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H. Erftkreis


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SPIRITS OF NATURE

Wie verzaubert, glitzerten die sorglosen Tautropfen in den ersten, feinen Sonnenstrahlen im frühen Morgen. Das göttliche Licht berührte eine vergessene Welt und liess ihre sanfte Kraft über einem abgelegenen Bergdorf namens Taurin aufblitzen. Am Rande des Dorfes floss fröhlich ein ruhiger Fluss, den die Tauriner den Fluss des Lebens nannten. Er speiste die Bewohner und wurde zu einem See, leicht unterhalb des Dorfes. Zärtlich wogen die noch grauen Tannen im feinen Winde, der durch den nahen Wald und über den dunkelblauen See strich.

Die Stille, die das noch schlafende Taurin umgab, hatte etwas magisches in sich, etwas, das man beim blossen betrachten nicht erkennen konnte, es dennoch spürte. Den Ausdruck, den dieses stille Bild von sich gab, schien in seiner Art vollkommen. Nichts gab es hinzuzufügen, noch daraus zu verwünschen.

Die aufgehende Sonne schlich über den tiefgrünen Wald, über die weiten saftigen Wiesen, herüber zum Dorf. Ein frischer Duft wehte fein aus dem Gehölz und fröhlich sangen die ersten Vögel, die im neuen Morgenlicht erwacht waren und die aufgehende Sonne begrüssten.

Um das Dorf herum standen die drei heiligen Bäume. Der eine Baum war eine kräftige Birke, ein anderer eine viollettschimmernde, grossgewachsene Trauerweide und der letzte war eine uralte Eiche. Den Kern bildtete der Stein des Seins. Ein grosser einfacher Stein inmitten des Dorfes. Er erinnerte an den Glauben der Tauriner, die sich alle in diesem einen Stein vereinigt sahen, so wie in jedem anderen einigen Dinge auch.

Der Glaube des Seins erzählte, dass alles in einem natürlichen, sinnvollen Rahmen seinen vollkommenen Lauf nahm. So wurde auch der Mensch aus Mutter Erde geboren, um in seiner Vollkommenheit zu leben und sich mit seiner Mutter, seinen Mitmenschen und allem übrigen zu verbinden. So trugen auch die Menschen von Taurin die Vollkommenheit im Urkern in sich und als Symbol dafür stand dieser grosse einfache Bergstein. Als ein Stein der Erde. Als ein Stein der Vollkommenheit. Als Stein des Seins. In Taurin gab es weder eine Kirche, noch eine Schule. Die Menschen, die hier ihr Leben verbrachten, lernten von Jeremias, dem Stadtältesten, der die Weisheit in den Glaubensformen vermittelte, die schon die Erbauer von Taurin in die Wiege gelegt bekamen.

So versammelten sich alle jeden Morgen bei Sonnenaufgang um den Stein des Seins auf dem Dorfsplatz, um die heiligen Worte des weisen Jeremias zu vernehmen. Auch an diesem. - Es war wiederum die Stimmung, die verriet, dass heute ein ganz besonderer Morgen war. Es lag nun eine Spannung in der Luft, die mit jedem Sonnenstrahl, der Taurin erreichen konnte, wuchs, obschon ein jeder die zu verkündende Antwort bereits vernommen hatte. So trat Jeremias vor seine Mitmenschen. Seine runzelige Stirn strahlte im Morgenlicht und sein Lächeln das dauernd auf seinen Lippen lag, glich dem Fliessen eines Flusses. Er berührte mit der einen Hand den Stein und hielt in der anderen einen knorrigen Ast, auf welchem er sich abzustützen hatte. Es war ein Ast der heiligen Eiche, der dem Dorfältesten anvertraut wurde. Er hatte, vom heiligen Baume stammend, die Kraft des Willens in sich und sein Zauber mochte dem Besitzer seinen Weg führen.

So stand Jeremias vor seine Brüder und Schwestern und verkündete: «Durch die Kraft der unvergänglichen Vereinigung von Vater Larzius und Mutter Sophia, trat in vergangener Vollmondnacht Sohn Joshua in unser aller Leben! Wir schenken ihm unser ewiges Licht, unsere innere Kraft und unsere Weisheit für sein Leben, so, wie auch er sein Licht, seine Kraft und seine Weisheit weiter schenken wird.» Dies waren seine Worte.

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