154 - eine anaolg-digitale Bildwolke mit institutionellem Charakter - Editors' Choice
Ein Gemeindehaus als Bildwolke - Andreas Henschel zeigt uns mit seinem Panorama aus vielen, sich überlappenden Einzelfotos, dass eine Kombination aus digitaler Fotografie und manueller Weiterverarbeitung spannende Ergebnisse liefert. Begleite uns gern bei unserem Gespräch über den heutigen Einzug in die Galerie "Editors' Choice".
Lieber Andreas Henschel
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Wir freuen uns, dass dieses Bild seinen Platz
in der Galerie Editors’ Choice erhalten hat!
Die Podcast-Aufnahme zu diesem Foto findest Du in der Sonntagssendung vom 09.04.2023: https://www.fotocommunity.de/podcast/episode/154
Wir wünschen viel Spaß!
Liebe Grüße,
Lars & Falk
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Neue Folgen gibt es jeden Mittwoch gegen 17 Uhr:
Feierabend-Talk über die Fotografie
und jeden Sonntag ab 15 Uhr:
Kaffeezeit und Bildbesprechung "Editors' Choice"
Andreas Henschel 09/04/2023 23:38
Hoi zäme (CH für Hallo miteinander)Zuallererst: ich freue mich sehr, dass dieses Bild von den Editoren gewählt wurde. Dafür vielen Dank. Das ist ein sehr schönes Ostergeschenk, das Ihr mir da ins Nest legt.
Ja, Rüti liegt gerade noch im Kanton Zürich in der Schweiz, oberhalb vom sehenswerten Rapperswil, das im Kanton St. Gallen am Ober- und Zürichsee liegt.
Lars, Du hast die Geduld sowohl bei der Aufnahme wie auch bei der Bildaaufbereitung erwähnt. Ich kann nur sagen, dass die Aufnahmen relativ schnell erledigt sind. In diesem Fall lagen zwischen dem ersten und dem letzten Bild etwa zwei Minuten. Das Zusammensetzen dauert unverhältnismässig länger und dauert eher Stunden. Damit kann man sich etwas Zeit lassen, weil man niemandem mehr im Weg steht, niemand komische Fragen stellt, niemand noch ein Bild von sich gemacht haben möchte, ...
Niemand im Weg? Nun: ein Gemeindearbeiter in leuchtend Orange, einige Autos (die man noch erahnen kann) gehen glücklicherweise in diesen Aufnahmen unter und sorgen für ein lebendiges, aber doch ruhiges Bild. Das offene Fenster hat mich bei der Zusammensetzung der Bilder gestört. Jetzt ist es sichbar, fällt aber kaum auf. Es kann nicht schaden, wenn in den Amtsstuben etwas der Mief herausgelassen wird. Die gelben Fahrbahnmarkierungen sind in der Schweiz Radstreifen für Fahrräder, Mofas, etc.
Mir geht es nicht darum, der erste mit dieser Technik zu sein. Ich habe sie nicht erfunden. Ich finde nur, dass man langweilige oder totfotografierte Motive damit in ein anderes Licht, in eine andere Betrachtung rücken kann. Die Arena in Pula ist eine Touristenattraktion und natürlich machte ich von dieser ein Bild - bzw. mehrere. Interessanterweise erinnert einige von Euch das an alte Zeiten mit analogen Schere-Klebestift-Collagen. Das ist bei mir nicht so! Ich habe diese Klebecollagen nicht gerne, weil die Homogenität, die Zusammengehörigkeit nicht gegeben war.
Für dieses Bild bin ich mit meinem Rad ins Dorf gefahren und habe diese Bilder fotografiert. Man braucht dazu eine Idee für ein Motiv und dann halt die zwei, drei technischen Kniffe, um es umzusetzen. In diesem Fall sollte man mit den Füssen stehen bleiben und das Motiv mit einer gewissen Systematik, Ruhe und Gelassenheit durchfotografieren. Ich wählte - wie Lars richtig vermutete - ein Mittelding als "optimale" Einstellung. Es funktioniert halt so einiges mit ISO 200, f 8.0 und 1/125. Das macht die Wahl der Kamera eher beliebig und das Objektiv ist auch eher unspektakulär in dieser Einstellung. Als Nebensächlichkeit sei es erwähnt: Fuji XT-4, 35mm Festbrennweite (53mm KB-equivalent). Die Arena Pula war übrigens eine andere Kamera und ein Weitwinkel - ist also nicht so entscheidend.
Für diejenigen, die das auch mal probieren möchten: im Grunde kann man die Einstellung verwenden, die man z.B. für eine Gesamtaufnahme verwendet hätte. Man stellt die Kamera in den manuellen Modus für alle Einstellungen: Weissabgleich, ISO, Zeit, Blende, Filmsimulation, etc. Dann fängt man am besten "oben links" an, und fotografiert in Zeilen nach "unten rechts". Wenn man meint, etwas vergessen zu haben oder unsicher ist, ob ein Teil fehlt, dann sollte man dies nicht während des Durchgangs versuchen zu korrigieren, sondern gleich anschliessend. Ich finde übrigens, dass man bei der Aufnahme die Kamera bewusst schräg halten darf. Man sollte es nicht übertreiben, aber es ist fast schlimmer, wenn man die Kamera nur ein bisschen schief hält.
Bei der Zusammensetzung gibt es ein paar Dinge zu beachten. So ist in diesem Fall der schwarze Hintergrund der Arbeitshintergrund gewesen. Auf schwarzem Untergrund arbeitet es sich in der Regel recht gut, weil die hellen Bereiche sich am besten davon abheben. Ein helles Bild ist auf einem hellen Hintergrund nicht gut sichtbar, wenn die Transparenz ein paar Prozente beträgt. Meistens tausche ich den Hintergrund anschliessend gegen Antrazit, Weiss, oder auch Grau aus, wenn das Bild fertig ist. Hier hat Schwarz sehr gut gepasst. Es passt nicht jeder Hintergrund zu jedem Motiv, finde ich.
Ach ja: bevor Du das Bild zusammensetzen möchtest: das Bild kann sehr gross werden. Wenn Du also 90 Bilder zu 50 MP pro Bild zusammensetzen möchtest, solltest Du einen sehr kräftigen Rechner verwenden. Ich habe meine Bilder auf 2000 PX lange Kante heruntergerechnet, also 2.6 MP/Bild. Das ergibt immer noch ein 70 MP Gesamtbild, was mir vollkommen genügt. Das Herunterrechnen erledigt ein Batch.
Was die Transparenz anbelangt, so muss man sich überlegen, wieviele Schichten an einer Stelle im Bild schlussendlich übereinander sind. Wenn z.B. 5 Schichten übereinander liegen sollen, so teilt man die Transparenz von 100% durch 5 und stellt die Transparenz auf 20% ein - für alle Bilder, auch die am Rand. Sollte an einer Stelle ein bildwichtiges Detail deutlicher erkennbar bleiben, kann man ein Bild auch mit einer höheren Intransparenz auf den Bildstapel befördern. Da ich von Haus aus ein fauler Mensch bin, erledigt mir die Sache mit der Transparenz ein Phyton-Script, naja, eigentlich mehr ein "unausgereiftes" Python-Kommando.
Die von Falk erwähnte Technik mit dem darunterliegenden Poster (also der Gesamtaufnahme) hat mir bei meinem Versuch bei einem anderen Bild nicht geholfen. Da die Objektive gegen die Ränder eine gewisse Verzeichnung haben (Stichwort Weitwinkel), muss man sich beim puzzeln sich eher auf die Mitte des Bilds konzentrieren. Richtet man z.B. eine Linie des Gebäudes an die Randübergänge aus, so läuft das Bild auseinander und man scheitert. Den Rand sollte man also ignorieren. Der sorgt am Ende für dieses Flimmern. Es ist dennoch von Vorteil, wenn man irgendwo eine Gesamtübersicht des Motivs hat. Dann kann man sich wenigstens orientieren, wie bei einer Landkarte.
Ich hoffe, das beantwortet Eure Fragen. Liebe Grüsse aus der Schweiz, Andreas