[es darf bloß nicht hier passieren...]
moment.aufnahmen in bild und text.
teil II
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Ich weiß nicht, ob ich hingehen soll. Das Warten ist dort doch gleich oder nicht?
Anderthalb Stunden bis zur nächsten Infusion. Dazwischen dieses Gefühl, dass sich gleich der Magen umdreht. Wir fliegen zum Mond und erkunden den Mars. Mein Telefon kann mittlerweile fotografieren. Wieso erfindet niemand Medikamente, von denen mir nicht speiübel wird?
Es wäre schlau, auf dieser Liege zu bleiben. Andererseits hat es immer was von Krankenhaus. Super Gedanke, ich BIN in einem Krankenhaus. Das ist spätestens an diesem ätzenden Neonlicht nicht zu übersehen. Kalt ist es hier. Damit die Infusionen nicht zu großen Temperaturschwankungen ausgesetzt werden. So wurde es hier mal erzählt. Ich glaube eher, die Klimaanlage ist defekt und es hat mal wieder niemand Geld, sie zu reparieren. Ich schließe die Augen und gebe mich dem Gedankenfluss hin, lasse mich treiben. Als die jammernde Stimme von Bernd dem Brot zu mir dringt, setze ich mich auf und weiß, dass ich die nächsten 90 Minuten hier nicht verbringen kann. Bernd denkt, er stirbt in den nächsten Wochen. Er denkt das mindestens, seit ich ihn kenne. Also seit ungefähr 5 Jahren. Er hat sich zwangseinweisen lassen. Ich wusste nicht mal, dass das auch in einem Krankenhaus funktioniert. Was mich wieder zur Frage bringt, was mache ich hier? Ich will nicht dran denken. Routine-Einsatz.
Ich gehe los. Langsam. Bloß keine unnötigen Erschütterungen. Ich komme mir vor, wie in einem Film. Ich gehe auf diese doppel-Automatiktür zu. Wie still es hier ist. Es fällt mir wieder auf. Ich zögere kurz, als ich merke, dass sich die Tür nur von innen automatisch öffnet. Ansonsten wäre ich einfach weiter gelaufen. So müsste ich ja aktiv eintreten. Es hängt nicht mal ein Schild an der Wand, was sich dahinter verbirgt. Das ist kein gutes Zeichen. Das bedeutet, alle, die da hineingehen, wissen, was dort ist. Niemand sucht diesen Bereich. Ich denke an das Mädchen neulich. War es vorgestern? Oder ist es schon länger her? Immer, wenn ich in diesen Gebäuden bin, scheint sich mein Zeitgefühl komplett zu verabschieden. Ich sehe den Stuhl an. Mir ist so übel. Schnell hinsetzen. Ruhig atmen. Es darf bloß nicht hier passieren. Die Schwestern können echt ungemütlich werden, wenn man ihnen in den Flur kotzt.
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Tina O 21/09/2008 23:34
die bilder sind anlass zu reden, nachzufragen. anmerkungen sind keine einbahnstrasse.ich kenn das gefühl, die situation nicht. aber durch deine bilder und insbesondere die worte beginne ich langsam, einen kleinen einblick zu bekommen in das, was so viele erleben und worüber fast niemand spricht, danke dafür
Zwei AnSichten 21/09/2008 21:39
Mir geht es wie Herrn Wilson ...lg Ingrid
Nel 21/09/2008 18:46
… es gibt eine Einsamkeit, die für einen „Unversehrten“ niemals nachvollziehbar sein wird - egal wie sehr er sich doch „kümmern“ und Anteil nehmen möchte…Deine Worte führen genau dorthin... und wecken sorgfältig verdrängte Erinnerungen... aber das ist gut so...
Herr Wilson 21/09/2008 13:57
ich kenne den hintergrund deiner serie nicht. ich weiß nicht ob du selber oder einer deiner angehörigen betroffen ist. ich weiß nur das ich mir bei diesen bilder und den texten einen leichten tränenfilm in den augen schwer verkneifen muß.Nicole Eckert 21/09/2008 13:23
Tim E. Schneider 21/09/2008 13:15
Norbert H. 21/09/2008 13:12
Verzeih mir bitte, wenn ich wieder nur ein einfaches*
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