… erscheinung …

… erscheinung …

weiß sah ich einen engel vor mir stehn.
sein flug so blendend hatte sturmeswehn.
und fernen meereslärm zur ruh gebracht.
– „was willst du, engel, tun in dieser nach?"
rief ich. und er: „ich will die seele dein."
mir schien, was bang ich sah, ein weib zu sein,
und wehrend streckt ich meine hände hin
und schrie: „was bleibt mir, denn du willst ja fliehn."
– doch schweigen nur. der himmel, schattentief,
erlosch … – „nimm meine seele du", ich rief,
„sag, welchem orte trägst du sie denn zu?"
– noch immer schweigen. – „himmelsbote du,
bist du der tod, sprich, bist du leben gar?"
– da, reich von nacht mein herz auf einmal war.
und sich umdunkelnd, schöner doch als licht:
„ich bin die liebe!" jetzt der engel spricht.
im dunkel sah ich seiner augen glanz
und durch sein schwingenpaar der sterne kranz.
[Victor Hugo]

Vienna 06.04 · Hernalser Friedhof · digital erstellt · O-bilddateigröße · ebb: per me
& mit herzlichem Dank an Harry B.P. Jaeger für einen wundervollen Nachmittagsspaziergang