Düsterer Sonnenaufgang im Karwendel #1
Dieses Bild ist über 13 Jahre alt.
Mir war die Qualität damals zu schlecht, weil ich dummerweise für eine Sonnenuntergangstour auf das Sonnjoch (2450 m) im Karwendel unbesehen meine in ihrer Tasche eingepackte DSLR (damals die Canon EOS 300D) in den Rucksack gesteckt hatte. Erst vor Ort bemerkte ich mit Schrecken, dass das Kitobjektiv (Canon 18-55 mm) aufgeschraubt war! Dieses ließ sowohl in punkto Schärfe als auch der Genauigkeit des Autofokus sehr zu wünschen übrig, so dass mir die Bilder vom frühen Morgen auf dem Gipfel einfach nicht gut genug waren.
Bei ihrer Entstehung stand ein schweres Gewitter Pate. Am Nachmittag vorher war ich in Richtung Sonnjoch aus der Eng aufgestiegen, aber schon am Binssattel wurde ich durch die immer schwereren Wolken gestoppt und gab den Gedanken an den noch eindreiviertelstündigen Anstieg auf den Gipfel des Sonnjochs auf, da wäre ich nie im Leben ungeschoren zurückgekommen. So gab ich mich mit dem Hahnenkampl (2080 m) zur rechten zufrieden. Aber auch da wollte man mich 50 m unter dem Gipfelchen nicht weitergehen lassen, denn es krachte vernehmlich genau über mir und die Mauer der Lamsenspitze sah geradezu schauerlich finster aus.
Also ganz zurück. Dabei ahnte ich schon, dass der nächste Morgen unter dem Rest der schweren Gewitterwolken einen blutroten Sonnenaufgang bringen könnte. Aber sollte ich wirklich jetzt absteigen, heimfahren und spätestens um Mitternacht wieder aufbrechen, um die ganze Tour noch mal rechtzeitig zum Sonnenaufgang auf dem Sonnjoch anzugehen???
Am Binssattel sah ich hinunter zum Gramaialm-Hochleger, der einen Gastbetrieb hatte und meines Wissens auch ein paar einfache Übernachtungsplätze bot. So wollte ich denn meine einzige Chance nutzen und stieg ab zur Alm. Meiner Bitte um Essen und Übernachtung inkl. Ausleihe eines Handtuchs kam man freundlichst nach und so blieb ich. Der Abend brachte dann das fällige schwere Gewitter, das bis weit in die Nacht lärmte; direkt aus der Gaststube waren Blitzeinschläge auf dem Grat zwischen Lamsen- und Schafkarspitze zu sehen.
Glücklicherweise war der Spuk rechtzeitig vorbei und so brach ich um 3:15 Uhr mit der Stirnlampe am Kopf und mit Kamera und Stativ im Rucksack auf und war kurz vor 5 Uhr auf dem Gipfel, der genau das Farbenschauspiel aus restlichem bedrohlichen Gewittergewölk im Westen und dem Sonnenaufgangshimmel im Osten bot, das ich mir so sehr erhofft hatte.
Eine solche Mischung aus herrlichsten Rot- und Orangetönen und düsteren und bedrückenden Schattierungen von Dunkelgrau, Violett und Blau bis Schwarz des abziehenden Unwetters hatte ich vorher noch nie allein am Ende der Nacht auf einem hohen Gipfel erlebt und konnte bei aller Begeisterung für diese Farbenorgie eine deutliche Beklemmung unter diesem geradezu schauerlichen Himmel nicht verhehlen.
Erst jetzt mit deutlich verbesserten Tools der Bildbearbeitung ist für meinen Geschmack akzeptable Qualität aus diesen alten Aufnahmen möglich geworden.
Hier sind die scheinbar teilweise in Flammen stehenden Wände von Grubenkarspitze und den Laliderern zu sehen.
† Richard der Loewe 27/10/2019 0:00
Tolle Stimmung, tolles Bild und dann auch noch ein kleines Lehrbuch über das Verhalten im Gebirg'Richard
Stephan K. 06/10/2019 15:39
Sehr sehenswert, dazu noch eine interessante Geschichte. Die Nachbearbeitung hat sich wirklich gelohnt und es wäre schade wenn so ein Bild einfach im Archiv verschwindet!Gruss Stephan
Martin Kroke 03/10/2019 18:07
Eine gelungene Bearbeitung.VG Martin
Pixel-Andi 03/10/2019 17:16
Was man doch noch so alles herausholen kann. Dazu eine spannende Beschreibung über die Entstehungsgeschichte.LG Andi