Etwas zum Träumen...
1975 konnte man in Österreich noch täglich Bahnfahren ursprünglich und mit allen Sinnen erleben. Selten habe ich mich trotz der Geschwindigkeit während einer Reise so naturverbunden gefühlt, wie mein Blick von der Bank des Spantenwagens beweist.
Das Szenario, dass man während der Fahrt noch nicht einmal mehr ein Fenster öffnen kann, hätte ich mir damals in meinen schlimmsten Träumen nicht ausgemalt. So genoss ich die Freiheit auf den Sitzbänken, wo man sich auch ausstrecken konnte und die warme Sommerluft durchflutete den Wagen.
Wir haben Viel verloren! Der angebliche Fortschritt – die Geschwindigkeit, die ständige Erreichbarkeit, die ständige Bespaßung ist unmenschlich und gaukelt uns nur virtuell ein angenehmes soziales Leben vor!
Nutzen haben mehr das Kapital und die Konzerne, die schnell und befristet auf unsere Arbeitskraft zugreifen können, mit Gebühren und Werbung immer größer werden... – alles ein überdimensioniertes Millionengeschäft, egal ob Google oder Fussball.
Ruhe und Erleben des Ursprungs sind verloren gegangen, wie die Fahrt am 29. Juli 1975 durch's Gesäuse.
Roni Kappel 27/04/2016 15:57
Hallo!Starke Impression! :-)
lg,
Roni
okok 26/04/2016 19:32
Wie wahr, wie wahr, schreibst du, Maschinensetzer!Dieses Foto ist eine echte, persönliche Fotografie. Es ist ein Blick hinaus, ein Gefühl, ein Lebensgefühl, das uns gründlich abhanden gekommen ist.
Und die Ursache des Abhanden-gekommen-Seins hast du auch treffgenau genannt: In unserer "schönen neuen Welt" geht es nur um den Profit Weniger und die Verarschung Vieler. Leute wie T. Jüngling stehen an der Front und müssen den Schlamasel des ewigen Sparens ausbaden (Zitat:Ich sollte am nächsten Tag noch stinken..); danken tut es ihm keiner! Gehalt? Mitsprache eines Experten? Fehlanzeige!
Die Welt der Menschen geht daneben, wenn wir sie in Form von Expertentum und Jugendwahn (so wird uns das in den Zeitungen täglich präsentiert) permanent neu erfinden und "verbessern" wollen. Menschen sind keine Tiere: Wir können nicht nur "Zukunft" denken, wir können sogar "Vergangenheit " denken.... und sollten aus ihr lernen...
Dieses Foto ist kein Kunstwerk, wie ich es sonst von deinen Fotos kenne. Aber es ist das Statement/die Aussage eines Künstlers.
Von Herzen Dank dafür
Thomas Jüngling 26/04/2016 18:51
Der Text spricht mir aus der Seele. Dieses Gefühl kenne ich nur noch von Museumsbahnen...Kürzlich saß ich auf dem Weg Richtung Leipzig in einem Steuerwagen, der sich plötzlich mit Rauch füllte - eine feste Bremse sorgte beinahe für Panik. In letzter Sekunde erbarmte sich die Zugbegleiterin, mit ihrem Vierkantschlüssel zwei winzige Fenster anzukippen. Ich sollte noch am nächsten Tag verbrannt stinken. Dann lieber polternde Wagen mit offenen Fenstern und Dampflok davor!
Gruß Thomas
makna 26/04/2016 10:56
Ruhe und Erleben der Ursprünglichkeit: Voll getroffen !!!
Freilich: Was mag der Postkutschenfahrer sich 1840
gedacht haben, als er der stinkend-qualmenden
neuen Bahnzeit gewahr wurde ?!
Meine Großmutter berichtete aus ihrer Kindheit
(also zwischen 1893 und 1900) von einem
alten Herrn, der in Baudach schwankend
aus dem Dorfgasthof kam und, seinen
Stock erhoben, dem Denkmal zurief:
"Großer Kurfürst, komm herunter -
hier wird's alle Tage bunter!"
BG Manfred
C. Kainz 25/04/2016 22:19
Ich bin ganz bei Dir ! Und sehr ehrenhaft von dir, dass du zur Analogzeit solche experimentellen Ansichten realisiert hast !
Die Seitenfester auf der Lok sind noch der letzte Rest selbstbestimmter Freiheit im Zug ...
lg, Christoph
Klaus Kieslich 25/04/2016 21:46
In Deinen Gedanken is sehr viel Wahrheit,die Bildidee is klasseGruß Klaus
Dieter Jüngling 25/04/2016 21:45
Da beginnt sofort die Erinnerung an die 50er Jahre.Vorn am Zug faucht eine P8 mit 50 Sachen zwischen Langensalza und Gotha.
Und Ich? Na klar, auf der Plattform, einfach zuhören und Dampf schnuppern!
Gruß D. J.