Die Leitwarte
Vor etwas mehr als 10 Jahren, war hier noch aktiver Betrieb. Es herrschte Leben und die Kontrolllampen zeigten dem Leitstandmitarbeiter jederzeit den Zustand der Kohlenaufbereitung und der Verladung.
In der Ecke stand ein ständig einsatzbereiter Drucker, der Störungen ausspuckte und die Betriebszustände der gesamten Anlage überwachte und vor allem dokumentierte.
Was mag sich hier abgespielt haben. War es auch sowas wie ein Treffpunkt auf dem Bergwerk? Die obligatorische Kaffeemaschine auf der Fensterbank war vermutlich im Dauereinsatz und die hier Beschäftigten warteten stets sprungbereit auf das Fauchen, dass das Ende des Brühvorgangs andeutete. Ja... hier mußte man schnell sein, wenn man seinen Anteil am Lebenselexier haben wollte. Speziell, wenn draußen Winter herrschte und es hier mollig warm war. Energiepreise spielten noch keine Rolle, denn es gab ja noch keine Strombörse, oder Spekulanten, die sich per Future ein Kaufrecht für in drei Monaten zu förderndes Rohöl oder Kohle sicherten. Der ebenfalls obligatorische Kühlschrank, noch bestückt mit Kaffeemilch, stand brummend in der Ecke und mag wohl auch so manches Pilsken gekühlt haben.
Hier herrschte vermutlich morgens erstmal nur ein Thema... was ist aufm Pütt passiert und was sagt die berühmte Zeitung mit den vier Buchstaben zum Weltgeschen. Zeugnisse davon finden sich in den Ecken der Schublade, denn wer auch immer hier gearbeitet hat, er hatte ein Faible für die Seite 1 Girls der B... . Fein säuberlich ausgeschnitten, warten sie auf die Rückkehr des Besitzers. Nur dass er nicht mehr kommt, seine Schätze vielleicht mit den Kollegen teilt und hofft, dass das Störsignal, dass seine Tafel gerade anzeigt, wieder nur ein Wackelkontakt ist.
Ein Telefonat mit dem Elektriker vom Dienst und schon ist man sich einig... soll doch die Spätschicht gucken. Sooo schlimm ist die Störung nicht, denn die Wagons mit der Kohle sind immer noch gut gefüllt. Außerdem regnets gerade draußen und der Alte macht seinen Kontrollgang in der Wäsche. Bis der wieder da ist, ist Feierabend...Lieber noch mal nen Kaffee einschenken, bevor die Jungs von der Spätschicht wieder alles wegsaufen und noch ne Runde diskutieren.
Da ist noch der Aufreger vom Wochenende: Die elenden Bayern haben wieder per umstrittener Schiedsrichter-Entscheidung in der 93. Minute das Siegtor geschossen... manche Dinge ändern sich halt einfach nicht.
Nur hier... hier wird keine hitzige Diskussion mit Kalle, dem eingefleischten Bayern stattfinden. Eigentlich isser ja ein duften Kumpel, aber dat er für Bayern is... das geht ma gar nicht. Wo kommen wer denn da hin? Die feinen Bayern meinen ja eh, sie sind was besseres... Sind halt keine Malocher-Clubs wie die Dortmunder, die Schalker oder eben die Jungs vom Vfl Bochum. Dat sind echte Malocher...Den damaligen Traum, dass Schalke in diesem Jahr die Meisterschaft holt, ja den träumt man noch heute *gg* (Sorry, konnte ich mir gerade nicht vekneifen).
Nie wieder wird hier eine Kaffeemaschine für einen Wettlauf der anwesenden Kumpel sorgen und nie wieder wird der Alte mit strengem Blick für kurze Ordnungsmomente sorgen. Hier ist es mittlerweile sehr ruhig geworden und nur das gelegentliche Heulen des Windes, das Klappern irgendwelcher loser Platten oder Fenster sorgt hier noch für eine Geräuschkulisse.
Hier ist endgültig Schicht... Die Schächte sind verfüllt und alles wartet auf den Abrissbagger, der dem allen hier ein Ende setzt.
Danke fürs Anschauen!
Hartmut Günzel 04/08/2010 10:09
Passt fast alles!Die Bayern meinen nicht! Sie sind!
Glückauf, HG
Joel Bauer 03/08/2010 21:05
Ein Bild ganz nach meinem Geschmack mit schöner Tonung. Die Geschichte gefällt mir auch! :-)