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Das rote Kreuz

Ein altes Wegkreuz. Es ist zwar nicht das echte rote Kreuz, von dem ist nämlich mittlerweile nichts mehr übrig, aber ich mag die Geschichte meines Heimatdörfchens so gerne.

Das rote Kreuz von Niedereimer

Beim Dorfe Niedereimer da steht ein Kreuz von Stein,
Bemoost, mit Brombeer umranket, im Felde am einsamen Rain.

Wenn der Pfad den friedlichen Landmann geleitet an diesen Ort,
Dann eilt er mit flüchtigem Schritte und scheu seines Weges fort.

Und wenn vom Glockenturme die Mitternachtsstunde schallt,
Dann sprengt aus dem nahen Walde eine schwarze Rittergestalt.

Man hört keinen Hufschlag dröhnen, es rasselt die Rüstung nicht,
Das Roß ist schwarz wie der Reiter, doch bleich des Ritters Gesicht.

Er hält vor dem Kreuze stille, vom Rosse steigt er schnell;
Vom Kreuze tönt es wie Wimmern, wie Hilferuf grausig und gell.

Und er schaut mit stierem Blicke auf das Kreuz von bemoostem Stein;
Es schaudert ihm durch die Glieder, es zittert sein kaltes Gebein.

Sieh, rinnt's nicht wie Tropfen Blutes vom Kreuz in das feuchte Gras?
Erschaudernd beschaut er die Hände: Wie triefen sie blutig und naß!

Jetzt wirft er stöhnend sich nieder, will wischen vom Kreuze das Blut;
Wie rauchen purpurn die Hände! Das brennt wie Höllenglut.

Stumm schwebt an ihm vorüber mit leisem Geisterflug
Der Schatten des einzigen Bruders, den meuchlings er hier erschlug.

Da begegnen sich beider Blicke, der eine verzagend und scheu,
Der andere aufklagend und traurig - Der Geist schwebt leise vorbei.

Das Kreuz glüht rot und röter von Tropfen Blutes genäßt.
Leis' streicht durch die Tannen der Nachthauch. Leis' neigt sich das düstre Geäst.

Und wenn die Mitternachtsstunde mit dem Klange der Turmuhr verhallt,
Dann verschwindet mit klagendem Stöhnen die schwarze Rittergestalt.

Beim nächsten Vollmondscheine da magst du ihn wiedersehn,
Wie das Blut er tilgen möchte, dem keine Sühne geschehn.

Commentaire 2

  • Diana R. 10/12/2004 10:39

    @Thomas

    ich hätte sie auch lieber weiträumiger mit auf dem Bild gehabt, aber außerhalb der linken unteren Ecke stand eine häßliche, achtziger Jahre Parkbank. Die passte nicht zum Motiv... *g*
  • Tho Mas 10/12/2004 10:37

    Dank der dazugehörigen Geschichte, sieht man dieses Kreuz in einem ganz anderem Licht.
    Jetzt strahlt es eine faszinierende Wirkung aus, was mythisches.
    Das Kreuz wird schön von den Bäumen eingerahmt, die sind aber aus meiner Sicht zu stark angeschnitten.

    Gruß
    Thomas