Die Schwelle

An deinem Tor stehst du schon lang
schaust geradeaus, schaust raus
es hat kein Fenster, keinen Hof
kein Heim und auch kein Haus

Ich ging vorbei an deiner Pforte,
ein Sog zog mich hinein
auf deiner Schwelle hielt ich inne-
wir wurden insgeheim

Ein Teil von etwas ganz weit fort
es rauschte laut die Stille
wir teilten einen kleinen Stern
und einen blassen Wille

Der Stern erstarb, es wurde eng
du zogst die Nase kraus
die Brille fiel ins Nirgendwo,
fiel ins Nichts, ins Aus

Nur manchmal noch schau ich
von Weitem in dein Tor
ich seh dich dort noch immer stehen
uneins, nach wie vor

B.


Commentaire 2

  • Ekkehard May 02/10/2022 17:29

    Beim Lesen Deines Gedichtes "Die Schwelle", das mich sehr tief berührt hat, stieg aus den Tiefen der Erinnerung ein Satz herauf, den eine Fotografin hier vor Jahren unter viele (fast alle) Bilder jener Galerie dieser Plattform schrieb, in die aufgenommen der Traum nicht weniger Fotografen sicher immer noch ist. Der Satz lautete schlicht und einprägsam: "Ist mir nicht exemplarisch genug".
    Nicht selten habe ich mich über dieses vernichtende Verdikt geärgert, gerade wegen seiner extremen Kürze, und, dies kam noch erschwerend hinzu, weil ich sowohl die Urheberin dieses Satzes als auch ihre Bilder sehr mochte. Ich stellte mir die Frage, wie wenig exemplarisch meine eigenen fotografischen "Werke" vermutlich in ihren Augen waren. Gleichzeitig muß ich an einen anderen Satz einer anderen Fotografin denken, die in ihrem Profil einmal schrieb:
    "I think that we all have something to say with our photos...a brief glimpse into our different worlds...a joy of sharing a brief moment of time."
    Und eigentlich wollte ich Dir nur sagen, daß mich gleich das allererste Bild, das ich in Deiner Galerie auf mich habe wirken lassen, ganz besonders im Zusammenwirken mit dem Gedicht, so tief berührt hat, daß es mir so schnell nicht aus dem Sinn gehen wird. Weil es so exemplarisch ist...

    "...
    auf deiner Schwelle hielt ich inne-
    wir wurden insgeheim

    Ein Teil von etwas ganz weit fort
    ..."

    Das sind diese so kurzen und so unendlich tiefen Momente im Leben.
    Wie das kurze Aufleuchten einer Sternschnuppe am Nachthimmel...

    Ein lieber Gruß an Dich
  • Nicole Oestreich 11/09/2022 15:53

    Ein Bild was zu deinen Worten passt, ein wenig macht es mich sprachlos...
    Schön über deine Bilder gestolpert zu sein. 
    VG... Nicole