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Der alte Karpfen

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Freitag ist Wuschtag.



Es war einmal ein kleines Mädchen, das draußen auf dem Land wohnte vor den Toren der großen Stadt. Es war Waise und lebte bei seiner Oma. Jeden Tag spielte es in der freien Natur und jetzt im Herbst auch an den abgelassenen Teichen. Dort entdeckte es einen riesigen Karpfen, der im Schlamm steckte und japste. Da sprang es nach Hause, um dem Bollerwagen zu holen, denn tragen würde sie ihn nicht können, so groß war er. Hei, das gäbe ein feines Mahl. Die Oma fragte, was denn sei, und das Mädchen erzählte das vom Karpfen. Die Oma wiegte bedächtig ihr Haupt und war eigentlich dagegen, aber sie gehörte nicht zu den Eltern, die ihre Kinder auf dem Weg zur Schule und hinterher wieder nach Hause begleiten und ihnen noch den Ranzen tragen oder sie gar im SUV chauffieren. Das Mädchen mußte seine eigenen Erfahrungen machen.
So zog es mit dem Bollerwagen los zum Teiche. Dort hievte es mit größter Anstrengung den dicken, bemoosten Karpfen auf den Wagen und zog los.
Auf einmal hörte es hinter sich eine Stimme. Es drehte sich um, sah aber niemanden. Weiter ging es. Doch die Stimme kam wieder. Abermals drehte sich das Mädchen um und erkannte jetzt, daß der Karpfen zu ihm sprach. Er kannte sogar ihren Namen. Merkwürdig.

"Traudl, bitte bringe mich zum großen See. Es soll Dein Schaden nicht sein." bat der Karpfen. Das Mädchen, es hatte ein gutes Herz, so wie man es auf dem Land auch heutzutage noch oft hat, überlegte nicht lange und bog mit dem Bollerwagen rechts ab und taperte mit dem Karpfen im Schlepptau zum großen See. Dort hatte es aber nicht mehr die Kraft, den schweren Karpfen aus dem Bollerwagen zu heben. Kurzerhand zog es den Wagen direkt neben das Wasser und kippte ihn um. Etwas unsanft landete der Karpfen im See und verschnaufte mal erst. Traudl auch. Dann drehte der Karpfen sich zu dem Mädchen um und sprach: "Liebe Traudl. Ganz herzlichen Dank. Dir und Deiner Oma einen schönen ersten Advent." Dann drehte er sich um und wuschte in den See. Aber vorher schüttelte er sich noch, und lauter goldenen Dukaten fielen von ihm ab, einige noch ganz grün vom Moos, das sich in vielen Jahren auf seinem Rücken angesammelt hatte. Denn eigentlich war er ein Goldfisch, ein echter.

Traudl sammelte die Golddukaten aus dem Wasser, nahm den Bollerwagen und zog glücklich zur Oma nach Hause. Das war eine Freude in der kleinen Kate. Endlich hatten sie das Geld, um das Dach reparieren zu lassen. Das Mädchen bekam einen Tretroller mit Ballonreifen, und die Oma noch vor Weihnachten die Augen gelasert. Den Rest des Schatzes versteckte sie im Keller unter dem Sauerkrautbottich.

Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.





Euch ein schönes Wochenende.
Bei mir fängt die Woche an.

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