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Friedrich Jäck


Premium (Pro), Mittelbiberach

Blick in den Chor

Um 1325 war die Kirche für die stark angewachsene Zahl von Bürgern der Stadt zu klein geworden, so dass erste Erweiterungen durchgeführt wurden. Der Turm sowie ein Chor wurden angebaut. Von diesem hochgotischen Bauwerk sind ein Strebepfeiler und ein Fenstermaßwerk im nördlichen Chor erhalten. Die Datierung stützt sich auf ein erhaltenes Freskofragment an der Mauer des untersten Turmstockwerkes. Im Anschluss an diese Baumaßnahme müssen die ersten Pfeilerpaare des Langhauses und der nördlichen Arkadenreihe mit dem darüber aufragenden, stärker dimensionierten Mauerfeld erbaut worden sein. Um 1345 kamen die Baumaßnahmen ins Stocken, obwohl im selben Jahr Kaiser Ludwig der Bayer die beiden Brottische (wohl der erste Markt Memmingens) für die Erweiterung des Friedhofes überließ. Ob dies mit der politischen Unruhe um Kaiser Ludwig IV. oder aber mit der Pestepidemie des Jahres 1349 zusammenhing, konnte nicht geklärt werden. Erst in der Mitte der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ist ein erneutes Einsetzen der Bautätigkeit nachweisbar. Der unbekannte Baumeister muss eine gute Ausbildung in der gotischen Architektur seiner Zeit besessen haben, da die schwerfällige Bauweise der ersten Strebepfeiler ab dem zweiten Joch in einen schlankeren, hochgotischen Baustil verändert wurde. Mit Baubeginn des vierten Joches mit einer schlichten Konsolenbauweise muss der Baumeister wiederum gewechselt haben. Nachdem das fünfte Joch vollendet war, trat eine längere Pause in der Bautätigkeit ein. Forscher gehen davon aus, dass hier das Westwerk der Welfenbasilika stand und sie damit vorläufig fertiggestellt war.

Ab 1404/1405 wurde mit dem Ausbau des sechsten Joches begonnen. Allerdings kamen die städtischen Werkleute damit nicht zurecht, worauf sich der Rat der Stadt nach München wandte. 1405 konnte Conrad von Amberg für den Ausbau verpflichtet werden. Vermutlich machte das alte Westwerk den Ausbau äußerst schwierig, da es teilweise als Tragwerk für die Arkaden diente und teils abgebrochen, teils integriert werden musste. Das sechste Joch musste um 80 Zentimeter breiter werden als die bestehenden Joche. Conrad führte die Mittelschiffswände zur endgültigen Höhe empor. 1407 wurde bereits das Dachwerk aufgeschlagen. Es ist eines der frühesten Beispiele des liegenden Stuhles im deutschen Sprachraum. Damit war es möglich, das erste Dachgeschoss ins Mittelschiff einzubeziehen. Man geht davon aus, dass erst Meister Conrad das vierte Turmgeschoss mit dem hohen Spitzhelm vollendet hat. Ähnliche Beispiele für diese gotische Kirchturmbedeckung befinden sich heute noch in Woringen und in Westerheim. Bis 1409/1410 vollendete Conrad vom Amberg die Kirche als sechsjochige Basilika.

In den folgenden Jahren konzentrierten sich Aktivitäten vor allem auf den Innenausbau. Die östlichen Vorhallen entstanden 1438. Die im Jahr 1458 begonnene Einwölbung der Seitenschiffe war nur durch massive Spenden der Familien Besserer und Wespach möglich geworden. Die Funk-Kapelle machte den Anfang einer Reihe von Kapellenstiftungen in der Basilika. So kamen 1476 die Vöhlin-Kapelle und 1482 die Zwicker-Kapelle hinzu. 1489–1491 konnte durch den Abbruch zweier Häuser in der Zangmeisterstraße das Langhaus um zwei Joche erweitert werden. Da die Memminger Baumeister mit dieser heiklen Aufgabe überfordert waren, konnte der Rat der Stadt den Ulmer Baumeister Matthäus Böblinger gewinnen. Von 1496 bis 1500 wurde der Chor neu errichtet und damit die größte Stadtpfarrkirche zwischen Bodensee und Lech vollendet.

Pfarrkirche und Reformation
Blick von der Orgelempore in das Kirchenschiff mit Kanzel und Hochaltar
Unter dem Schweizer Prediger Christoph Schappeler verbreitete sich in Memmingen ab 1524 die Reformation. Schappeler hatte eine gut dotierte Predigerstelle der Vöhlin-Kapelle in St. Martin inne und vollzog in diesem Jahr erstmals in deutscher Sprache die Taufe. Zusammen mit Lindau, Konstanz und Straßburg legte die zunächst zwinglianisch orientierte Stadt auf dem Augsburger Reichstag 1530 ein Sonderbekenntnis vor, die Confessio Tetrapolitana (Vierstädtebekenntnis).

Ein Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 1531, der besagte, dass sämtliche kirchlichen Kultgegenstände aus den Kirchen der Stadt verschwinden mussten, führte zum größten Verlust an Ausstattungselementen von St. Martin. Die Kirche verlor 21 Seitenaltäre und den spätgotischen Hochaltar im Chorraum. Von der Einrichtung des Hochchores verblieb nur das Chorgestühl.

Zur lutherischen Lehre bekannte sich die Stadt im Jahr 1532 durch die Übernahme der Augsburger Konfession. Endgültig wurde Memmingen und damit auch St. Martin 1536 durch die Annahme der Wittenberger Konkordie der lutherischen Lehre verpflichtet.
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