Hütte im Grünen: Ehem. Hüttenwerke Harz der PREUSSAG AG
Blick auf die Restanlagen der ehem. Hüttenwerke Harz der PREUSSAG AG. Bermerkenswert ist, dass hier noch feinste Schupp&Kremmer-Architektur in Betrieb zu bewundern ist.
Am Standort wurden schon im Mittelalter die aus dem Erzbergwerk Rammelsberg geförderten Erze verhüttet. Die Wurzeln der Anlage gehen auf die 1527 gegründete Frau-Marien-Saigerhütte zurück. Die Herzöge von Braunschweig liessen hier seinerzeit Silber und Blei schmelzen.
Im Zuge des Wandels der ehem. PREUSSAG AG zum heutigen Touristikkonzern TUI, wurden die Hüttenaktivitäten Ende der 1980er ausgegliedert. Die Erschöpfung der Lagerstätten des Rammelsberges stellten die Hütte zudem in Frage. Der Charakter der Hütte mit ihren Drehroröfen hat sich seitdem drastisch verändert. Während heute weitaus weniger Arbeitsplätze erhalten sind und der ehem. Gebäudebestand sichtbar dezimiert ist, hat sich der Standort zu einer Recycling-Hütte verändert.
Ich erinnere mich noch, dass ich 1990 den Blick von einer nicht ganz schadstofffreien, nackten Räumaschehalde im Bild-Hintergrund genießen durfte und uns von Projektmanagern am Standort Pläne für eine Müllverbrennungsanlage präsentiert wurden. Der bis heute wegen seiner Umweltbelastungen unter starker Beobachtung und Kritik stehende Standort, wäre das Thema Dioxin usw. also weder mit noch ohne Hütte los geworden. Die ins bodenlose gefallenen Rohstoffpreise konnten dem Hüttenstandort dann allerdings doch nicht den endgültigen Todesstoß versetzen und so existiert heute noch ein einigermaßen reger Betrieb.
Von Unternehemnsseite hat sich auch in Sachen Umweltschutz viel getan (neue Filteranlagen, Rekultivierung der Räumaschehalen etc.) und wird gepriesen, von Seiten der Naturschutzverbände ist es naturgemäß zu wenig und es werden weitere Verbesserungen gefordert. Das ist sicherlich auch ein Thema, das an vielen Hütten(alt)-Standorten noch lang aktuell bleiben wird. Im Fall der Aktivitäten auf ehem. Hüttenwerk Harz kommt hinzu, dass einige traditionell problematische Betriebsteile aufgrund hoher notwendiger Investitionen stillgelegt wurden.
Links im Bild befindet sich die heutige NORZINCO, ein Unternehmen zur Erzeugung von Zinkoxid. Dort wird heute reinstes Zink im New Jersey Verfahren raffiniert.
Rechts ist der Standort der Harz Metall. Hier befindet sich noch ein Wälzebtrieb, der Zinkoxid-Erzeugung im Drehrohrofen betreibt. Neben diesem Bereich existiert eine Aufbereitung für Blei-Akku-Schrott.
In der Mitte befindet sich die "C2P" (blau). Hier wird aus geshreddertem Polypropylen (u.a. Batterieverkleidungen, aber auch Werkstoff u. a. in der Elektro- und Automobilindustrie) wieder Granulat zur erneuten Verwendung von Kunststoffverkleidungen.
Diese Aufteilung der Unternehmensteile ist nicht ungewöhnlich, schon früher arbeiteten am Standort die Zinkhütte, Zinkoxydhütte und Bleihütte unter dem Dach der PREUSSAG. Heute heist die Muttergesellschaft Recyclex Group, ehem. Metaleurop S.A. Metaleurop und Norzinco haben größtenteils französische Wurzeln.
Ganz rechts im Bild befindet sich der Langenberg. Hierbei handelt es sich um eine aus Kalk- und Mergelstein aufgefächerte Abbauwand mitten in der Harzrandstörung. Der Bereich wurde lange Jahre als Kalksteinbruch abgebaut und sorgt in letzter Zeit immer wieder für nennenswerte Fossilienfunde. Der ehem. niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel hielt gar mal "eine Art Jurassic Park" an diesem Ort für eine prima Idee. Angrenzend an den Kalksteinbruch baute bis in die 1960er Jahre die Grube Hansa dort ebenfalls eingelagertes Erz ab.
Mein Vater, mein Opa und meine Ur-Großmutter haben dort unten im Tal gearbeitet. Meine Ur-Großmutter hat bei einem Arbeitsunfall ihr Leben verloren. Vater und Großvater hatten schonmal "blei". Aber mein Opa träumt heute noch manchmal von der Hütte und weiß manche Geschichte zu erzählen.
Auch bei diesem Besuch habe ich festgestellt: Wieder ist noch ein bisschen PREUSSAG verschwunden, anderes ist neu entstanden. So ist links neben dem noch bestehenden vorderen Kamin ein größerer abgebrochen worden. Im Vordergrund sehen wir dafür z. B. einen neuen ALDI. Im Ruhrgebiet nennt man das Strukturwandel ;o)
Thesmi 05/10/2011 0:31
Schönes Übersichtlichesbild einer alten Industrieanlage.Dazu ein sehr ausführlicher Text.
L.G. Harald