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Premium (Complete), Coburg

371 Am Gräfsblock

Die „Kleine Mauer“ am Gräfsblock. Die nassen Pflastersteine glänzen im Licht der nächtlichen Laternenbeleuchtung. Die im Bild zu sehenden Treppen führen zum Eingang des Stadtcafés, das im Gräfsblock zu Hause ist. Schon 1957 eröffnete man dort die erste „Milchbar“. Im Jahr 1971 wurde der Name dann in „Stadtcafé“ umgetauft, und ist seitdem, auch nach einem erneuten Umbau im Jahr 1993 ein beliebter Treff für Alt und Jung. Das Café adressiert unter Steinweg 1. Seit dem letzten Umbau gehört es der Familie Minuzzi, die es auch seit dem 9.Juli 1994 erfolgreich führt. In den Sommermonaten hat man die Möglichkeit auf der Freifläche vor dem Café gemütlich eine Kaffee zu trinken, einen kleinen Imbiss oder Kuchen zu sich zu nehmen, und dabei das geschäftige Treiben in der dort beginnenden Mohrenstraße und den am Platz mündenden Gassen wie Mauer, Webergasse oder Badergasse zu beobachten. Der Baum auf dem gezeigten Bild, er steht am Rande des Platzes, wirft mit seinen Blättern und Zweigen einen interessanten Schatten auf die von den Laternen beleuchteten Fassaden des Hauses Mohrenstraße 38 (Baujahr 1909), dort ist eine Niederlassung des VDK, und auf das Haus Mohrenstraße 36 (Baujahr 1910), in dem der Juwelier Böhnlein, vormals Juwelier Bauschatz, sein Zuhause hat.
Ab dem Jahr 1860 legte die Stadt im Zuge der Stadterweiterung die Mohrenstraße, gedacht als Verbindung zwischen Bahnhof und der Spitalgasse, an. Schon vor der Jahrhundertwende war der Bebauungsplan abgeschlossen. Einer direkten Verbindung zur Spitalgasse standen zwei Häuser im Weg: das Haus Spitalgasse 31 und das Haus Webergasse 34. Diese beiden Häuser riss man im Jahr 1909 ab, um eine direkte Verbindung der Mohrenstraße, die vorher auf Höhe der Webergasse endete, zu schaffen. Nach Recherchen meines Vaters besaß unsere Familie um den damaligen Zeitpunkt dort wohl das Haus Nr. 31. Durch den Abriss der beiden Häuser änderten sich die Verkehrsflüsse: Viele Geschäftsleute im Steinweg ärgerten sich darüber. Sie hätten es lieber gesehen, wenn das Spitaltor abgerissen worden wäre, um die Hauptverkehrsader durch den Steinweg zu stärken. Diese Erwägungen fanden jedoch keinen Zuspruch. So blieben denn die angrenzenden Gebäude nach 1909 stehen. Diese waren noch nicht an die Kanalisation angeschlossen, weshalb die Fäkalien durch Tonnenwägen abgeholt wurden, was auf den Höfen und Fluren zu einem Tummelplatz für Ratten führte. Diesen Bereich nannten die Einwohner im Volksmund „Gräfsblock“ nach dem Kaufmann Max Gräf, der dort ein Lebensmittelgeschäft hatte. Fehlende finanzielle Mittel und der erste Weltkrieg verhinderten in den folgenden Jahrzehnten ein eigentlich von der Stadt geplante Sanierung. Anfang 1930 wohnten in den maroden mittelalterlichen Häusern 56 Menschen. Erst 1934 riss man den „Gräfsblock“ unter der nationalsozialistischen Stadtführung von Franz Schwede im Rahmen einer Altstadtsanierung, für welche die NSDAP mit ausdrücklicher Billigung Adolf Hitlers 1933 aufgrund des Wohnsiedlungsgesetzes des Reichsarbeitsministeriums am 22.September 1933 Fördermittel zur Verfügung stellte, nieder. Zwischen Oktober 1933 und April 1934 mussten dann die Häuser Mohrenstraße 35, Webergasse 36 und Steinweg 1 und 3 im Rahmen der Sanierung weichen. Am 10. Oktober1936 feierte Man Richtfest, eingeweiht wurde der Block am 1. August 1937. Die NS-Propaganda bezeichnete den Gräfsblock als „Musterbeispiel praktischer Altstadtsanierung“. Den Platz vor dem Block Richtung Mohrenstraße nannte man „Platz der Alten Garde“. Seit 1945 ist er namenlos. Der Gebäudekomplex ist heute denkmalgeschützt.

Eine abschließende Anekdote aus meiner persönlichen Erinnerung:

Dort wo jetzt auf dem Bild das Kopfsteinpflaster der Fußgängerzone glänzt, hatte man in den 70-ern auf asphaltierter Straße noch freie Durchfahrt. Etwa auf Bildunterkante stand eine Ampel die den Verkehrsfluss zur Spitalgasse/Steinweg regelte. Als Teenie in unserer „Sturm- und Drangzeit“ war man „In“ wenn man mit seinem Moped, ich war stolzer Besitzer einer 50-er Herkules, durch die Spit zum Marktplatz fuhr, eine Runde um den Markt drehte, und über die Spitalgasse wieder zurück zum Ausgangsort fuhr, um dann ggf. das Ganze nochmals zu wiederholen. Dies musste natürlich möglichst publikumswirksam stattfinden, weshalb es fast ein „Muss“ war, an der roten Ampel, schaltete diese auf „Grün“ mit vollem Schwung und aufgedrehtem Gashebel einen „Kavaliersstart“ hinzulegen.
Oft hatte man eine Sozius hinter sich sitzen.
Ich erinnere mich genau an den Gesichtsausdruck eines Schulfreundes, den ich an einem Tag „im Gepäck“ hatte und ich so einen Start zeigte: Ich lasse die Kupplung geizig kommen, die Maschine geht vorn hoch – sieht richtig schnittig aus von der Seite! Nur plötzlich fühlte sich die Maschine seltsam leicht an. Ich drehe mich um: da sitzt er da, der „Mäusi“, das war sein Spitzname, mit ausgebreiteten Beinen, unbeschreiblichen Augen und einem undefinierbarem Gesichtsausdruck mitten auf der Straße auf dem Asphalt. Ein Anblick, den ich nie vergessen werde. Er hätte sich wohl besser festhalten sollen……….

Aufgenommen am 25.Mai 2019 in der Coburger Fußgängerzone.

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