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Das liegt da schon ein paar Tage ...

Das liegt da schon ein paar Tage ...

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Jürgen Laudi


Premium (Basic), Schönkirchen

Das liegt da schon ein paar Tage ...

Das Bild erinnert mich an eine Story aus den napoleonischen Kriegen um 1800. Napoleon hatte da ganz Nordeuropa überrannt und gerade die Preußen 1806 in der Doppelschlacht von Jena und Auerstadt vernichtend geschlagen. Folge : Die Reste der preußischen Armee wandten ich in wilder Flucht nach Osten, um der Gefangennahme zu entgehen und dann gezwungen zu werden, auf der französischen Seite gegen ihre eigenen Leute kämpfen zu müssen. Im Osten lag Russland, und der Zar war ein erklärter Feind Napoleons. Also : Rette sich wer kann nach Russland !
Guter Plan – wenn da nicht ein klitzekleines Hindernis im Wege gestanden hätte : Der Fluchtweg war durch die Oder versperrt, entlang deren Ufer Napoleon eine Kette von Wachtposten stehen hatte, die genau diese Flucht verhindern sollten. Alle greifbaren Boote waren beschlagnahmt. Und einfach rüberschwimmen ? Vergiss es – kein Soldat konnte schwimmen. Und dann noch mit dem Gewehr auf dem Rücken ... ?
Hier kommt jetzt ein kleines Dörfchen namens LUNOW ins Spiel, etwa 70 km flussabwärts von Frankfurt, direkt am Oderufer gelegen und ohne jede militärische Bedeutung. Lunows Bürgermeister jedoch, der auf den schönen Namen Puffpaff hörte –gerade in Kriegszeiten sehr passend ... – war offenbar ein heller Kopf, dem bei der Nachricht von der preußischen Niederlage sofort klar war, was kommen würde und der für diesen Fall einen raffinierten, man kann auch sagen : ganz schön frechen, Plan ausbrütete :
Die Lunower veranstalteten ein rauschendes Fest zum Dank an die französischen „Befreier“. Der Wein floss in Strömen, was alle Einwohner (einschließlich Bürgermeister) deren gesamte Weinvorräte kostete, es gab Ferkel am Spieß und was sonst ein Dorf an Leckereien zu bieten hat. Zu denen zählte auch ausdrücklich besonders der jüngere Teil der weiblichen Bevölkerung, der sich den „Gästen“ gegenüber ausnehmend aufgeschlossen gab (ahem ...), so dass man davon ausgehen kann, dass im Dunkel der Nacht auch in den verschwiegeneren Ecken des Dorfes lebhafter „Betrieb war“ (ahem, die zweite ...).
Das jedoch war nur der sichtbare Teil des bürgermeisterlichen Plans. Denn daneben lief, jedoch eher unsichtbar, die eigentliche Party ab : Alle Fischer das Dorfes hatten sich klammheimlich verdrückt und waren nun mit Hilfe der vielen, inzwischen eigetroffenen preußischen Soldaten dabei, ihre vorher im Schilf versteckten und versenkten Boote wieder flott zu machen. Und dann ging’s ab in die stockdunkle Nacht – einen halben Kilometer voll geladen mit Kämpfern und in Lebensgefahr rüber über den schnell fließenden Fluss. Dann schnell wieder zurück, die nächste Fuhre holen – und das die ganze Nacht lang. Am Morgen dann lag alles wieder in tiefem Frieden. Ganz Lunow schlief aus und besonders die französischen „Gäste“ , die meisten vermutlich hackedicht, hatten das wohl auch dringend nötig. Oder ein Mädchen im Arm ...
Jahre später, nachdem Napoleon in Europa besiegt und in sein sicheres Exil auf Sankt Helena entsorgt war, wurde dieses Husarenstück dem preußischen König berichtet. Und der verlieh umgehend dem ganzen Dorf „für alle Zeiten“ das Zivilehrenzeichen Erster Klasse. Und so darf sich noch heute jeder Lunower Träger dieses Ordens nennen. Was selbstverständlich auch für die Lunower Weiblichkeit gilt, deren Anteil am Gelingen der Operation durch Verdrehen französischer Köpfe auf keinen Fall unterschätzt werden darf.

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