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Ulrich Rüth


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Bomster Wein

Mein Vater beim Rezitieren des Gedichts "Die achtundachtziger Weine" von Johannes TROJAHN (1834-1915).

(In den ersten Strophen beschreibt er den sauren Wein von Rhein und Mosel, dann den aus Sachsen, aus Grünberg und Züllichau und am sauersten war wohl der Bomster Wein)

Auszüge:

Aber der Grünberger
ist noch viel ärger.
Lass ihn nicht deine Wahl sein!
Gegen ihn ist Saalwein
noch viel süßer als Zucker.
Er ist ein Wein für Mucker,
für die schlechtesten Dichter
und dergleichen Gelichter.
Er macht lang die Gesichter,
blass die Wangen; wie Rasen
so grün färbt er die Nasen.
Wer ihn trinkt, den durchschauert es,
wer ihn trank, der bedauert es.
Er hat etwas so Versauertes,
dass es sich nicht lässt mildern
und schwer ist zu schildern
in Worten und Bildern.
...
Wenn du einmal kommst
in diesem Winter nach Bomst,
deine Erfahrung zu mehren,
und man setzt, um dich zu ehren,
dir heurigen Bomster Wein vor,
dann, bitt' ich dich, sieh dich fein vor,
dass du nichts davon verschüttest
und dein Gewand nicht zerrüttest,
weil er Löcher frisst in die Kleider
und auch in das Schuhwerk, leider.
Denn dieses Weines Säure
ist eine so ungeheure,
dass gegen ihn Schwefelsäure
der Milch gleich ist, der süßen,
die zarte Kindlein genießen.
Fällt ein Tropfen davon auf den Tisch,
so fährt er mit lautem Gezisch
gleich hindurch durch die Platte.
Eisen zerstört er wie Watte,
durch Stahl geht er wie durch Butter,
er ist aller Sauerkeit Mutter.
Standhalten vor diesem Sauern
weder Schlösser noch Mauern.
Es löst in dem scharfen Bomster Wein
sich Granit auf und Ziegelstein.
Diamanten werden sogleich,
in ihn hineingelegt, pflaumenweich,
aus Platina macht er Mürbeteig.
Dieses vergiss nicht, falls du kommst
in diesem Winter einmal nach Bomst.

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