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"Eine Wolke in Äthiopien"

"Eine Wolke in Äthiopien"

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Sylvia M.


Free Account, Austria

"Eine Wolke in Äthiopien"

"Eine Wolke zieht sich zusammen, Regen fällt, die Menschen leben; die Wolke löst sich auf, ohne Regen zu spenden und Mensch und Tier sterben".
(Wilfred Thesinger)

Meine erste Äthiopienreise führte mich in den Norden, in ein fantastisches Bergland. Aber natürlich sah ich nur einen kleinen Teil des großen Landes. Ich habe ganz bewusst keine Slums, und auch keine von Lepra, Tuberkulose, Malaria oder Aids entstellten Gesichter fotografiert - sondern die Schönheit eines stolzen Landes mit großer Kultur, das den Anschluss an das 21. Jahrhundert sucht. Äthiopien ist ein Land, das bei geringen Störungen schnell aus dem Gleichgewicht kommt. Es ist ein Land, dessen Menschen zumeist hart um ihr Überleben kämpfen müssen. Die Lebensenergie vieler geht völlig auf in der Nahrungsmittelproduktion oder -beschaffung. Die Jungen, die zum Teil unglaublich wissbegierig sind, hervorragend Englisch sprechen , wissen um ihre sehr begrenzten Chancen. Umso erstaunlicher ist es, mit welchem Gleichmut und welcher Gelassenheit die Menschen ihr Schicksal zu ertragen scheinen. In vielen Dörfern gibt es kein fließendes Wasser, keinen Strom, keine Gesundheitseinrichtungen, nichts. Viele Menschen haben nur die Kleider, die sie tragen, zerfetzt und verdreckt, ebenso wie ihre Haut, da es kaum Wasser zum Waschen gibt. Dieses Ausmaß an Armut übertrifft bei weitem alles, was ich bisher in anderen Ländern gesehen habe. Reich ist in Äthiopien, wer ein paar Tiere hat, meist Ziegen, Hühner und ein paar Kühe, aber trotzdem unter schwierigsten Bedingungen lebt. Arm sind jene, die keinerlei Möglichkeit haben, ihre Ernährung autonom zu bestreiten. Die Unternährung ist chronisch. Es mangelt an Nährstoffen, da sich die Ernährung auf mit verdrecktem Wasser zermatschte Maiskörner beschränkt. Auf den kleinen lokalen Märkten findet man mit etwas Glück ein paar Tomaten, Kartoffeln, Zwiebeln, Bananen, Orangen.
Soziale Armut gibt es in Äthiopien nicht. Ein Dorf ist wie eine große Familie, eine gelebte Solidarität, die über jedes westliche Verständnis hinausgeht.

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