Die Tür zum Luftschutzkeller – und zu Ursula
Obwohl ich häufig ins Museum gehe, war das gar nicht so kleine und besonders feine Stadtmuseum Rüsselheim eine besonders positive Überraschung. Was die dortigen Ausstellungsmacher zu verschiedenen Themen konzipiert haben, ist beispielhaft und verdient großen Respekt. Drei Stunden in dem erstklassig gemachten Museum vergehen wie im Fluge – man sollte allerdings viel mehr Zeit mitbringen. Ich kam „nur“ aus Zufall und wegen Dauerregen zum Stadtmuseum Rüsselsheim – und werde noch einmal mit ganz viel Zeit im Fotorucksack zurückkehren.
Ein Beispiel für die geniale Konzeption, die Information und Emotion zusammenbringt, ist die Puppe Ursula im Luftschutzkeller.
Der Besucher sieht zunächst nur eine graue Luftschutztür („aus dem Keller der Rüsselsheimer Waldstraßschule, um 1939“) mit dem winzigen Luftloch und dem Schließhebel. Hätte sich nicht eine fast identische (dunkelrote) Tür im Keller des alten Frankfurter 6-Familienwohnhauses meiner frühen Kindheit befunden, hätte ich gar nicht gewusst, was das ist.
An der Seite links der Tür befindet sich ein dicker, etwa 90 cm breiter und 200 cm hoher Vorhang – die meisten Besucher guckten nur für eine Sekunde halbherzig hindurch, zuckten dann zurück oder mieden den Vorhang ganz.
Natürlich ging ich hinein und hielt mich dann lange dort auf.
In diesem winzigen Raum war es fast dunkel. Da war zum einen die Innenseite der Luftschutztür mit dem großen Metallrad zum Zudrehen – fast wie in alten Gefängnisfilmen. In die Wände eingelassen waren hinter Glas zwei ganz schwach beleuchtete Exponate – eines davon die Puppe Ursula.
Information unter der Puppe Ursula:
„Puppe, um 1940
Auf der Flucht in den Schutzraum belasteten sich die Menschen nur mit dem nötigsten: bereitgelegte Papiere, Lebensmittel, etwas Kleidung. Elfriede Kammerer, kurz vor Kriegsbeginn geboren, nahm ihre Puppe mit in den Bunker. „Ursula“ überstand den Krieg und wurde in den 1960iger Jahren neu eingekleidet“.
Nach meinem Empfinden ist es hier mit einfachsten Mitteln und ohne eine einzige Leiche gelungen, perfekt und fast ohne Worte eindrücklich ein Stück des Schreckens von Kriegen zu zeigen – jedenfalls dem Besucher, der sich in dem winzigen „Luftschutzkeller“ darauf einlassen will.
Wie wichtig der Erhalt von Demokratie und Freiheit ist, weiß man spätestens, wenn sie verloren ist. Ursula würde vielleicht sagen: Seid wachsam und mutig, verteidigt die Freiheit und währet den überall um uns herum deutlich sichtbar braunen Anfängen. Deutlich und laut.
http://www.museum-ruesselsheim.de/
Rüsselsheim, Stadtmuseum, 20.01.18.
Nikon D500, Nikkor AF S 2.8/24-70 VR.
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