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Brücken der Eifel Eisenbahnbrücke Ahrdorf

Brücken der Eifel Eisenbahnbrücke Ahrdorf

18 703 3

Addi Könsgen


Free Account, Nettersheim

Brücken der Eifel Eisenbahnbrücke Ahrdorf

Eine Brücke schreibt Geschichte
Die Bedeutung des Bahnhofs Ahrdorf zeigt auch, dass es sich um einen so genannten Bahnhof dritter Klasse handelte, während die umliegenden Bahnhöfe nur solche vierter Klasse waren. Außerdem besaß der Bahnhof Ahrdorf einen dreiständigen Ringlokschuppen mit einer 16m-Drehscheibe.

Wie viele andere Strecken auch, sind die Bahnlinien im Umfeld von Ahrdorf nicht aus wirtschaftlichen Gründen entstanden, sondern aus militärischen Aspekten heraus. Den Bewohnern der Eifel war das jedoch relativ egal, denn die Eisenbahn brachte jede Menge Arbeitsplätze in die Region und ermöglichte vielen Menschen erstmals einen bescheidenen Wohlstand. So war z.B. auch mein Großvater als Rottenarbeiter bei der Reichsbahn beschäftigt.

Doch die Eisenbahn brachte den Ahrdorfern nicht nur Glück: im zweiten Weltkrieg war Ahrdorf - auch wegen des massiven Bahntransports militärischer Güter - mehrfach das Ziel feindlicher Bomber. Nach Ende des 2. Weltkrieges verloren auch die Strecken um Ahrdorf dramatisch an Bedeutung. Zum einen war die militärische Funktion der Eisenbahn praktisch nicht mehr vorhanden, zum anderen machte die Konkurrenz von LKW und PKV dem bahngestützten Güter- und Personenverkehr das Leben schwer. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis 1973 auch die letzte Bahnstrecke um Ahrdorf stillgelegt wurde.




Die Entstehung der Eisenbahnen rund um Ahrdorf und die Zeit bis zum 1. Weltkrieg
Doch beginnen wir von vorne... nachdem 1825 in England das Zeitalter der Eisenbahn begann, dauerte es noch 10 Jahre, bis am 7. Dezember 1835 die erste deutsche Eisenbahnstrecke eröffnet wurde. Damals fuhr die berühmte Lokomotive mit dem Namen ‘Adler’ von Nürnberg nach Fürth. Lange Zeit war die Eisenbahn privat bzw. in der Hoheit der Länder organisiert.

Die Eifel gehörte seit 1815 zu Preußen und wurde aufgrund ihrer Armut und der widrigen Witterungsbedingungen auch ‘Preußisch Sibirien’ genannt. Den Preußen lag nicht sonderlich viel an der Eifel und so wurden auch die Planungen für Eisenbahnlinien in der Eifel eher stiefmütterlich behandelt. Verkehrspolitische Fehlentscheidungen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts sorgten zum Beispiel dafür, dass die im Schleidener Tal ansässige Montanindustrie dorthin abwanderte, wo die Infrastruktur besser war. Und so ging der mit der Industrialisierung verbundene Auf- und Umbruch weitgehend an der Eifel vorbei. Der Zug war im wahrsten Sinne des Wortes abgefahren.

Dass die Eifel letztendlich doch noch gut durch die Eisenbahn erschlossen wurde, hatte keine wirtschaftlichen sondern militärische Gründe. Unter Bismarck setzte sich der Staatsbahngedanke durch, der vor allem nach dem Krieg von 1870/71 zu einer Welle von Verstaatlichungen der großen Eisenbahn-Gesellschaften führte. Neben der kriegsbedingten Erfahrung, dass die Erschließung durch die Eisenbahn lebenswichtig sein konnte, war Bismarck zu Recht der Meinung, dass eine einheitlich geführte Eisenbahn der Einheit des neu gegründeten Deutschen Reiches sehr dienlich sein würde. In dieser Übergangsphase von Privat- zu Staatsbahn entstand die Linie Remagen - Adenau.

Im Verlauf des Sommers 1881 schlug die Kommission des Preußischen Abgeordnetenhauses eine zusätzliche Linie Mayen - Virneburg - Herresbach - Breitscheid - Adenau - Müsch - Ahrdorf - Ahrhütte - Schloßtal - Feusdorf - Jünkerath vor. Aber zu einer tatsächlichen Ausführung wollte man sich nur bereitfinden, wenn die Kreise den Grunderwerb und andere Kosten - wie es allgemein üblich war - übernahmen. Dies lehnten die Kreise jedoch ab.

In der Folgezeit gab es einige Projekte für die Anbindung der Ahrstrecke von Adenau aus an die Eifelbahn Köln - Trier. Bereits am 25. November 1889 hatte die Betriebsinspektion Köln den Auftrag erhalten, die Vorarbeiten zu einer Bahn untergeordneter Bedeutung von Blankenheim nach Dümpelfeld durchzuführen. Bis zur Jahrhundertwende wurde jedoch keines der Projekte in Angriff genommen. Auch die 1899 begonnenen Verhandlungen mit der Allgemeinen Deutschen Kleinbahngesellschaft zum Bau einer Kleinbahn zerschlugen sich wegen zu hoher Aufwendungen für den Abschnitt Müsch - Adenau.

Militärische Überlegungen änderten plötzlich die Situation: zum einen sollte ein besserer Anschluss des Truppenübungsplatzes Elsenborn im Eupen-Malmedy-Gebiet (heute Belgien) erreicht werden, zum anderen wurde der Schlieffen-Plan entwickelt. Dieser sah vor, Frankreich im Falle des Falles durch die neutralen Staaten Belgien und Niederlande anzugreifen. Der dazu erforderliche problemlosen Aufmarsch war nur durch entsprechende Eisenbahnlinien zu organisieren.

1906 schließlich begannen die ersten Vermessungen der Strecke Ahrdorf - Dümpelfeld - Hillesheim - Lissendorf - Jünkerath - St. Vith, die letztendlich gebaut und am 01. Juli 1912 dem Verkehr übergeben wurde. Details zu der Strecke sind auf der Seite Adenau - Jünkerath zu finden.

Als Ergänzung des Netzes wurde am 1. April 1910 mit dem Bau der Strecke Ahrdorf - Blankenheim-Wald begonnen. Mit der Einweihung dieser Strecke am 1. Mai 1913 war der Bau der ‘Ahrdorfer Bahnen’ abgeschlossen. Auch zu dieser Strecke finden Sie Details auf einer eigenen Seite: Ahrdorf - Blankenheim (Wald).

Nun ging es also los mit dem Bahnverkehr... und Ahrdorf war plötzlich an die große Weite Welt angebunden. Neben dem Personenverkehr, der jedoch sicherlich keine große Rolle spielte, war für Ahrdorf - sowohl für die Gemeinde als auch für die Bahn - der Basaltbruch von großer Bedeutung. Der Hoffelder Basalt wurde auf Ahrdorfer Gebiet verarbeitet und in Ahrdorf - am so genannten ‘Anschluss’ - auf Waggons verladen und an alle möglichen Orte transportiert.

Wieviel alleine an Kleinschlag innerhalb eines Monats am Bahnhof Ahrdorf zu Versand kam, zeigt die nachstehende Tabelle. Die Aufstellung ist eine Zusammenfassung der Versandliste der Güterabfertigung für die Zeit vom 30. März bis 7. Mai 1914. Das Foto daneben zeigt die Verladeeinrichtungen am ‘Anschluss’. Von oben (dort wo die Schneise zu sehen ist) kamen die Loren mit Basalt den Berg hinunter und fuhren bis an die Schütten heran. Unter den Schütten warteten bereits die Güterwagen darauf, beladen zu werden.


Bestimmungsort
Waggons
Tonnen

Augsburg
1
15,0

Baden
7
92,5

Bayern
1
15,0

Berlin
6
80,0

Breslau
14
200,0

Bromberg
4
56,0

Elberfeld
1
10,0

Essen
31
432,5

Frankfurt
1
12,2

Halle
1
12,5

Hannover
9
132,5

Kattowitz
7
130,0

Köln
11
162,5

Ludwigshafen
5
60,0

Magdeburg
9
132,5

Nürnberg
2
30,0

Saarbrücken
1
10,0

Sachsen
1
15,0

Würtemberg
2
30,0

Sonstige
6
82,5

Summe
120
1711,0





Hoffelder Basalt wurde in vielen Teilen Deutschlands und Europas verarbeitet. So wurde beispielsweise auch der Hindenburgdamm - die Verbindung zwischen der Insel Sylt und dem Festland - unter anderem mit Hoffelder Basalt gebaut. Den Weg nach Sylt fand der Basalt über den Bahnhof Ahrdorf.

Neben Basalt hat sicherlich Holz die größte Rolle beim Güterverkehr gespielt. Daneben gab es viele weitere größere und kleinere Güter, die nach Ahrdorf kamen und Ahrdorf per Bahn verließen. Doch bald warf der 1. Weltkrieg seine Schatten auch über das kleine Ahrdorf.





Der 1. Weltkrieg
Am 1. August 1914 beginnt mit der Anordnung der Mobilmachung der 1. Weltkrieg. Überraschenderweise findet dieses Datum in der Schulchronik von Ahrdorf kaum Erwähnung. In einem Eintrag vom 03.08.1914 heißt es lediglich: Am 1. August fand die Kriegserklärung statt. Herr Lehrer Lich aus Uedelhoven wurde einberufen. Lehrer Marien übernahm die Vertretung der Schule zu Uedelhoven. Es mußte Halbtagsunterricht angeordnet worden. Die Schule in Ahrdorf faßt 30 Kinder.

Trotz dieser eher dünnen Meldung muss es auch in Ahrdorf ziemlich hoch hergegangen sein, wie die folgenden Angaben aus dem Buch ‘Die Ahrtalbahnen’ von Klaus Kemp dokumentieren:

In den ersten drei Wochen des Krieges dürften etwa 500 bis 600 Mobilmachungszüge oder 25 - 30 pro Tag die Ahrtalbahnen benutzt und dabei etwa 40.000 - 45.000 Mann, 2.500 - 3.000 Pferde und 8.000 - 10.000 Tonnen Material befördert haben. Das in Berlin beheimatete Garde-Reserve-Korps der II. Armee benutzte zum Aufmarsch die Ahrtalbahn. Ohne den nötigen Nachschub zu rechnen, wurde es in insgesamt 3.200 Wagen mit 30 Zügen täglich befördert.

Die Pferde beanspruchten allein die Hälfte aller Wagen. Wegen des besonders starken Aufmarsches im Gebiet der Eifel dürfte die Ahrtalbahn voll ausgelastet gewesen sein.

Mit der Anordnung der Mobilmachung wurden auch die Eisenbahnen dem Oberbefehl des Militärs unterstellt. Damit erhielt der Chef der Feldeisenbahnen uneingeschränkte Machtbefugnisse über die zivilen Stellen der Bahnen. Er konnte somit die völlige Schließung einer Strecke für den öffentlichen Verkehr oder dessen bedingte Zulassung verfügen. Die Einstellung des Güterverkehrs zu Beginn der Mobilmachung bedeutete:

Privatgüter wurden nicht mehr befördert
Güterzüge von Zugbildungsstationen (wie z.B. Jünkerath) nicht mehr abgelassen
bereits abgefahrene Züge auf geeigneten Bahnhöfen aufgelöst und alle für den Militärtransport geeigneten Wagen wurden entladen und den Truppen zur Verfügung gestellt
Während der Güterverkehr von vornherein unterbrochen wurde, hielt man den öffentlichen Personenverkehr an den beiden ersten Tagen nahezu ohne Einschränkung aufrecht. Der Militärfahrplan sah in jeder Richtung zwei bis drei Lokalzüge vor, die auch je nach Verfügbarkeit von Privatpersonen genutzt werden konnten, die aber im Hauptaufmarschgebiet wie der Eifel ab dem 6. Tag wegfielen und erst nach vollzogenem Aufmarsch wieder verkehrten.

Nach dem Aufmarsch rollt der Nachschub. Die II. Armee, von der Teile über die Ahrtalbahn herangeführt worden war, wurde über die Linie Köln - Aachen versorgt, die III. Armee, die über die Moseltalbahn an die Front gelangt war, bis Mitte September über die Linie Mayen - Gerolstein und die Ahrtalbahn.

Mit dem Fortschreiten des Krieges werden die Auswirkungen auch in Ahrdorf spürbar. So heißt es am 18.09.1917 in der Schulchronik: Durch die Blockierung Deutschlands macht sich nicht nur eine große Knappheit an Lebensmitteln bemerkbar, sondern das Futter für die Kriegs- und Militärpferde wird sehr knapp. Daher mußten neben Heu und Hafer andere Futtermittel verwendet werden für die unentbehrlichen Pferde der Armee. Das zur Verfügung stehende Kunstfutter reichte nicht aus, und so kam man auf den Gedanken, Eichenlaub zu sammeln, zu trocknen und den Pferden nebenbei als Futter zu geben. Es wurde deshalb von der Behörde angeordnet, daß die Landkinder das Sammeln des Eichenlaubes besorgen sollten. So wurde dann fast regelmäßig nachmittags, bei gutem Wetter auch vormittags von den Schulkindern Laub gepflückt, weshalb der Unterricht kaum noch ein Halbtagsunterricht genannt werden konnte. An hiesiger Schule wurden unter der Leitung des Lehrers 3 Waggons Eichenlaub gesammelt, getrocknet und dann an die Verteilungsstelle abgeschickt.

Da im Westen während des gesamten Krieges erbittert gekämpft wurde, ist davon auszugehen, dass auch und insbesondere auf der Strecke Dümpelfeld - Jünkerath durchgängig Nachschub für die Truppen transportiert wurde. In den ersten Monaten des Jahres 1918 verkehrten im Schnitt täglich 125 Nachschubzüge nach Westen.

1918 sollte das letzte Jahr des Krieges sein. Seit dem Kriegseintritt Amerikas im Jahre 1917 war das Schicksal der deutschen Armeen besiegelt. Es ging unaufhaltsam dem Ende entgegen. So heißt es in der Schulchronik:

Am 11. Oktober machten sich die Zeichen des Kriegsendes bemerkbar. Vereinzelt kamen die Rückzugstruppen und meldeten den Kriegsschluß. Am folgenden Tage erschienen die Truppen schon zahlreicher. Samstag, den 13. November, kamen die Truppen so zahlreich, daß die Schulen belegt werden mußten, weil die Privatwohnungen nicht mehr ausreichten. Dadurch mußte für drei Wochen der Schulunterricht ausfallen. Nach dem Rückzug und als die Besatzungstruppen auch die Schulen verlassen hatten, sah es in unserem Schullokal leider sehr traurig aus. Die Wände, ihres dürftigen Wandschmuckes beraubt, waren beschmiert und beklebt mit fratzenhaften Bildern. Die patriotischen Bilder waren gänzlich verschwunden, der Stuhl verbrannt, der Globus mitgenommen worden. Auch die Rechenmaschine war verschwunden, vereinzelt lagen die Kugeln im Zimmer.

Am 11. November 1918 schließlich unterzeichneten die Deutschen im Wald von Compiègne die Kapitulationsurkunde. Zu dieser Zeit standen etwa vier Millionen deutscher Soldaten an der Westfront, die aufgrund der von den Alliierten auferlegten Bedingungen nun zügig zurücktransportiert werden mussten. Auch an diesem Rückzug waren die Ahrtalbahnen - und damit auch Ahrdorf - beteiligt, wenn auch nicht in dem Umfang wie beim Aufmarsch.




Die Zeit nach dem 1. Weltkrieg bis zur Machtergreifung Hitlers
Durch den verlorenen Krieg und die Ergebnisse der Friedensverhandlungen musste Deutschland die Eifeler Gebiete um Eupen und Malmedy an Belgien abtreten. Auch der Truppenübungsplatz Elsenborn und eine großer Teil der Vennbahn war von nun an nicht mehr deutsch. Darüber hinaus musste Deutschland eine unvorstellbar hohe Summe an Reparationen zahlen, insbesondere an Frankreich. Durch den Krieg schon arg gebeutelt, war das Land kaum in der Lage, die geforderten Beträge aufzubringen; und so wurden die Reparationen auch durch das Drucken zusätzlichen Papiergeldes bezahlt. Dadurch nahm die Inflation Ausmaße an, die wir uns heute kaum vorstellen können. Am 3. Juli 1922 entsprach eine Goldmark nominal dem Wert von 100 Papiermark, ein Jahr später 100.000 Papiermark und einen Monat danach, im August 1923, bereits 1 Million Papiermark. Die Wirtschaft brach zusammen, die Arbeitslosigkeit stieg, die Löhne fielen ins Bodenlose....

Nachdem französische und belgische Truppen Mitte Januar 1923 das Ruhrgebiet wegen angeblich rückständiger Reparationszahlungen besetzten, übernahmen sie auch die Eisenbahnen im Rheinland und damit auch in der Eifel. Die Deutschen versuchten, durch passiven Widerstand einen Abzug der Besatzungstruppen zu erreichen. Auch viele Eisenbahner beteiligten sich am Widerstand. Züge wurden bei Nacht und Nebel in unbesetzte Gebiete gebracht, wurden nicht oder nur schleppend abgefertigt etc. Überall im Rheinland stauten sich die Züge. Es wird erzählt, dass auch auf den Eifelstrecken kaum mehr etwas ging. Von Freilingen bis Blankenheim (Wald) soll damals Zug an Zug gestanden haben. Die Folgen für die Eisenbahner waren schwer: französisches Personal ersetzte die Deutschen, die sogar teilweise aus ihren Häusern vertrieben wurden. Am 26. September 1923 wurde der passive Widerstand durch die Regierung aufgehoben, doch nur langsam kehrte eine annähernde Normalität ein. Mit der Währungsreform des November 1923 (Einführung der Rentenmark, Unterbindung von Spekulationen) wurde die Inflation beendet. Die wirtschaftlichen Verhältnisse konnten sich im Verlauf des Jahres 1924 stabilisieren – in ihrer Folge auch die politischen Verhältnisse. Ende 1924 schließlich wurde das Bahnnetz in deutsche Hände zurückgegeben.

1920 wurden alle Länderbahnen Deutschlands auf das Reich übertragen und 1924 schließlich in die so genannte Deutsche Reichsbahn Gesellschaft überführt.

Mit dem Wegfall der militärischen Aufgaben reduzierte sich der Verkehr auf den beiden Ahrdorfer Strecken drastisch und so wurde schlussfolgernd im Jahre 1927 der so genannte ‘Vereinfachte Nebenbahndienst’ eingeführt. Das bedeutet, dass alle nicht zwingend benötigten Stationen unbesetzt blieben. Weichen-, Signal- und Stationsdienst wurden vom Personal des sich auf der Strecke befindlichen Zuges durchgeführt. Jede Strecke wird dabei in Zugleitstrecken eingeteilt. Auf jeder Zugleitstrecke wird der Zugverkehr durch den Zugleiter des Zugleitbahnhofs geregelt. Soweit mir bekannt ist, war Ahrdorf Zugleitbahnhof und insofern von den Rationalisierungsmaßnahmen nicht so hart getroffen wie andere Bahnhöfe. Die Vereinfachungen sollten erst unter der Herrschaft der Nationalsozialisten wieder aufgehoben werden.

Eine positive Wirkung auf das Verkehrsaufkommen hatte der Bau des Nürburgringes, der 1927 eingeweiht wurde. Hier nochmal ein Auszug aus dem Buch ‘Die Ahrtalbahnen’: In den folgenden Jahren wurden zu den dort stattfindenden Rennen jeweils bis zu zwanzig Sonderzüge gefahren. 1934 beispielsweise wurden ca. 10.000 Personen vor Rennbeginn nach Adenau gebracht, und zwar mit fünf planmäßigen Zügen sowie je einem Sonderzug mit 14 Wagen aus Trier, Wuppertal, Köln, Bonn und zwei aus Düsseldorf. Zusätzlich zu diesen elf Zügen verkehrten zwei Kraft-durch-Freude (KdF)-Züge von Stuttgart, die wegen Überlänge auf der Ahrtalbahn in jeweils zwei Teilen, also vier Züge, befördert werden mussten. Bei der Rückfahrt standen 19 Züge zur Verfügung, mit denen insgesamt 13.000 Fahrgäste befördert wurden. Der Hauptverkehr kam von Remagen her aber auch auf der Strecke von Ahrdorf ahrabwärts dürften die Rennen zu etwas lebhafterem Verkehr geführt haben.

Klaus Kemp hat in ‘Die Ahrtalbahnen’ einige interessante Zahlen aus dem Jahre 1927 dargestellt, die etwas über den Personen- und Güterverkehr zu dieser Zeit aussagen:


Güterverkehr im Jahre 1927

Bei einem Vergleich der Zahlen der in der Eifel gelegenen Eisenbahnen ergab sich eine Gesamtmenge der transportierten Güter, bezogen auf 1 km Streckenlänge, wie folgt:


Strecke
to / km

Gerolstein - Andernach
14.646

Brohltalbahn
10.622

Euskirchen - Trier
10.200

Euskirchen - Münstereifel
8.507

Kall - Hellenthal
7.534

Düren - Heimbach
7.340

Münstermaifeld - Koblenz
5.954

Pünderich - Traben-Trarbach
5.467

Koblenz - Trier
5.305

Wengerohr - Bernkastel-Kues
4.878

Jünkerath - Dümpelfeld
4.588

Daun - Wengerohr
3.382

Erdorf - Irrel - Igel - Trier
3.296

Philippsheim - Binsfeld
2.440

Gerolstein - Steinebrück
2.019

Jünkerath - Losheim
1.850

Pronsfeld - Neuerburg
1.470

Blankenheim - Ahrdorf
1.343

Pronsfeld - Waxweiler
1.037



Personenverkehr im Jahre 1927

Pro Kilometer Bahnlänge wurde folgende Anzahl Fahrkarten verkauft:


Strecke
Fahrk./km

Euskirchen Münstereifel
16.158

Euskirchen - Trier
15.253

Wengerohr - Bernkastel-Kues
14.660

Koblenz - Trier
14.416

Pünderich - Traben-Trarbach
12.891

Kall - Hellenthal
12.326

Gerolstein - Andernach
12.115

Mayen - Koblenz
9.400

Erdorf - Irrel - Igel - Trier
8.777

Polch - Münstermaifeld
8.760

Düren - Heimbach
7.300

Daun - Wengerohr
6.671

Brohltalbahn
5.928

Pronsfeld - Waxweiler
4.958

Gerolstein - Steinebrück
4.170

Jünkerath - Dümpelfeld
3.208

Jünkerath - Losheim
3.054

Pronsfeld - Neuerburg
2.870

Blankenheim - Ahrdorf
1.800

Philippsheim - Binsfeld
841

Hillesheim - Gerolstein (ohne Station Pelm)
310




Die politische und wirtschaftliche Großwetterlage war trotz einiger Fortschritte immer noch mehr als schlecht. Mit der Weimarer Republik und ihrer Demokratie konnten sich die Deutschen nicht wirklich anfreunden, die Parteienlandschaft war ein Flickenteppich, die demokratischen Parteien waren zerstritten und radikale Kräfte gewannen an Boden. Mit dem so genannten ‘Schwarzen Freitag’ im Oktober 1929 - dem Börsen-Crash in Amerika - begann die Weltwirtschaftskrise und damit Massenarbeitslosigkeit und große Armut. Der Boden für den Nationalsozialismus war bereitet...




Westwall und Krieg
Am 30. Januar 1933 griffen die Nationalsozialisten nach der Macht. Wer aufmerksam Hitlers Buch ‘Mein Kampf’ gelesen hatte, konnte ahnen, welcher Leidensweg damit für das deutsche Volk begonnen hatte. Doch zunächst ging es nach der langen Zeit der Depression und Arbeitslosigkeit endlich wieder aufwärts. Hitler löste nach und nach viele seiner Wahlkampfversprechen ein. Er umging den Versailler Vertrag, brüskierte die Siegermächte des 1. Weltkrieges ein ums andere Mal und verschaffte Deutschland wieder Selbstvertrauen und Respekt. Die dunkle Seite der Diktatur sollte erst später deutlich werden.

Hitler war kein großer Freund der Eisenbahnen; deren Vorteil bei der Kriegsführung lernte er erst später zu schätzen. Zunächst setzte er auf den Ausbau der motorisierten Kräfte und vernachlässigte den Bau bzw. Ausbau der Eisenbahnen. Das sollte sich erst im Vorfeld des Westwall-Baus ändern. Nach der Wiederbesetzung des Rheinlandes durch deutsche Truppen im Jahre 1936 begannen Planungen für eine Verteidigungslinie im Westen - quasi ein Pendant zur französischen Maginot-Linie. Nachdem die Bauarbeiten zunächst nur langsam vorankamen, ordnete Hitler im Frühjahr 1938 eine drastische Beschleunigung an. Mit Hilfe der so genannten ‘Organisation Todt’ und des RAD (Reichsarbeitsdienst) wurden Bunker gebaut, Verbindungsgräben, Geschützstellungen und die berühmte Höcker-Linie, deren Reste noch heute in weiten Teilen der Eifel zu sehen ist. Durch den Westwall-Bau setzte auch in der Eifel ein Aufschwung ein. Für die Westwall-Arbeiter wurden Lager und kleine Häuser (so genannte ‘Westwall-Buden’) gebaut. Was nur wenige wissen: auch in Ahrdorf gab es ein RAD-Lager. Es lag an der B258 (Ahrstraße) in der Nähe der damaligen Jakobs-Mühle. Links sehen Sie ein Foto des RAD-Lagers - aufgenommen von Matthias Horsch im Jahre 1940.

Durch die Bauarbeiten wurden immer mehr Bauzüge benötigt, welche die auf vereinfachten Nebenbahnbetrieb umgestellten Strecken nicht mehr verkrafteten. Allein im Jahre 1938 wurden dafür 550.000 Wagen gestellt und 10 Millionen Tonnen Baustoffe befördert. Zeitweise entstand ein Rückstau der Güterzüge, da man die Wagen am Zielort nicht so schnell entladen konnte, wie neue herangeführt wurden. So wurden im Verlauf des Jahres alle baulichen Maßnahmen zur Vereinfachung des Betriebes rückgängig gemacht und ab Oktober 1938 waren alle Bahnhöfe auf den Strecken von Dümpelfeld nach Jünkerath und Blankenheim wieder durchgehend besetzt. Um den Anforderungen überhaupt gerecht werden zu können, wurden die Dienststellen in der Eifel zur Verstärkung mit immer mehr Personal auch aus anderen Bezirken besetzt. Die Ahrdorfer Schulchronik beschreibt die Situation im September 1938 so:

Die Eifel ist voller Unruhe: Omnibusse mit Grenzmarkarbeitern, Lastwagen mit Material, Militär, all das bringt ein Leben in die stillen Täler, wie es hier nie gedacht wurde. Hinzu kommt wieder die politische Hochspannung in der Sudetendeutschen Frage. Manche haben sehr starkes Vertrauen zum Führer; aber häufig begegnet man ängstlichen Gemütern. Es wird sehr viel Rundfunk gehört.

Im November 1938 ziehen die Arbeiter näher an ihre Arbeitsstellen und es wird wieder etwas ruhiger in Ahrdorf. Allerdings herrschte nach wie vor reger Lastwagenverkehr und auch am Bahnhof Ahrdorf konnte man sich über Arbeitsmangel nicht beklagen.

Am 1. September 1939 begann der zweite Weltkrieg und damit für die Eisenbahnen um Ahrdorf erneut eine große Belastungsprobe - besonders für die Strecke in Richtung Jünkerath. In der Schulchronik wird an diesem Tag vermerkt:

Nun hat sich die politische Lage so sehr zugespitzt, daß Feindseligkeiten nicht mehr zu verhindern sind. Ist das der Krieg? Es ist selbstverständlich, daß die Bevölkerung sehr niedergedrückt ist, aber erhebend ist es manchmal zu erleben, wie viele von ihnen trotzdem mit gläubigem und zuversichtlichem Vertrauen zum Führer aufsehen.

Die Spannung der letzten Woche war fast unerträglich geworden. Anfang August kam ein Lager von Westarbeiten hierher, dann zog Militär sehr rasch hier durch.Anschließend gab´s einige Tage erwartungsvolle Ruhe. Benzin wurde knapp. Privatwagen kommen immer seltender hier durch, dafür umsomehr Militärwagen.

Ununterbrochen hört man die Eisenbahnzüge Tag und Nacht durch´s Tal rollen. Dann plötzlich kamen Requirierungen von Pferden, Gestellungsbefehl für ältere Männer, sie rückten bald ab. Das Dorf war erschrocken, fast starr.

Ununterbrochen liefen die Rundfunkgeräte. Jeder, der etwas Neues gehört hatte, erzählte es weiter. Manchmal war das geradezu unheimlich mißverstanden worden. Da war es schwer, guten Mut zu machen. Am anderen Tag waren die Einberufenen wieder zurück, sie waren mit anderen zur Bahnwache hier in Ahrdorf einberufen....

Oben sehen Sie den Soldaten Anton Müller aus Ahütte im Winter 1939/40 bei der Bahnwache vor dem Ahrdorfer Tunnel.

Die Schilderungen der Schulchronik spiegeln die Stimmung, die damals herrschte, ausgezeichnet wider. Anders als zu Beginn des 1. Weltkrieges herrschte diesmal kein Jubel sondern eine sehr angespannte, gedrückte Atmosphäre. Erste Erleichterung machte sich breit, als Polen in knapp 3 Wochen besiegt war. Sollte der Krieg - wie von Hitler prophezeit - schnell zu Ende sein? Es sollte anders kommen:

Am 10. Mai 1940 begann der Feldzug gegen Frankreich. Tag und Nacht rollte Nachschub durch den Ahrdorfer Bahnhof Richtung Westen. Im Bahnhof ratterten die Telegrafen, die die jeweils am nächsten Tag zu erwartenden Militärzüge ankündigten. Josef Stoffels aus Birgel, der zu dieser Zeit am Bahnhof Ahrdorf als Junghelfer seine Ausbildung machte, berichtet, dass das Morsegerät häufig in der Nacht meterlange Papierstreifen mit Zugmeldungen ausgespuckt hatte, die dann am anderen Morgen sorgfältig dokumentiert und in den Tagesablauf eingeplant wurden.

In der Uedelhovener Heimatzeitschrift ‘Weckepeller’ schreibt Trudi Gossen (geb. Massong) über diese Phase des Krieges: ‘Am Ahrdorfer Bahnhof war Umladestation für die Wehrmacht und die Straße, die in den Ort führte, war voll gestopft mit Soldaten, Pferden, Wagen und Gerät, zu Fuß und auch motorisiert. Für Tage oder Wochen, das weiß ich nicht mehr zu sagen. Es ging jedenfalls zum Westen: der Frankreichfeldzug.’

Am 18. Mai 1940 machte Matthias Horsch aus Ahrdorf die nachfolgend dargestellten Fotos. Die Bilder - links übrigens das bisher einzig mir bekannte Foto, welches den Ahrdorfer Lokomotivschuppen zeigt - machen deutlich, welche beeindruckende Länge die Nachschubzüge hatten.








Auch Frankreich wurde überraschend schnell besiegt; bereits am 22. Juni 1940 wurde im Wald von Compiègne der Waffenstillstand unterzeichnet. Die Deutschen nahmen die Unterzeichnung an jenem Ort, wo 1918 die Niederlage im Ersten Weltkrieg besiegelt und die ‘Schmach’ des Versailler Vertrags eingeleitet worden war, mit tiefer Genugtuung auf. Adolf Hitler stand nach dem von vielen Zweiflern für kaum möglich gehaltenen ‘Blitzsieg’ gegen Frankreich auf dem Höhepunkt seines innenpolitischen Ansehens.

Doch langsam kam der Krieg auch in die Heimat. Trotz der Aussage von Reichsmarschall Hermann Göring: ‘Ich will nicht Hermann Göring, sondern Hermann Meyer heißen, wenn jemals ein feindliches Flugzeug die deutschen Reichsgrenzen überfliegen würde’ kam es bereits 1940 zu ersten Luftangriffen auf Bahnanlagen in der Eifel. Sie richteten allerdings nur geringe Schäden an. Meist waren diese auch innerhalb kurzer Zeit behoben, so dass keine wesentlichen Beeinträchtigungen zu verzeichnen waren. Auch 1941 und 1942 erfolgten zwar zahlreiche Fliegeralarme, aber die Luftangriffe waren auf andere Ziele ausgerichtet und die Eifel blieb weitgehend verschont. Den ersten Luftangriff auf den Bahnhof Ahrdorf gab es in der Nacht vom 4. auf den 5. Mai 1941. Eine Bombe schlug unweit der Pumpstation am Ahbach ein, riss ein riesiges Loch in eine Wiese, richtete jedoch ansonsten keinen Schaden an. Danach sind größere Angriffe auf den Bahnhof Ahrdorf bzw. die umliegenden Bahnhöfe erst wieder für das Jahr 1944 vermerkt:

Wegen der Abgabe qualifizierten Personals an andere Bezirke wie Belgien, Frankreich oder Rußland sowie der Einberufungen zur Wehrmacht, ergab sich ein verstärkter Eisatz von Fremdarbeitern in der Eifel. Dazu verpflichtete man ab 1940 zunehmend Frauen im Zugdienst sowie für Büroarbeiten und Bedienung der Telegraphen.

Die Beschäftigung von Frauen führte zu ganz neuen Herausforderungen an die Organisation auf den Bahnhöfen. So wurde im Bahnhof Ahrdorf kurzerhand der 1.Klasse-Raum der Bahnhofswirtschaft als Übernachtungsraum für die Schaffnerinnen umfunktioniert.

Mit zunehmender Kriegsdauer wurden die Verdunkelungsmaßnahmen verstärkt. So ging man dazu über, immer mehr offene Beleuchtung abzuschalten und stattdessen Treppen, Türpfosten usw. durch einen weißen Farbanstrich auch in der Dunkelheit kenntlich zu machen. Neben den Splittergräben wurden auch Einmannbunker zur Beobachtung der Bahnanlagen bei Fliegeralarmen und Lufangriffen angelegt. Zur Abwehr von Luftangriffen wurden einzelne Züge mit besonderen Flakabwehrwagen an der Spitze und am Schluss gefahren. Nicht nur die Bahnhöfe mussten verdunkelt werden, sondern auch die Personenwagen und sogar die Führerstände der Dampflokomotiven beim Beschicken des Feuers.

Die Bahnanlagen - sowohl die Gebäude als auch der Bahnkörper - waren zu dieser Zeit in keinem guten Zustand: In einem internen Bericht der Bahnmeisterei Euskirchen für das Jahr 1941 wurde die allgemeine Vernachlässigung der Diensträume - wohl eine Folge des vereinfachten Nebenbahndienstes - beklagt. Es wurde darauf hingewiesen, dass trotz des Krieges einige Dienststellen bereits renoviert worden seien. Als nächstes war der Umbau von Stellwerksräumen an der Strecke Dümpelfeld - Lissendorf sowie Ahrdorf - Blankenheim vorgesehen. Darüber hinaus sollte das Empfangsgebäude von Ahrdorf renoviert werden. Ob diese Arbeiten allerdings durchgeführt wurden, ist nicht bekannt. Der Verfasser des Berichtes selbst schien einige Zweifel zu hegen.

Die ungewohnte Belastung des Schienennetzes durch den Bau des Westwalles und den Krieg sowie die generelle Vernachlässigung der Strecken in den Jahren zuvor, drohte den Betrieb erheblich zu verlangsamen, wenn nicht sogar zeitweise zu unterbrechen. Ab 1941 wurden Erneuerungsmaßnahmen angestoßen, zunächst arbeiteten hauptsächlich Italiener an der Gleiserneuerung; ab 1942 wurden in zunehmendem Maße russische Kriegsgefangene eingesetzt.

Auch am Bahnhof Ahrdorf haben Kriegsgefangene gearbeitet. Bis zu 20 Gefangene waren in Ahrdorf tätig. Die in Antweiler (dort war die für Ahrdorf zuständige Bahnmeisterei) untergebrachten Menschen - überwiegend aus Russland - wurden von den jeweiligen Rottenführern beaufsichtigt. Der bereits erwähnte Josef Stoffels berichtete, dass man den Gefangenen, die von offizieller Seite nicht gut behandelt wurden, heimlich Butterbrote auf eine Fensterbank legte, die von den hungrigen Gefangenen dann auch regelmäßig abgeholt wurden. Natürlich war das streng verboten und hätte sicherlich harte Strafen zur Folge gehabt.

Umso höher ist der Mut der vielen Leute zu bewerten, die durch solche guten Werke deutlich machen, dass auch in Kriegszeiten die Menschlichkeit nicht verloren gehen darf.

Übrigens hat auch mein Großvater Peter Jehnen russische Kriegsgefangene betreut. Er war allerdings bei der Bahnmeisterei Blankenheim (Wald) angestellt und insofern für die Streckenabschnitte von Blankenheim (Wald) bis zum Ahrdorfer Tunnel zuständig.




Zur Vorbereitung der Invasion in der Normandie steigerten die Alliierten im Frühjahr 1944 ihre Luftangriffe auf deutsche Verkehrsbewegungen und Verkehrsrouten. Der Mai 1944 war bis dahin der Monat mit den schwersten Bombenangriffen. Dabei richteten die Alliierten ihre Angriffe bewusst ausgeklügelt auf die Strecken, die in die Normandie führten, in schwerpunktartigen Einsätzen, wobei der Anschein erweckt wurde, dass sie eigentlich anderen Gebieten zugute kommen sollten. Eines ihrer Hauptziele war die Lähmung oder Zerstörung der Hauptbahnlinien.

Auch die Eifeler Verschiebebahnhöfe Konz und Ehrang waren kriegswichtige Objekte und wurden - neben vielen weiteren Bahnanlagen - verstärkt angegriffen. Als Schutzmaßnahme wurde die Fliegerabwehr rund um die wichtigen Bahnanlagen verstärkt; außerdem stellte man verschiedenen Zügen einen Wagen mit Flakkanonen (2 cm-Flak bei.

Mit Beginn der Invasion alliierter Truppen in der Normandie 6. Juni 1944 wurde die Niederlage der Deutschen Wehrmacht eingeleitet und die Luftüberlegenheit der Alliierten nahm dramatische Ausmaße an. Amerikanische und britische Tiefflieger schossen buchstäblich auf alles, was sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen konnte. Ein bevorzugtes Ziel waren natürlich nach wie vor Züge und Bahnanlagen. Zuständig für das Gebiet der Eifel waren die Bomber des 9. Taktischen Luftkommandos (tactical air command (TAC)) der Amerikaner.

An dieser Stelle möchte ich nochmals Trudi Gossen zitieren. Sie schreibt:: ‘... Zivilisten wurden bei der Feldarbeit von Jabos angegriffen und beschossen. Mit Bordwaffen. Wir Kinder hüteten bei den Bauern die Kühe und suchten dann, wenn die Jabos am Himmel auftauchten, schnellstens Schutz an Hecken und unter Bäumen, falls welche da waren. Bis die Gefahr vorüber war, überließ man die Kühe sich selber.

Der Ahrdorfer Bahnhof war bevorzugtes Angriffsziel. Im dorfnahen Tunnel, der 400 m lang war, standen zeitweise Munitionszüge und anderes Kriegsgerät. In der Mitte ungefähr befanden sich Waggons, die zum Aufenthalt für Soldaten und Zivilisten dienten. Sie waren mit Bänken ausgestattet und je einem kleinen Kanonenofen, der es angenehm warm machte in dieser seltsamen Behausung. Diese Waggons wurden von den Ahrdorfern immer mehr genutzt, denn die Luftangriffe über Tag auf den Bahnhof und die Gleisanlagen nahmen zu.

Frauen und Kinder, alle die zu Hause entbehrlich waren, zogen morgens mit Tagesverpflegung in den Tunnel. Dort im Tunnel, der heute zubetoniert ist, suchten damals auch russische Frauen und Kinder, die in Ahrdorf in Gemeinschaftsunterkünften lebten, also deportiert waren, Schutz. Die russischen Männer leisteten Zwangsarbeit an den Eisenbahnstrecken. In den eingelassenen Bögen und Nischen des Tunnels also mussten diese armen Menschen sich niederlassen und mit Vorlieb nehmen. Mit Säcken und Zeltplanen schotteten sie die Nischen ab und saßen dort auf Strohunterlagen oder Kisten. Dick vermummt und ungeschickt sahen sie aus, weil sie wohl alles Wärmende, was sie besaßen, am Leibe trugen. Es war wie ein Kellerverließ, das Wasser tropfte an den gemauerten Wänden herab und glänzte im Kerzen- oder Lichtschein von Petroliumlampen. Wir gingen ja immer an ihnen vorbei in unseren warmen Wohnwaggon. Es war kalt und feucht und dunkel für die Benachteiligten. Auch erinnere ich mich, dass dort zwei kleine Babys geboren wurden. Wir Kinder durften sie bestaunen.’

Soweit der eindrucksvolle Augenzeugenbericht von Trudi Gossen. Am 16. Dezember 1944 begann im Gebiet der Eifel die Ardennen-Offensive (auch Rundstedt-Offensive genannt) - ein verzweifelter Versuch der deutschen Truppen, das Blatt noch einmal zu wenden. Im Vorfeld der Offensive und während der Offensive selbst dürften auch die Strecken um Ahrdorf wieder stark frequentiert worden sein. Der deutsche Angriff kam für die Amerikaner vollkommen überraschend. Wie von den Deutschen eingeplant, konnten die Alliierten zudem ihre uneingeschränkte Lufthoheit nicht ausnutzen, da die Flugzeuge aufgrund der Schlechtwetterlage nicht einsatzfähig waren. Doch schon bald blieb die Offensive stecken... Die Verlegung neuer amerikanischer Truppen in die Ardennen und mangelnder deutscher Nachschub ließen die Offensive nach nur wenigen Tagen scheitern. Am 27. Dezember musste die Wehrmacht an allen Frontabschnitten zur Verteidigung übergehen. Bis zum 16. Januar 1945 verloren die Deutschen sämtliche Geländegewinne und über 100.000 Mann. Im Zusammenhang mit diesen Kampfhandlungen wurde am 25.12.1944 auch Ahrdorf bombardiert... hierüber wird an anderere Stelle berichtet. Der Krieg ging nun unaufhaltsam seinem Ende zu.

Lehrer Eckel dokumentiert die Ereignisse in der Schulchronik (in einer Rückschau im März 1946) wie folgt:

Die Menschen verkriechen sich in die Keller und Erdlöcher. An der Ahrstraße gegenüber der Post war eine kleine Höhle in den Felsen gesprengt, der Keller von Rieder stark und fest bot einen sicheren Schutz, mehr noch der Eisenbahntunnel. Dort hausten nun die Menschen Tag um Tag. Die Züge fuhren nicht mehr, Lokomotiven, durchschossen und gegeneinander gejagt, Eisenbahnwagen, umgestürzt, zersplittert und verbogen, lagen auf den Bahnhofsgeleisen. Ringsum dröhnten die schweren Waffen und aus der Luft stürzte heulend der Tod. Brücken und Überführungen an der Bahnstrecke nach Blankenheim flogen in die Luft; sinn- und zwecklos war die Zerstörung.

Bevor wir zum Kriegsende und der Nachkriegszeit kommen, nachfolgend eine Aufstellung über Angriffe auf Bahnanlagen in Ahrdorf bzw. in unmittelbarer Nähe zu Ahrdorf, entnommen Klaus Kemp’s Buch ‘Die Ahrtalbahnen’. Sicherlich ist die Darstellung nicht vollständig, sie verdeutlicht aber das Ausmaß der Angriffe.


Sommer 1944
Tieffliegerangriffe auf im Bahnhof Dümpelfeld stehende Züge, wobei die Loks stark beschädigt wurden

29.10.1944
Müsch: 60 % des Ortes zerstört. Eisenbahnstrecke zumindest zeitweilig unterbrochen

18.11.1944
Tageseinsätze, darunter gegen Transporte bei Gerolstein und Ahrdorf. Die Bomberbesatzungen vermuteten die Anlage von neuen Munitions- und Versorgungslagern bei Kreuzberg

Dezember 1944
Zerstörung des Stellwerks und Beschädigung des Oberbaus in Dümpelfeld

08.12.1944
Eisenbahnbrücke Fuchshofen

23.12.1944
Besonders schwere Angriffe, darunter wieder auf Ahrweiler. Weiter bombardiert wurden Ahrdorf, Ahrhütte und Hillesheim

Januar 1945
Bombentreffer im nördlichen Teil des Bahnhofs Adenau. Dabei wurden das Befehlsstellwerk und der Wasserturm zerstört sowie die Gleisanlagen stark beschädigt

05.01.1945
Treffer am Empfangsgebäude und an den Gleisanlagen im südlichen Teil des Bahnhofs Adenau. Dabei kamen der Bahnhofsvorsteher und ein zweiter Eisenbahner ums Leben



Ergänzend dazu einige Angaben aus dem Gebiet des Bahnhofs Jünkerath (aus dem Buch ‘Eisenbahngeschichte des Ortes Jünkerath’). Jünkerath war das damals für Ahrdorf zuständige Bahnbetriebswerk (Bw), d.h. von dort aus wurden die Züge für die Ahrdorfer Strecken bestückt.

‘Am 12.9.1944 bombardieren Tiefflieger im Bahnhof Jünkerath einen Transportzug russicher Kriegsgefangener, der in Gleis 12 an der Rampe steht. ... Am ersten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1944 trifft ein Angriff von zweimotorigen Bombern des Typs Marauder den Bahnhof so schwer, dass ganze Zugteile und das Stellwerk Jmt zerstört und ein Großteil der Bahnhofsanlagen erheblich beschädigt werden.... Reparieren ist nur zur Nachtzeit möglich, da tagsüber jede Bewegung von den Flugzeugen aus gesehen wird und diese sogleich zum Angriff übergehen. Ein weiterer folgenschwerer Bombenangriff trifft den Bahnhof Jünkerath am 14. Januar 1945. Bei einem Volltreffer in die Bahnmeisterei finden zwei Wehrmachtsangehörige, der Bahnhofsvorsteher Herr Baumann, der stellvertretende Bahnmeister Herr Lepke und der Rottenmeister Herr Huypen den Tod...

Am 20. Januar übernimmt das Feldeisenbahner Regiment II der Wehrmacht die Dienststellen in Jünkerath. Einen Monat später dampfen dann die letzten noch betriebsfähigen Lokomotiven über die Ahrstrecke (durch den Bahnhof Ahrdorf) nach Koblenz. Die Vorbereitungen für die Sprengungen beginnen, und am 3. März 1945 werden sämtliche Brücken, Tunnels, Gleisanlagen und Stellwerke in die Luft gesprengt’.



Am 8. März 1945 war der Krieg für die meisten Ahrdorfer zu Ende: der Amerikaner war da.....




Nachkriegszeit - Neuanfang und endgültiges Aus
Mit der Kapitulation Deutschlands endete am 8. Mai der 2. Weltkrieg in Europa. Die Bilanz für die Deutsche Reichsbahn war katastrophal: 45% der Lokomotiven, 60% der Personenwagen und 35% der Güterwagen sind nicht mehr einsetzbar. 3.500 km Gleise, 13.000 Weichen, 2.472 Eisenbahnbrücken, 30 Tunnels, 1.500 Stellwerke, 6.800 km Fernmeldekabel, 110.000 km Freileitungen sind zerstört. Wie der Bericht der Schulchronik verdeutlicht, war auch der Bahnhof Ahrdorf von Zerstörungen nicht verschont geblieben. Das Bahnhofsgebäude selbst allerdings war unbeschädigt. Unbestätigten Berichten zufolge soll einmal ein Blindgänger bis vor die Tür des Bahnhofs gerollt sein... Welches genaue Ausmaß die kriegsbedingten Zerstörungen auf dem Gebiet des Ahrdorfer Bahnhofs hatten, ist nicht überliefert.

Doch nicht nur der Krieg hinterließ seine Spuren: wie immer, wenn eine Ordnung zusammenbricht und noch keine neue Ordnung vorhanden ist, breitet sich Anarchie aus... und so wurde auch der Bahnhof Ahrdorf von Menschen heimgesucht, die alles mitnahmen, was nicht niet- und nagelfest war. Besonders Werkzeug und andere nützliche Dinge wurden gestohlen aber nicht nur Nützliches: sogar die Kacheln des Waschraums im Lokomotivschuppen sollen von den Wänden gerissen worden sein. Dabei muss sich wohl jemand ganz besonders hervorgetan haben - der zudem wohl noch ein eifriger Kirchgänger war, denn in Ahrdorf kursierte damals das Gedicht ‘......... (hier wurden Vor- und Nachname des Betreffenden genannt)... frommer Mann, bestiehlt die Reichsbahn, wo er kann.’

Es wäre wohl zu einfach, ein solches Verhalten generell zu verurteilen, denn die Eifeler Bevölkerung war - gerade in dieser Zeit - sicher nicht mit Reichtum gesegnet und schließlich gab es den Eigentümer, die Deutsche Reichsbahn, faktisch nicht mehr. Die Besatzungsmacht gab den ‘Dieben’ später die Gelegenheit, die gestohlenen Dinge ohne Strafe wieder zurückzubringen bzw. gegen ein kleines Entgelt zu kaufen.

Die Alliierten teilten Deutschland in vier Besatzungszonen auf. Die Gebiete um Ahrdorf wurden verschiedenen Besatzungsmächten zugeteilt. Ahrdorf selbst lag in der britischen Besatzungszone, die umliegenden Orte im heutigen Rheinland-Pfalz waren französisches Gebiet. Überall in der Gegend gab es Schlagbäume, an denen die jeweilige Siegermacht Kontrollen durchführte. Am 20. September 1945 hatten die Alliierten eine Verordnung erlassen, nach der Deutschland sämtliche Kosten für die im Reich stationierten Truppen der Siegermächte einschließlich der Transportkosten zu übernehmen hatte. Damit beschlagnahmten sie zunächst das Eisenbahnnetz, soweit es funktionierte, für ihre eigenen Belange. Weiterhin wurde am 25. Oktober 1945 festgelegt, dass das gesamte Reichsvermögen hinsichtlich Besitz und Nutzung der Kontrolle der Militärregierung unterlag. Während in der britischen Zone keinerlei Verordnungen bezüglich der Besitzverhältnisse erlassen wurden, verfügte die französische Verwaltung Reparationen.

So musste von den Deutschen als Ersatz für im Verlaufe des Krieges in Frankreich abgebauten und in Russland wieder verwendeten Oberbau unter anderem das zweite Gleis der Strecke Jünkerath - Lissendorf (5,3 km) und 51,2 km Bahnhofs- und Streckengleise der Ahrtalbahnen von Walporzheim bis Walsdorf (bei Hillesheim) abgeliefert werden.

In den folgenden Jahren wurden die Strecken nach und nach wieder instandgesetzt. Gleich nach der Währungsreform normalisierte sich die Lage so, dass man wieder Sonderfahrten, auch an die Ahr, veranstaltete. Vor allem bei den Nürburgrennen zeigte sich jedoch, wie sehr die Bahn gegenüber anderen Beförderungsmitteln bereits an Boden verloren hatte.

Auf der Strecke Ahrdorf - Blankenheim (Wald) fand kein planmäßiger Personenverkehr mehr statt (lediglich auf dem Teilstück Mülheim - Blankenheim (Wald)) und auch der Güterverkehr wurde aus wirtschaftlichen Gründen bereits 1961 eingestellt.

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