Edith Erbrich – Erinnern für die Zukunft 02
Edith Erbrich – eine Überlebende des Holocausts – erzählte auf Einladung des DGB-Ortsverbandes-Weiterstadt und der Albrecht-Dürer- Schule von den Schrecken ihrer Kindheit in der Zeit des Nationalsozialismus.
„Dem Tod nur knapp entronnen
Langen - Es ist eine außergewöhnliche Biografie über eine außergewöhnliche Frau, ein Dokument der Zeitgeschichte, aber auch der Langener Lokalgeschichte: Der Journalist Peter Holle hat die Lebensgeschichte von Edith Erbrich niedergeschrieben.
Die Langenerin ist 1945 der Todesmaschinerie der Nationalsozialisten nur knapp entronnen. Deutschland kurz vor Kriegsende: Aus dem Konzentrationslager Theresienstadt soll Edith Erbrich (damals noch Edith Bär) wie zuvor 44.000 andere Menschen ins Vernichtungslager und in die Gaskammern von Auschwitz verschleppt werden. Theresienstadt galt als „Wartezimmer des Todes“. Und trotz dieser furcht-baren Erfahrung sagt Erbrich: „Ich hab’ das Lachen nicht verlernt.“ Und genau so heißt auch das Buch.
Der Langener Journalist Peter Holle hat lange Gespräche mit Edith Erbrich geführt, ihre eigenen Texte bearbeitet und umfangreiche Recherchen betrieben, beispiels-weise zum KZ Theresienstadt. Überwiegend in Ich-Form erzählt er, wie Edith Erbrich, 1937 als deutsch-jüdisches „Mischlingskind“ im Frankfurter Ostend geboren, als Zweijährige eine Kennkarte mit dem fett gedruckten „J“ (für Jude) verpasst bekommt. Von klein auf muss sie den Judenstern tragen und darf nicht zur Schule gehen.
In Frankfurt fängt das normale Leben an
Bei den schweren alliierten Luftschlägen im März 1944 wird sie mit ihrer Familie ver-schüttet und ausgebombt. Am 14. Februar 1945 – sechs Wochen, bevor die Amerikaner in Frankfurt einrücken – folgt die Deportation ins KZ Theresienstadt, zusammen mit ihrem Vater und ihrer vier Jahre älteren Schwester. Am 8. Mai, dem Tag der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht, wird sie dort von der Roten Armee befreit – für den 9. Mai war sie, das belegen die Akten der SS, für einen Todestransport nach Auschwitz vorgesehen.
Zurück in Frankfurt fängt für Edith Erbrich das sogenannte normale Leben an. Sie geht zur Schule, absolviert eine Ausbildung zur Industriekauffrau und arbeitet in diesem Beruf bis zur Rente mit 60. Als 25-Jährige zieht sie 1963 als eine der ersten Bewohnerinnen nach Oberlinden, erlebt die Geschichte dieses Stadtteils von den Gründungs- und Pioniertagen an und hat auch die international und medienweit Furore machenden Langener Neonazi-Umtriebe (Stichwort: Michael Kühnen) Ende der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre mitbekommen. Über ihre traumatischen Erlebnisse als siebenjähriges Mädchen in Theresienstadt hat sie indes über 50 Jahre lang geschwiegen. Erst nach ihrer Pensionierung 1997 beginnt sie zu erzählen und startet in einen neuen Lebensabschnitt. Seit 2001 tritt Erbrich als Zeitzeugin in Schulen, Jugendzentren und Jugendbildungseinrichtungen auf. Bis jetzt hat sie in 150 Lehr- und Lernstätten vor gut 25 000 jungen Menschen gesprochen. Für ihr Engagement bekam sie 2007 das Bundesverdienstkreuz.
„Ein Buch, das unter die Haut geht“
Holles Lebensgeschichte über Edith Erbrich umfasst 116 Seiten und enthält 52 Abbildungen. Das Buch ist in einer Auflage von 1000 Stück im Neu-Isenburger Verlag edition momos erschienen. Erhältlich ist es zum Preis von 15 Euro unter anderem in den Langener Buchhandlungen. Maßgeblich unterstützt wurde das Projekt durch die Stadt, die Bürgerstiftung, die Stadtwerke und die Sparkasse Langen-Seligenstadt. Bei Holles Recherchen behilflich waren neben vielen anderen der ehemalige Stadtarchivar Herbert Bauch und der Langener Heimatforscher Dr. Manfred Neusel.
Dabei „ist ein Buch entstanden, das unter die Haut geht“, lobt Bürgermeister Frieder Gebhardt. Am Beispiel eines Einzelschicksals werde der unfassbare Rassenwahn der Nazis mit Ausgrenzung, Deportation und Vernichtung vor Augen geführt. Deutlich würden aber auch die großen Verdienste, die sich Edith Erbrich als Zeitzeugin er-worben habe. „Dieses Buch ist weit über die Grenzen unserer Stadt hinaus eine wichtige Lektüre, gerade für die junge Generation“, sagt Gebhardt.
Holle hat bereits ein halbes Dutzend regionalgeschichtlicher Bücher publiziert und schon im Langener Frauenbuch, Band 2, über Edith Erbrich geschrieben. Der 64-Jährige hat früher bei der Frankfurter Rundschau jahrzehntelang über Langen berichtet.“
Offenbach Post, 23.04.14
http://www.op-online.de/lokales/nachrichten/langen/langen-lebensgeschichte-edith-erbrich-3498722.html
Das Foto zeugt den engagierten Vorsitzenden des DGB Weiterstadt: Friedrich Moter.
Weiterstadt, 12.11.14.
Nikon D300, Nikkor AF S 2.8/70-200 VR.
Heinrich Flor 22/11/2014 11:51
Wir haben selber erfahren, wie wichtig Zeitzeugen für dieses Arbeit sind. Leider gibt es immer weniger von ihnen und diese Lücke ist nur sehr schwer zu schließen. LG. Heinrich Flor