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Michael C. K.


Free Account, Oberhausen

Der Schweißplatz

einer stillgelegten Steinkohlenzeche. Welche Gegenstände mögen hier wohl repariert oder gefertigt worden sein. Im laufenden Betrieb war der Arbeitsplatz bestimmt sauber, aufgeräumt und betriebssam. Vielleicht stand in der Ecke ein Radio und spielte die neuesten Charts, während der Kollege hier vor sich hin werkelte. Unweit von diesem Arbeitsplatz war zudem ein Balkon, auf dem bestimmt so manche Zigarette geraucht wurde, wenn der Alte mal nicht so genau hingeschaut hat. War bestimmt auch ein beliebter Treffpunkt, zumindest für einen kurzen Klön unter Kollegen.

Wenn hier gearbeitet wurde, sorgte die Abzughaube oben, dass die entstandenen Dämpfe schnell weggesaugt wurden. Der Vorhang trennte den Schweißplatz vom Rest der Werkstatt und wird vermutlich auch so manchen Fluch gehört haben. War vermutlich im Sommer ein schweißtreibender Ort.

Die angrenzenden Lagerräume sind immer noch gut gefüllt, auch wenn Chaoten vieles auf den Boden geworfen haben, weil es ja so schön scheppert. Auf dem Schraubstock in meinem Rücken liegen noch Zwei-Komponenten-Dübel, die auf Verwendung warten. Einer ist zerstört und ist unlösbarer Bestandteil des Arbeitstisches geworden. Überall lassen sich die Spuren menschlicher Arbeit finden, in den Spinden hängen mal nicht die üblichen Pinups, sondern gar nichts. Komisch eigentlich... Vielleicht hatte der Alte ja was dagegen und wollte, dass hier alles wie geleckt aussieht. Am Ausgang hängt ein Kalender mit rotem Datumsmarkierer, der darauf wartet, dass man ihn in täglicher Routine weiter schiebt. Nun ja... er wartet seit bald 8 Jahren auf den morgendlichen Schubs.

Auch die übliche Kaffeemaschine wartet hier, vor dem Betrieb sollte man sie aber noch mal entkalken, denn der letzte Kaffee hat wohl hier rumgestanden, bis er verdunstet ist.

In diesem Zusammenhang frage ich mich immer wieder, warum diese Plätze aussehen, als würden die Kollegen gleich wiederkommen und die Arbeit wieder aufnehmen. Ist einem alles egal, wenn der Tag der Stilllegung kommt? Werden die Lagerbestände nicht irgendwoanders gebraucht? Es sind einfach diese Szenen, die ich so liebe. Die unbeschreibliche Ruhe in diesen Anlagen, die im krassen Gegensatz zu den vorgefundenen Maschinenparks und der hier geleisteten Arbeit steht. Die Gewissheit, es wird nie wieder jemand hier arbeiten und doch ist es so, als könnte man demjenigen gleich noch einmal über die Schulter schauen. Doch es ist unwiederbringlich vorbei mit der Betriebssamkeit. Einzig der anstehende Abriss bringt noch mal Leben in die Bude, dann ist es eine von vielen postindustriellen Brachen, die auf Investoren warten. Investoren, die von großartigen Projekten sprechen und ein geräumtes Gelände erwarten, nur um dann doch nicht zu kommen. Beispiele dafür gibt es genug. Jeder Ort kennt diese Investoren...

Doch genug für heute....

Ruhrgebiet, Frühjahr 2007.

Danke fürs Anschauen.

Anmerkungen und konstruktive Kritik wie immer gern gesehen.

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