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Olli im Wunderland, Teil 4 – Das weise Gänseküken

Olli im Wunderland, Teil 4 – Das weise Gänseküken

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Oliver Schiebek


Premium (World), Düsseldorf

Olli im Wunderland, Teil 4 – Das weise Gänseküken

Mit einem unguten Gefühl ließ ich Desiree zurück. Doch der Drang, dieser geheimnisvollen Stimme zu folgen, war größer.
Sie war schwer zu orten, aber ich lauschte konzentriert in alle Richtungen, so dass ich letztendlich den Weg zu ihr fand.
Auf einer wunderschönen, großen Wiese saß doch tatsächlich mein Freund William Konrad, das weise Gänseküken und murmelte leise vor sich hin. Es war wirklich sehr weise und sehr gescheit. Hätte ich es damals am Prüfungstag nicht in meiner Jackentasche versteckt, hätte ich jetzt keinen Schulabschluss. Ich hatte ihm also viel zu verdanken.
Erst als ich mich William Konrad näherte, bemerkte ich, was genau vor sich ging. Denn nach jedem Satz zupfte er ein Blatt von dem zarten Gänseblümchen vor sich.
„Ich sag´s ihm, ich sag´ es ihm nicht, ich sag´s ihm, ich sag´ es ihm nicht“, flüsterte das Küken rupfend, wobei das Gänseblümchen gefährlich schnell all seine Blütenblätter verlor.
„Wem sagst du was?“, wollte ich wissen.
„Na ihm!“, antwortete William Konrad.
Ich drehte mich suchend um, sah außer mir aber niemanden. Da erinnerte ich mich, dass das Küken immer in der dritten Person von mir sprach. Also war ich gemeint.
„Was willst du mir mitteilen?“, fragte ich eindringlich. „Die Lottozahlen vom kommenden Wochenende?“ Das wäre prima, denn ich hatte einige teure Wünsche. „Oder wie das Wetter von morgen wird?“ Auch das wäre nicht schlecht, denn ich wollte am nächsten Tag wieder fotografieren gehen.
„Ich sag´ es ihm nicht!“, antwortete William Konrad und zupfte noch ein Blatt vom Gänseblümchen.
„Wenn du mir nicht verrätst, was immer es auch ist, William Konrad, dann endet hier meine Geschichte. Das geht nicht! Meine Leser werden das nicht mögen.“
„Ich sag´s ihm!“, sagte die kleine Gans am Blümchen zerrend. Zuerst atmete ich erleichtert auf, aber erst jetzt begriff ich, dass das Küken mir nichts verraten würde, denn das letzte Blütenblatt des Gänseblümchens würde zusammen mit dem Satz „Ich sag´s dir nicht“, fallen.
„Neeeeeiiiiinnn!“, rief ich entsetzt und reckte verzweifelt meine Arme Richtung Himmel. Blitze zuckten aus ihnen, ein tiefer Donner grollte und… Die Zeit blieb stehen. Das war ja cool. Ich konnte mich frei bewegen, aber alles um mich herum war eingefroren. Sogar William Konrad. Das war die Gelegenheit. Ich nahm ein gezupftes Blütenblatt und etwas Spucke, die zäh wie Kleister war, weil ich lange nichts getrunken hatte und klebte es wieder an das Blümchen.
„Jetzt kann es weitergehen!“, ich klatschte in die Hände. Alles um mich herum kam wieder in Bewegung. Auch das kleine Küken.
„Ich sage es dir“, sprach es und zupfte das letzte, angeklebte Blütenblatt vom Gänseblümchen. Ich war froh und gespannt, was das Küken mir mitteilen würde.
„Los, raus mit deinem Geheimnis!“, forderte ich William Konrad auf.
„Ich weiß, warum die Tiere nicht aufwachen“, flüsterte er mir ins Ohr. „Er ist daran schuld. Der garstige…“
Vor Schreck weiteten sich meine Augen…
Ja, liebe Leserinnen und Leser, ist es vielleicht der garstige Carsten, der unsympathische Tierpfleger aus dem Park oder gar jemand anderes, der die Tiere am Aufwachen hindert? Stay tuned für das große Finale. Hier in der fc!

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