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sharie


Premium (World), Hagen

Alltag / Nachdenklich

Augen in der Großstadt

Wenn Du zur Arbeit gehst
am frühen morgen,
wenn Du am Bahnhof stehtst
mit Deinen Sorgen:
Da zeigt die Stadt
Dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das? Vielleicht Dein Lebensglück...
Vorbei, verweht, nie wieder

Du gehst Dein Leben lang
auf tausend Straßen;
Du siehst auf Deinem Gang
die Dich vergassen,
ein Auge winkt,die Seele klingt
nur für Sekunden...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das? Kein Mensch dreht die Zeit zurück...
Vorbei, verweht, nie wieder.

Du mußt auf Deinem Gang
durch Städte wandern;
siehst einen Pulsschlag lang
den fremden Anderen.
Es kann ein Feind sein,
es kann ein Freund sein,
es kann im Kampfe Dein
Genosse sein.
Es sieht hinüber und zieht vorüber...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das?
Von der Menschheit ein Stück!!
Vorbei, verweht, nie wieder.

Kurt Tucholsky

Als ich gestern an der Haltestelle saß und diese ganz gewöhnliche, alltägliche Szene sah, viel mir sofort wieder mein Lieblingsgedicht von Kurt Tucholsky wieder ein. Und wieviel Wahrheit in diesem Gedicht steckt.
Wir sind in unsererm hektischen Alltag viel zu gleichgültig geworden und verschließen auch vor so vielen Dingen die Augen, vor Positivem, sowie auch vor Negativem. Jeder ist nur noch mit sich Selber beschäftigt und hetzt durch sein Leben.
Wir sollten mal wieder mehr an ein Miteinander denken!

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