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Americana: Waiting Line

Americana: Waiting Line

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Bär Tig


Premium (Pro), Im Todesstern am Rhein

Americana: Waiting Line

Huntsville hat in etwa so viele Einwohner wie Kassel. Während es in Kassel 263 Restaurants gibt, sind in Huntsville 673 zu finden. Und diese werden jeden Sonnabend von hungrigen Meuten belagert. Es bilden sich Trauben von Wartenden, jede Gruppe mit einem elektonischen Buzzer bewaffnet, der aufleuchtet und vibriert, wenn man an der Reihe ist. Brauchte man in der früheren DDR noch West-Devisen um einen Tisch in einem Restaurant zu bekommen ist es heutzutage im Mutterland des Kapitalismus nur Zeit, die man investieren muß. Aber frei nach dem Motto "Time is Money", bin ich mir da gar nicht so sicher, welche von beiden Gruppen nun den besseren Deal gemacht hat. Jedenfalls betrug die Wartezeit im Red Robin über eine halbe Stunde - also sind wir weiter gezogen. Genug Auswahl hat man ja hier und der Red Robin ist nun auch nicht so toll, dass man sich davor die Beine in den Bauch stehen sollte. Burgers, Fries, Chicken Wings und Milch Shakes gibt es dort, ein typisches Menu also und wahrlich nichts besonderes, auch vom Geschmack her. Was nun die Leute dazu treibt ihr Geld lieber außerhalb für Essen und Trinken zu vejubeln, als für deutlich weniger Geld und potentiell auch viel gesünder sich zu Hause etwas zu kochen war mir lange ein Rätsel. Zuerst dachte ich, die haben bestimmt das Kochen verlernt, denn bei dem Angebot an Restaurants verschiedenster Coleur braucht man sich nicht mehr selber hinter den Herd zu stellen. Nachdem ich aber einige Amis kennen gelernt hatte, die durchaus in der Lage waren sich unfallfrei ein Spiegelei zu braten, schwenkte ich auf eine andere Theorie um - die sind einfach zu faul zum selber kochen. Hier bestimmt das Angebot die Nachfrage und mit zwei McDoof an jeder Straßenecke - einer für jede Richtung der Straße - kann man der Versuchung nur schwer entkommen. An dieser Theorie ist sicherlich etwas dran, aber das war trotzdem noch nicht die ganze Wahrheit. Tatsache ist, das die Amiländer einfach nicht gerne alleine sind - und schon gar nicht bei den Mahlzeiten. Sie lieben es einfach unter Menschen zu sein, mittendrin statt nur dabei, je weniger Privatsphäre, desto besser. Der gemeine Deutsche würde sich ja zum Essen fassen am liebsten allein in einer Besenkammer einschließen, wohingegen die Amiländer den Trubel, die Lautstärke und die zufälligen Schicksalsgemeinschafen, die sich zwangsläufig aus der unmittelbaren Nachbarschaft der umstehenden Tische ergibt, in vollen Zügen genießen. Und dazu gehört auch das gemeinsame Erleben der Wartezeit vor dem Restaurant, mit dem Buzzer in der Hand. Jedem, dessen Buzzer schließlich zum vibrieren und leuchten anfängt, wird aufmunternd und anerkennend zugenickt und er ist für 15 Millisekunden der Held der Menge, das Zentrum der Aufmerksamkeit. Und gleich danach wird sich wieder über die Smartphones gehängt und dem drei Meter entfernt stehenden Freund oder Familienmitgleid zugetextet: Hast Du das gesehen? Gleich sind wir dran, ich kann es kaum noch erwarten ein 15-Millisekunden-Star zu sein ...

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Section
Dossier Americana
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Publiée
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Exif

APN NEX-5T
Objectif E 16-70mm F4 ZA OSS
Ouverture 4
Temps de pose 1/80
Focale 46.0 mm
ISO 160