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Horst Waschinski


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Der Messyaner

In einem Wohnzimmer, das eher einem vergessenen Lagerraum gleicht, thront ein Mann auf einem Sofa, dessen Polsterung mehr nach verblasster Erinnerung als nach Komfort aussieht. Sein Name ist Jonas, und er ist der uneingeschränkte Herrscher dieses nur in einem Ausschnitt sichtbaren chaotischen Reiches.

Um ihn herum türmen sich Berge von Gegenständen – ein Sammelsurium aus vergessenen Hobbys, gescheiterten Projekten und den Überbleibseln unzähliger Lieferdienste. Leere Pizzakartons stapeln sich neben halb gelesenen Büchern, zerknüllte T-Shirts verheddern sich mit ausgetretenen Sneakers, und auf dem Boden wimmelt es von zerbrochenem Geschirr und verstaubten DVDs.

Jonas selbst sieht aus, als wäre er aus dem gleichen Stoff wie sein Königreich geschneidert. Seine einst gepflegten Haare sind zu einem wirren Vogelnest verfilzt, seine Kleidung trägt die Spuren unzähliger Tage und Nächte, die er in lethargischer Trägheit auf diesem Sofa verbracht hat. Sein Blick ist leer, seine Stirnfalten zeigen eine tiefe Ratlosigkeit.

Einst war Jonas ein zielstrebiger junger Mann, voller Träume und Tatendrang. Doch im Laufe der Zeit ist sein Feuer erloschen, erstickt unter dem Gewicht von Enttäuschungen und Misserfolgen. Sein Zimmer ist ein Spiegelbild seiner Seele – ein Abbild von Chaos, Verzweiflung und aufgegebenen Hoffnungen.

Plötzlich durchbricht ein schriller Klingelton die Stille und reißt Jonas aus seiner Trance. Er blinzelt desorientiert, tastet nach seinem Handy, das inmitten eines Stapels leerer Bierflaschen liegt. Eine unbekannte Nummer. Zögernd nimmt er ab.

"Jonas?", fragt eine besorgte Stimme. "Bist du es endlich? Hier ist Sarah. Wir müssen reden."

Jonas erstarrt. Sarah. Seine alte Liebe, die er vor Jahren vor den Trümmern seines zerbrochenen Lebens zurücklassen musste. Ein Funke Hoffnung flackert in seinen Augen auf. Ist dies die Chance, die er braucht, um aus den Klauen seines selbstgeschaffenen Chaos zu entkommen?

Langsam, wie ein Geländewagen im schweren Treibsand, erhebt sich Jonas von seinem Sofa. Seine Augen wandern über das Durcheinander in seinem Zimmer, und zum ersten Mal in langer Zeit betrachtet er es nicht als Spiegel seiner Verzweiflung, sondern als leere Leinwand. Eine Leinwand, auf der er ein neues Bild malen kann.

Mit forscher Entschlossenheit wirft er ein paar Kleidungsstücke über und öffnet die Tür. Vor ihm steht Sarah, ihre Augen voller Sorge und Mitgefühl. Jonas lächelt. "Es wird Zeit aufzuräumen", sagt er. "Sowohl hier als auch in meinem Leben."

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