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Das Trauma von Rostock-Lichtenhagen

Das Trauma von Rostock-Lichtenhagen

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Roland Hartig


Premium (World), Ribnitz-Damgarten

Das Trauma von Rostock-Lichtenhagen

Historiker bezeichnen die fremdenfeindlichen Angriffe vom 22. bis zum 26. August 1992 in Rostock-Lichtenhagen als die massivsten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Mehrere hundert rechtsextreme Randalierer machten Stimmung gegen das Asylbewerberheim in der Mecklenburger Allee, in dem sich auch die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber Mecklenburg-Vorpommern (ZAst MV) befand. Anzumerken ist, dass der Plattenbau wegen der bunten Gestaltung einer Fassade als „Sonnenblumenhaus“ bezeichnet wird. Für die Flüchtlinge wurde dieses markante und freundliche Wahrzeichen des Stadtteils zu einem Ort unheilvoller Geschehnisse: So waren sie gezwungen, monatelang in beengten Wohnverhälnissen zu leben, als Neuankömmlinge vor der ZAst zu kampieren - und das alles ohne hinreichende Lebensmittel- und Sanitärversorgung. Das bot jede Menge Konfliktstoff. Nicht nur in dieser Situation reagierten die politisch Verantwortlichen und die Behörden ratlos, überfordert und zum Teil sogar gleichgültig. Als Parolen wie „Deutschland den Deutschen“ und „Ausländer raus“ zu hören waren, Steine und Molotowcocktails flogen, flankierten bis zu teilweise 2.000 Schaulustige den Mob - eine große Menge applaudierte. Nach drei Tagen konnten die Asylbewerber der ZAst in Sicherheit gebracht werden. Die rechtsextremen Angriffe, die sich danach gegen ein daneben befindliches Wohnheim mit 115 vietnamesischen Vertragsarbeitern richteten, eskalierten in solchem Maße, dass die Bewohner und ein Fernsehteam des ZDF von Anfang an um ihr Leben fürchten mussten. Unter Rufen wie „Wir kriegen Euch alle, jetzt werdet ihr geröstet“ warfen sie wieder Molotowcocktails und Steine. Nach einer Wikipedia Chronologie der Ereignisse stürmten die Rechtsextremisten mit Baseballschlägern die Eingangstür, zerschlugen in den unteren Etagen die Beleuchtung und die Einrichtung. Die bedrohten Menschen flüchteten über das Dach, um bei den deutschen Nachbarn Schutz zu suchen. Doch nur wenige öffneten die Türen. Im In- und Ausland sorgten die schweren ausländerfeindlichen Übergriffe in Rostock-Lichtenhagen im August 1992 für Aufmerksamkeit und Entsetzen.
Nach der Instandsetzung des Sonnenblumenhauses ist es wieder ein komplettes Wohngebäude mit fast 350 Wohnungen. Auch leben heute zahlreiche Ausländer, Einwanderer und Bürger aus den westlichen Bundesländern im Elfstöcker. Dazu kommen „vermietete Gewerbeobjekte, von der Arztpraxis bis zum Geschäft mit russischen Delikatessen“, so das Wohnungsunternehmen.
youtube-videos:
https://www.youtube.com/watch?v=QabZsnkYORA
https://www.youtube.com/watch?v=A6-zlg1BPnU

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