden Ort, und nie wieder kehrte irgendeiner von den Schiffs- und Treidelleuten bei dem Wirt ein.

Wenn später Kähne an Hajen vorbeikamen, fingen die Hü-Ossen an, laut und durchdringend wie die Kater zu miauen, dass es durchs ganze Wesertal schallte und die Hajener wütend die Mistgabeln hervorholten und die Schreihälse bedrohten.

Das Dorf aber erhielt damals einen Spottnamen, so wie die Hü-Ossen schon einen hatten. Der hat sich gehalten: Katernhajen oder Kattenhajen wird es bis heute genannt.

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