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(10) Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea)

(10) Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea)

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Dr.Thomas Frankenhauser


Premium (World), Regenstauf

(10) Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea)

Wunderschöne Raupen hat er!
Aber er stand (oder steht noch?) - obwohl "Forstschädling" - schon in einigen Bundesländern auf der Roten Liste unter der Kategorie 2 (= stark gefährdet)!
Daher keine genaue Fundort- und Datumsangabe, nur "innerhalb der letzten Woche" und "Oberpfalz"/Bayern ...
Außer einmal einem alten Nest (und vielen Warnschildern) hab ich die Art vorher nie gesehen, den Falter bisher auch nicht. Christa kann sich noch daran erinnern, wie sie vor einem halben Jahrhundert in Maxhütte als Kind die Raupen im Kreis hat laufen lassen - genauso, wie es der Insektenforscher Jean-Henri Fabre bereits eindrücklich beschrieben hat.
Es wird ja viel Theater gemacht um die Raupen - wegen der Nesselsucht, die er mit seinen Brennhaaren verursachen kann, teils zu recht.
Weil er nicht häufig ist und viele eine Heidenangst vor ihm haben, als handele es sich um eine hochgiftige Schlangenart, gibt es wohl nicht allzu viele Fotos davon - selbst im ausführlichen lepiforum nicht. Daher hier wieder mal ein paar mehr :-) ...

Wenn die Forstwirtschaft die Waldsäume zerstört, um überall breite An- und Abfahrtswege zu haben - und damit z.B. die Brutstätten der Mönchsgrasmücke beseitigt, in deren Nester der Kuckuck seine Eier legt, muß man sich nicht wundern, wenn keiner mehr die haarigen Raupen frißt. Das tut nämlich der Kuckuck - viele andere Vogelarten mögen sie nicht. Und eine alte (Stiel-)Eiche, an denen die Raupen meist leben - und die sie offenbar nie ganz kahlfressen, gibt es ja kaum noch. Die wird manchmal sogar wegen der "Gefahr" gefällt - anstatt da, wo es wirklich nicht anders geht, die Nester z.B. mit einem Brenner oder heißem Wasser zu zerstören. Chemische Mittel oder welche, die mehr alle übrigen Insekten schädigen (Bti), sind natürlich kontraproduktiv.
Auch etliche der anderen Zusammenhänge werden von der oft nur auf Holzertrag ausgerichteten Forstwirtschaft schlichtweg mißachtet, u.a. der wertvolle Waldboden, die natürliche (kostenlose!) Selbstrenaturierung durch Aufwuchs auch geschätzter Baumarten (die zudem komischerweise genau da wachsen, wo es ihnen auch später paßt) - und vieles mehr. Der Wasserhaushalt als ganz wichtiges Thema spielt da kaum eine Rolle, dafür probiert man mehr oder weniger exotische Baumarten aus, die natürlich für teures Geld angepflanzt werden müssen. Und niemand weiß, wie es mit der Klimaerwärmung weitergeht. Zudem bieten die "Exoten" unseren einheimischen Insekten meist keinen Lebensraum; ich hab zum Beispiel noch nie auf einer Roteiche irgendeine Raupe gesehen. Unsere beiden Eichenarten gehören dagegen zu den Bäumen mit den allermeisten verschiedenen Insektenarten!
Alles wird ziemlich kurzsichtig unternommen - die Natur weiß am besten, wo's langgeht! Schließlich gibt es die schon ein paar Jahrmillionen länger als die Forstwirtschaft!

Hier zwei bräunliche Raupen aus dem Gespinst. Ich vermute mal, sie sind dabei, sich auf die Verpuppung vorzubereiten, weiß es aber nicht genau. Vielleicht sind sie auch erkrankt oder schon tot. Jedenfalls war die ganze Kolonie ansonsten noch quicklebendig.
Einige dürfen sich uns dann später gern als Erwachsene vorstellen, damit wir die Falter auch mal zu Gesicht bekommen ...
Hiermit endet die "Prozession" :-) ! War ein eindrucksvolles Erlebnis nach soviel Vorurteilen!

16.6.2020

Commentaire 3

  • Butterfly Peter 17/06/2020 9:32

    Super Text!
    Hätte das nicht besser schreiben können.
    Als Ergänzung.
    im Lepiforum wurde letztes Jahr darüber ausführlich diskutiert...
    http://www.lepiforum.de/2_forum_2017.pl?md=read;id=14810
    auch die weiteren Antworten darunter sind informativ
    Und....
    http://www.lepiforum.de/2_forum_2017.pl?md=read;id=15483

    Den Reaktionen in der fc hier nach sehen das viele user anders, von hysterischen Presseberichten in eine Richtung gelenkt, die "bösen Raupen".

    Noch ein Zitat von Erwin Rennwald aus den oben verlinkten Beiträgen...
    "Ja: Licht- und Kahlfraß können Anzeichen einer deutlich reduzierten Vitalität sein - ein Absterben ist daraus aber nicht abzuleiten. Aus ökologischer Sicht sind - im Gefüge mit voll vitalen Bäumen - diese eingestreut weniger vitalen Bäume etwas völlig Normales, vor allem aber die Biodiversität ungeheuerlich Förderndes! Wie bitteschön soll man denn die vielen hochgradig gefährdeten "Totholzkäfer" schützen, wenn es keine kränkelnden Bäume geben darf? Es sei daran erinnert, dass mit dieser Sicht auf "Eichenschädlinge" der Heldbock (Cerambyx cerdo) in Deutschland in vielen Bundesländern vollständig ausgerottet wurde, so dass er jetzt in Deutschland Rote Liste 1 (vom Aussterben bedroht) geführt und europarechtlich "streng geschützt" werden muss. Auch sonst sind viele hochgradig gefährdete Insektenarten ausgesprochene Lichtwaldtiere, die durch Lichtfraß von Frostspanner, Schwammspinner oder auch Eichen-Prozessionsspinner gefördert werden. Der Braune Eichen-Zipfelfalter (Satyrium quercus) lebt als Raupe ausschließlich an Eichen - aber nur an völlig licht stehenden Jungeichen, wie es sie immer weniger gibt - die Art ist bundesweit stark gefährdet - weil der Wald viel zu dunkel wird. Zum Ökosystem Wald gehören nicht nur "gesunde Bäume" sondern ganz besonders auch Alters- und Abbaustadien, wie sie - wegen des Eingreifens durch Forstbehörden - viel zu selten sind. Danke an "Lothar", "Wiebke", Frostspanner, Schwammspinner, Prozessionsspinner u.a., die da ein kleines bisschen gegensteuern."

    VG
    Peter
    • Dr.Thomas Frankenhauser 17/06/2020 9:52

      Danke für Dein Lob, Peter! Und für den tollen Text und die links - hoffentlich denken mittlerweile die Leute (und gerade die Forstwissenschaftler und die Praktiker!) deutlich um! Es ist allerhöchste Zeit!!! Und die Wahrheit wird sich hoffentlich durchsetzen! LGT
  • Günther B. 17/06/2020 8:33

    Zum Glück habe ich deren Reste in den letzten Jahren  immer nur im Winter gesehen.
    Wenn ich mich richtig erinnre, die lebenden Raupen 1974 in Südfrankreich. Habe sie evtl. auf einen Super 8 Film.
    LG Günther
    Eichen-Prozessionsspinner?
    Eichen-Prozessionsspinner?
    Günther B.