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Es weihnachtet sehr .... eine etwas andere "schräge" Geschichte.

Es weihnachtet sehr .... eine etwas andere "schräge" Geschichte.

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Guido Karp


Premium (World), Los Angeles

Es weihnachtet sehr .... eine etwas andere "schräge" Geschichte.

Jeder kennt sie - die Massenmails mit Jokes, die einen so jeden Tag erreichen. Manchmal lustig, manchmal weniger.

Die Tage erreicht mich ein solches Mail mit einem Foto des Herrn M., das ich hier jetzt aus rechtlichen Gründen nicht zeigen mag. Statt dessen haben Michael Kölsch und ich schnell ein eigenes Foto gemacht.

Die Story an sich ist wenig weihnachtlich:

Dies ist die Geschichte des Herrn M aus Aretsried, das liegt in Bayern, also ganz im Süden. Der Herr M. ist ein Unternehmer. Und das, was in den Fabriken von Herrn M. hergestellt wird, habt ihr sicher alle schon mal beim Einkaufen im Supermarkt gesehen.

Der Herr M stellt nämlich lauter Sachen her, die aus Milch gemacht werden. Naja, eigentlich stellen die Kühe die Milch her, aber der Herr M verpackt sie schön und sorgt dafür, dass sie in den Supermarkt kommt, wo ihr sie dann kaufen könnt.

Die Sachen, die der Herr M herstellt, sind so gut, dass sogar der Herr Bohlen dafür Werbung gemacht hat.

Weil der Herr M ein Unternehmer ist, hat er sich gedacht, er unternimmt mal was und baut eine neue Fabrik. Und zwar baute er sie in Sachsen, das ist ganz im Osten.

Eigentlich braucht niemand eine neue Milchfabrik, weil es schon viel zu viele davon gibt und diese viel zu viele Milchprodukte produzieren, aber der Herr M hat sie trotzdem gebaut.

Und weil die Leute in Sachsen ganz arm sind und keine Arbeitsplätze haben, unterstützt der Staat den Bau neuer Fabriken mit Geld.

Arbeitsplätze hat man nämlich im Gegensatz zu Milchprodukten nie genug.

Also hat der Herr M einen Antrag ausgefüllt, ihn zur Post gebracht und abgeschickt. Ein paar Tage später haben ihm dann das Land Sachsen und die Herren von der Europäischen Union in Brüssel einen Scheck über 70 Millionen Euro geschickt. 70 Millionen, das ist eine Zahl mit sieben Nullen, also ganz viel Geld. Viel mehr, als in euer Sparschwein passt.

Der Herr M hat also seine neue Fabrik gebaut und 158 Leute eingestellt.

Hurra, Herr M!

Nachdem die neue Fabrik von Herrn M nun ganz viele Milchprodukte hergestellt hat, hat er gemerkt, dass er sie gar nicht verkaufen kann. Denn es gibt ja viel zu viele Fabriken und Milchprodukte.

Naja, eigentlich hat er das schon vorher gewusst. Auch die Herren vom Land Sachsen und der Europäischen Union haben das gewusst; es ist nämlich kein Geheimnis. Das Geld haben sie ihm trotzdem gegeben.

Ist ja nicht ihr Geld, sondern eures. Klingt komisch, ist aber so.

Also, was hat er gemacht, der Herr M?

In Niedersachsen, das ist ziemlich weit im Norden, hat der Herr M auch eine Fabrik. Die steht da schon seit 85 Jahren und irgendwann hatte der Vater von Herrn M sie gekauft. Weil er jetzt die schöne neue Fabrik in Sachsen hatte, hat der Herr M die alte Fabrik in Niedersachsen nicht mehr gebraucht, er hat sie geschlossen und 175 Menschen haben ihre Arbeit verloren.

Wenn ihr in der Schule gut aufgepasst habt, dann habt ihr sicher schon gemerkt, dass der Herr M 17 Arbeitsplätze weniger geschaffen hat, als er abgebaut hat. Dafür hat er 70 Millionen Euro bekommen.

Wenn ihr jetzt die 70 Millionen durch 17 teilt - dafür könnt ihr ruhig einen Taschenrechner nehmen - dann wisst ihr, dass der Herr M für jeden vernichteten Arbeitsplatz über 4 Millionen Euro bekommen hat.

Da lacht er, der Herr M - natürlich nur, wenn niemand hinsieht.

Ansonsten guckt er ganz traurig und erzählt jedem, wie schlecht es ihm geht.

Aber der Herr M sitzt nicht nur rum, sondern er sorgt auch dafür, dass es ihm besser geht.

Er ist nämlich sparsam, der Herr M . . .

Sicher kennt ihr die Becher, in denen früher die Milch von Herrn M verkauft wurde. Die schmeckte gut und es passten 500 ml rein. Das ist ein halber Liter. Seit einiger Zeit verkauft der Herr M seine
Milch aber in lustigen Flaschen, nicht mehr in Bechern. Die sind praktisch, weil man sie wieder verschließen kann und sehen hübsch aus. Allerdings sind nur noch 400 ml drin, sie kosten aber genauso viel wie vorher die Becher.

Da spart er was, der Herr M - und sparen ist eine Tugend, das wissen wir alle.

Wenn ihr jetzt fragt, warum solche Leute wie der Herr M nicht einfach an den nächsten Baum gehängt werden, dann muss ich euch sagen, dass man so etwas einfach nicht tut - und außerdem ist ja gerade Weihnachten, da macht man sowas zweimal nicht.

Wenn ihr aber das nächste Mal im Supermarkt seid, dann lasst doch einfach die Sachen vom Herrn M im Regal stehen und kauft die Sachen, die daneben stehen. Die schmecken genauso gut und sind meistens billiger. Vielleicht wurden sie ja auch von einem Unternehmer hergestellt, der nicht einfach Leute rauswirft, obwohl er Geld gekriegt hat um welche einzustellen.

Ach übrigens, da fällt mir ein, der Herr M will auch Erbschaftsteuer sparen und hat daher beschlossen, seinen Wohnsitz nach Österreich zu verlegen.

***

Auch ich bin ein Unternehmer, und muss demzufolge unternehmerisch denken. Dabei bemühe ich mich, aber immer auch "die anderen" nicht zu übersehen. Man muss nämlich heutzutage ein
bissl aufpassen, dass man nicht zynisch wird, wenn man so guckt, was wir so machen mit unserer "Geiz ist geil"-Mentalität. Was bin ich froh, dass ich KEIN Reisebüro oder Autohaus habe, in dem mich täglich besonders schlaue Menschen besuchen, meine Zeit, Prospekte und was weiss ich nehmen, und dann dort kaufen, wo es nen Groschen billiger ist.

Kommen wir zurück zu Weihnachten: Unmittelbar nach Erhalt der obigen Geschichte war ich auf dem weg zum Fotostudio. Im Radio kam wieder so eine Story, in der sich ein Unternehmen ob der Rekordgewinne feiert aber trotzdem 20.000 Mitarbeiter entlässt. Ich habe darauf hin meine Versicherungen bei diesem Unternehmen (mit großem A vorne) gekündigt, und mein Handy an meinen Mitarbeiter Marco neben mir gereicht, mit dem Hinweis: Sie sind dran. Er guckt mich fragend an - was ihn das denn angehe.

Ich: 20.000 Leute - die nächstes Jahr mit Zukunftsängsten nicht ins Konzert gehen. Ihre paar Kröten sparen müssen. Angst vor Hartz IV haben. Und ganz bestimmt keine Konzertfotos bei FansUNITED kaufen. Und SIE kriegen deshalb kein Weihnachtsgeld.

So einfach ist das. Jetzt IHR.




Location: Münzplatz Koblenz, vor der Pudel Lounge. Und natürlich: IXUS 9, mit allen Automatik-Einstellungen, die es gibt.
EBV: IXUS. Fc-Komprimierung: die fc, wer sonst.



Und vergessen zu drehen. Ich Idiot. Trotzdem frohes Fest.

Commentaire 51

  • LaFeeNoire 06/07/2010 16:50

    Ach da ist Milch in den Flaschen? Ich dachte, nur flüssiger Zucker. Ich verabscheue das Produkt aber nicht nur deshalb seit Jahren, sondern auch aus den o. g. Gründen von Guido. Hier für mich heute der Michael Moore der FC ;-)
    Danke für Dein Statement, ich unterschreibe!
  • Bianca Neve 28/03/2009 18:37

    Auch wenn die Geschichte nun schon etwas her ist, ist sie doch immer noch hochaktuell und ich finde es gut, wenn sich viele gegen diese Ungerechtigkeiten wehren. Wir haben das Glück, unsere Milch direkt beim Bauern oder auch mal beim Bioladen in der Nähe kaufen zu können - ebenso wie viele andere Lebensmittel und das "schon immer".

    Das Bild passt gut - und gehört natürlich so schräg - wie der Bildtitel ja sagt ;-)

    LG Bianca
  • °XoMi° 10/04/2007 19:19

    grade erste gelesen, aber damals auch live miterlebt...kaufe schon lange nicht mehr bei herrn m und werds auch sicher nicht wieder tun...

    micha
  • Werner Gräf 30/12/2006 13:31

    Hi Guido,

    beim Betrachten des Bildes dachte ich, dass sieht doch aus wie in Koblenz. Und tatsächlich, unten steht Münzplatz. Ist ja klasse, dass du dich auch noch dort aufhällst. Der Text ist klasse, aber ist das tatsächlich so??? Kaum zu glauben. Oder ist es eher als Geschichte zum drüber nachdenken zu sehen?
    Hier und Heute ist ja alles möglich.

    Trotzdem, einen guten Rutsch und ein weiteres erfolgreiches Jahr.

    Werner
  • ARJE Photography 29/12/2006 5:58

    gute Geschichte und Hinweis!

    VG Arje
  • Guido Karp 26/12/2006 11:18

    Danke danke danke für die vielen Anmerkungen.

    Tatsächlich lerne ich gestern, dass das Unternehmen mit "A" so eine Flut von zumindest angedrohten Vertragskündigungen erhalten hat, dass die Situation neu überdacht wird. Dies liegt sicher nicht an meinem Foto - sondern dass ich offensichtlich nicht alleine dastehe mit meiner Meinung - und es doch zu etwas führt, wenn jeder für sich aufsteht und einsteht für das, was ihm wichtig ist.

    Michael: grundsätzlich ist das alles OK, so lange Du nicht im Vorfeld oder danach beim Handel irgendwelche Informationen oder einen Service einforderst. Jeder soll da kaufen, wo er sich gut aufgehoben fühlt. Unfair wird es dann, wenn sich Kunden bei Händler X umfangreich beraten lassen und dann bei Y kaufen - was leider sehr die Schule macht und für mich menschlich völlig inakzeptabel ist.

    Liebe Grüße Guido
  • ollishow 26/12/2006 5:41

    wenn jeder seine kleinen rädchen dreht, dreht sich auch das grosse rad...

    aber "geiz ist geil" ist geiler, know-how beim fachhandel ziehen und dann im mediamarkt kaufen....

    dir alles liebe

    olli
  • Marcus Barduhn 25/12/2006 14:20

    Ich stimme Dir in allen Punkten zu.
    Das schlimme ist das diese Leute hier in Deutschland alles dürfen. Ich erinnere mal an die Drei Großen, die vor einigen wochen sich freigekauft haben. Zufällig ist einer davon der jenige, der als Vorstandsvorsitzender trotz Rekordgewinnen seines Unternehmens, Menschen die Existenz ruiniert. Diese drei konnten sich Freikaufen mit ein Paar Milliönchen. Das ist aber so als ob man mir 20€ aus dem Geldbeutel klaut. Und das schlimme ist, das ich dadurch das Vertrauen in die Justiz verloren habe.
    Wer Geld hat, hat Recht. Von wegen Justizia ist Blind.
    Wenn ich mal Steuern hinterziehe und Geld veruntreue
    gehe ich direkt in den Bau. Andere gehen erst über Los.
    (Nur so am Rande)
    Das es auch anders gehen kann hat der Richter beim Schiedsrichterskandal bewiesen. Hut ab vor diesem Menschen.Solche Beispiele stärken langsam mein vertrauen wieder.

    Der Staat schaut zu. Aber das ist ja nichts neues. Unsere gewählten "Volksvertreter" werden ja durch die Wirtschaft gesteuert. Lobbyismus pur.

    Ein bischen MEHR Soziale Verantwortung der Unternehmer wünschte ich mir.

    In diesem Sinne wünsche ich Dir ein geruhsames und fröhliches Weihnachtsfest und halte an deinen Prinzipien fest.

    Gruß
    Marcus
  • Michael Carl Dean 25/12/2006 0:28

    Tja, allein schon wegen der Thematik ist dieses Bild bei mir der Favorit schlechthin, mindestens für 2007, evtl. auch länger...

    ;-)
  • FotoManie 24/12/2006 22:54

    hallo Guido,
    eine geschichte die mir das zeigt was ich in dir vermute.
    einen bodenständigen menschen, der auch für andere eintritt, der nicht alles hinnimmt, der auch mal unbequem werden kann wenn es um andere geht, und nicht mal wieder um einen selbst.
    das wir selbst uns alle am nächsten sind ist nicht von der hand zu weisen. trotzdem finde ich es den richtigen zeitpunkt, das richtige bild und den richtigen text an einer stelle, die beachtung findet.
    in diesem sinne, nicht nur dir sondern allen die es gern annehmen: ein gesegnetes fest und mögen sich eure wünsche erfüllen und eure ängste sich in luft auslösen.
    lg manfred
  • Dennis Suitner 24/12/2006 21:09

    Genau mein Reden!
    Klasse Story!

    Frohes Fest!
  • Markus~T. 24/12/2006 20:27

    Hallo Guido,

    die M-Geschichte ist zwar schon alt, aber trotzdem
    eine Riesensauerei!

    Ich komsumiere schon seit Jahren keine M-Produkte
    mehr u. a. auch aus diesem Grund:
    http://www.greenpeace.de/themen/gentechnik/nachrichten/artikel/erneute_schlappe_fuer_mueller_milch/

    @Karola, Uwe
    Mit Verträgen mit einjähriger Laufzeit ist man einfach flexibler :-)

    Trotz alle dem, schöne Festtage und 'nen Guten Rutsch!

    LG, Markus...
  • Daniela W-T 24/12/2006 16:36

    ein wunderschönes Weihnachtsfest wünsche ich auch Dir

    ein liebes Lächeln Danie

    ich wünsche allen ein frohes Weihnachtsfest
    ich wünsche allen ein frohes Weihnachtsfest
    Daniela W-T