Astrid Wiezorek


Premium (World), Gera in Thüringen

Für Oscar

Sie kommen auf besonders leisen Pfoten, die Streunerle, wie aus dem nichts sind sie plötzlich da. Schon lange zuvor peilen sie die Lage und spionieren die Umgebung aus. Sie sind scheu und immer auf der Hut. Beim kleinsten Zeichen der Gefahr ergreifen sie die Flucht, um sich dann erneut von der anderen Seite wieder anzuschleichen. Sie wägen alles genau ab und beobachten sehr gut: „Wer wohnt hier, was sind das für Menschen. Klingen ihre Stimmen freundlich und weich, oder schroff und hart. Gibt es noch andere Tiere, und wenn ja, könnten sie mir gefährlich werden, oder sind sie mir unterlegen. Wie kommt man am besten ins Haus, wo ist der Eingang und wo der Notausgang. Wie groß ist der Garten, wo kann ich mich verstecken und wo werde ich gesehen. Könnte dies meine neue Heimat werden, oder halte ich mich von diesem Ort lieber fern. Bekomme ich hier Futter oder jagt man mich davon.“ Sie sind auch nicht täglich da, die Streunerle. Nein, sie lassen sich Zeit. Sie kommen und gehen und verraten nicht was sie vorhaben. Wenn sie uns dann auffallen und wir beginnen uns um sie zu kümmern, ziehen sie alle Register. Sie würden so gerne das herausgestellte Futter stibitzen und sie hätten auch gerne einen warmen Schlafplatz. Sie wünschten sich, dass sie gestreichelt und geliebt werden, aber ihr Instinkt traut dem Frieden noch lange nicht. Da wird gefaucht und geknurrt und wenn die Falle doch zuschnappt, weil man nur den Leckerbissen sah und vor lauter Hunger nicht aufgepasst hat, werden auch die Krallen ausgefahren. Meist bringt man sie dann erst einmal in die Tierklinik. Es könnte ja sein, dass sie gechippt sind und schon Dosies haben. Dies ist aber sehr selten der Fall. Und so holt man das Streunerle am nächsten Tag wieder von der Tierklinik ab, wo inzwischen dafür gesorgt wurde, dass es keinen Nachwuchs mehr zeugen oder gebären kann. Man lässt sie wieder frei, in der Hoffnung sie bleiben. Nun beginnt der eigentliche „Kampf“, denn einerseits hofft man auf baldiges Vertrauen, aber anderseits weiß man genau, dass man sehr viel Geduld haben muss. Und Liebe. Liebe ist ganz wichtig für die Streunerle. Gerne hätte man etwas mehr über sie gewusst. Zum Beispiel wie alt sie sind, oder woher sie kommen. Wo sie früher lebten und wieso sie dort nicht bleiben wollten. Man erhält aber keine Antwort, die Streunerle verraten nichts. Die Zeit arbeitet dafür oder dagegen und wenn sie dafür arbeitet, hat man gewonnen. Langsam, ganz langsam, fassen die Streunerle Vertrauen. Sie sind nun täglich zu sehen und nicht mehr auf der Flucht. Sie sitzen auf der Terrasse und legen sich sogar schon mal auf die Gartenbank. Mit durchdringenden und zu Herzen gehenden Blicken verfolgen sie dich, bei allem was du tust. Dann dauert es meist nicht mehr lange und du darfst ihr Fellchen berühren. Sie lassen sich von dir das erste Mal streicheln. Glück, dass man nicht in Worte fassen und nicht mit Geld bezahlen kann. Ganz vorsichtig setzen sie Pfote für Pfote und folgen dir hinterher bis ins Haus. Immer noch mit gespannter Haltung, Sprungbereit, aber nicht mehr ganz so ängstlich. Und auf einmal kommst du ins Zimmer und sie liegen bei dir auf der Couch, die Streunerle, die vor noch gar nicht so langer Zeit wild und bissig waren. Jetzt schnurren sie und strecken alle Viere davon, als wäre es das normalste der Welt. Nun hast du es geschafft. Du hast einen neuen Fellfreund. Einen, der dich immer lieben wird. Einen, der genau weiß woher er kam. Einen, der nicht mehr von deiner Seite weicht, weil er Angst hat, wieder fortgeschickt zu werden. Einen, der nur dankbar und lieb ist. Du hast einen Freund fürs Leben. So sind sie, die Streunerle. Ganz tief haben sie sich in dein Herz geschlichen. Jetzt hast du alle Sorgen vergessen. Das ist der Lohn für deine Mühe. Du fühlst nichts weiter als Freude. Du hoffst, dass sie für immer bei dir bleiben und denkst nicht im Traum daran, dass sie dich eines Tages wieder verlassen könnten. Du bereitest ihnen ein wundervolles Leben, du tust alles, damit es dem Streunerle nun endlich gut geht. Du schenkst ihnen nicht nur ein Zuhause, nein, du schenkst ihnen dein Herz. Plötzlich werden sie zu deinem Lebensmittelpunkt. Du weißt das, obwohl du es nie zugeben würdest. Und dann kommt der Tag, der dein ganzes Leben verändert. Der Tag an dem sie dir fortgenommen werden, die Streunerle. An diesem Tag bricht alles zusammen. An diesem Tag dreht sich die Welt nicht mehr weiter. An diesem Tag fühlst du nichts mehr. Diesen Tag wirst du nie vergessen, denn an diesem Tag bist du selber gestorben. Du brauchst Zeit um alles zu verarbeiten. Es wird lange dauern. Dein Streunerle ist tot, aber in deinem Herzen lebt er weiter, für IMMER.

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Mach`s gut mein Schatzi, ich werde dich immer lieben!
Mach`s gut mein Schatzi, ich werde dich immer lieben!
Astrid Wiezorek


Commentaire 17

  • Gudrun und Johannes 26/06/2023 10:49

    Ihr hattet eine wunderbare Zeit.
    Oscar bei Dir, liebe Astrid und Steffen - und ihr mit ihm.
    Eine Zeit mit vielen glücklichen Momenten. Sie war nur zu kurz, diese Zeit.
    Wenn ich die Fotos von ihm anschaue und seine Maunzgeschichten lese, kommen auch mir immer wieder die Tränen. Er war ein ganz besonderer Kater.
    Ich schicke Dir liebe Grüße und einen Umärmler
    Gudrun
    • Astrid Wiezorek 26/06/2023 11:44

      Ja, eine wunderbare Zeit hatten wir. Ich hätte Oscar nicht einsperren können, dachte aber, er ist so klug er passt an der Straße auf. Und er kam ja auch von draußen. Wir werden es nicht mehr erfahren, welcher Idiot da wieder wie ein Bekloppter gerast ist. Bei uns gilt immer noch Tempe 50 km/h, aber wir wohnen halt schon am Ortsausgang. Schlimm ist nur, dass der jenige keinen Arsch in der Hose hatte und den Unfall NICHT gemeldet hat. Sei es bei der Feuerwehr, oder bei der Polizei oder im Tierheim. Da hätten wir Oscar nämlich gleich gefunden und nicht erst in so einem verwesten Zustand voller Maden. Er war ja geschippt. Jetzt habe ich immer dieses schreckliche Bild von ihm im Kopf und dass ist einfach nur schrecklich. So einen Anblick wünsche ich keinem Tierbesitzer. 
      LG Astrid
  • Brigitte Niestrath 20/06/2023 22:49

    Liebe Astrid !
    Ich hätte im Traum nicht daran gedacht, das mir das so nahe geht, das dieses kleine Katerle nicht mehr da ist, wirklich !
    Wie schwer muß es dir gefallen sein, diese Collage zu erstellen !
    Es tut so schrecklich weh, ich muß dauernd an ihn denken !
    Das Bild mit seinem Herzchen auf dem Bäuchlein, ......zu süß !!!!!!
    Grüße von Gitti
  • Alfons Mühlegger 20/06/2023 18:36

    Ach Astrid es tut mir so leid und im Herzen weh das Oscar gehen musste ich kann es immer noch nicht begreifen,
    So schöne Bilder von Oscar ich kann dich so gut verstehen,
    Stille Grüße Alfons
  • Tekla-Maria 19/06/2023 23:21

    Deine Worte sind so ergreifend - berührend - und so wahr!
    Meine Leni wurde auch überfahren....habe sie tagelang gesucht...hab Suchplakate ausgehangen. Darauf klingelte der Bauhof und sagte mir, dass sie tot ist -  sie lag auf der Straße.....Ich war so traurig und meine Freundin hat mich getröstet. Am nächsten Morgen rief sie mich an - ich soll kommen. Ihre Katze hatte in der Nacht ein Junges bekommen. Den hat dir die Leni geschickt, sagte sie. Ich bin überzeugt, dass das stimmt. Er war ein wunderbarer Kater....Leider musst ich auch ihn gehen lassen - er hatte Krebs.....
    Also sei offen, falls Oscar dir ein Kätzchen schickt.....
    Freddy
    Freddy
    Tekla-Maria

    herzliche Grüße und fühl dich umarmt
    Sonja
  • Heide G. 19/06/2023 17:39

    ich hatte auch immer nur Streunerles, und sie waren meine besten Freunde -
  • lakaro 19/06/2023 14:26

    Liebe Astrid, was Du oben Wort für Wort erzählst und beschreibst, das könnte wirklich nur von einem Streunerle beschrieben worden sein. Dermaßen durchlebt und einfühlsam, dass mir die Tränen kommen - was müssen diese Miezen alles erfahren und gefühlt haben, bis sie bereit waren, sich vertrauensvoll an ihren neuen Menschen zu schmiegen.
    Gerade gestern habe ich bei Dir in Oskars Bildern seine Geschichte verfolgt, jetzt zeigst Du die schönste Auswahl davon als bleibende Erinnerung. Es ist so traurig und unbegreiflich - was mag Dich trösten?
    Ich denke an Dich und fühle mit.
    Herzliche Grüße Irmtraud
  • Corinna Lichtenberg 19/06/2023 12:49

    Eine ganz wunderbare Erinnerung hast du aufgeschrieben und dazu die schönen Bilder von deinem Streuner Oscar zusammengestellt! Natürlich wird er immer in eurem Herzen bleiben und vielleicht schickt er dir einen neuen Streuner. Es wird ein anderer sein und er wird die Gedanken an ihn nicht verdrängen können, Aber ich bin mir sicher, Oscar hätte es so gewollt. Ich kann es dir so nachempfinden, Mein kleiner Mio hatte nur zwölf Wochen Zeit bei mir und hat sich dennoch ganz tief in mein Herz geschlichen. Nun liegt er unter einer Rose unter der auch Emmy liegt und manchmal geht Mia dorthin und bleibt lange davor davor stehen. Ich bin mir sicher, Mio hat mir Mia geschickt. Ich wollte keine Katze mehr, ich konnte mir nicht vorstellen wieder jemand in mein Herz zu lassen, aber es ist anders gekommen. Ich glaube dass ganz viele die Oscar kannten, ob persönlich oder nur von deinen Geschichten, ihn sehr vermissen werden. Auch ich denke sehr viel an Euch und hoffe, dass Ihr bald getröstet werdet!
    Ganz liebe Grüße und auch traurige Grüße
    Corinna und Mia
  • Moni R 19/06/2023 12:35

    Das ist sehr liebevoll geschrieben und eine schöne Zusammenstellung.
    Im Herzen leben sie weiter, nur das zählt.
    LG Moni
  • Lieselotte D. 19/06/2023 10:27

    Liebe Astrid. Da hast du deinem Oscar einen wunderschönen Nachruf geschrieben.
    Ich werde seine Briefchen und Karten, sowie seine Erlebnisse vermissen.
    Alles Gute und komm gut über die  Regenbogenbrücke
    LG Lieselotte
  • Astrid Hallmann 19/06/2023 9:19

    Liebe Astrid, 
    Du hast es ganz toll geschrieben und
    eine schöne Erinnerungscollage von
    Deinem Schatz gemacht.
    Meine Gedanken sind bei Euch.
    Oscar bleibt immer in Eurem Herzen.
    Auch wir werden ihn nicht vergessen.
    Fühl Dich umarmt.
    Liebe grüße Astrid
  • Jü Bader 19/06/2023 7:57

    wie wunderbar du das geschrieben hast! 
    Ich fühle mit!
    lg jürgen
  • alicefairy 19/06/2023 7:49

    Schöne Collage mit wahren berührenden Worten.
    Sei stark liebe Astrid, in deinem Herzen wird er bleiben.´und er hätte sicher nicht gewollt dass dir das Herz bricht.
    Lg Alice
  • Mary.D. 19/06/2023 7:34

    Eine schöne Collage hast du vom/für Oscar erstellt, die zeigt,wie glücklich Oscar bei euch war...pures Glück.
    Dein Text dazu berührt alle, die ein Streunerle aufgenommen haben...genauso erging es mir beim Fidel ( der Gott sei Dank noch lebt) und vor allem beim Tommy. Sein Tod hat mir auch bald das Herz gebrochen. Endlich durfte das kleine Wesen ein Zuhause haben, mußte er doch nach wenigen Monaten ein Sternkätzchen werden ...
    Man wünscht sich, die Zeit zurück drehen zu können, dass alles wie es war, wieder so ist....aber es gibt kein zurück!
    Dein Oscar wird uns hier sehr fehlen...deine niedlichen Geschichten, die du gestaltet hast . Unvergessen!!!!
    Ich wünsche dir ,dass du das alles gut verkraftest...und dass vielleicht ein neues Streunerle bei dir auftaucht, das du wieder glücklich machen kannst, das dich wieder glücklich macht ...
    Liebe und auch traurige Grüße, Mary
  • Kratzbaum227 19/06/2023 7:13

    Soviel Liebe und Geduld habt Ihr aufgebracht..
    Und Oscar wirklich alles so gemacht wie es im Text steht.
    Er hat ein Paradies bekommen und es wurde Euch allen genommen;-(
    So niedliche Bilder, ich erinner mich an viele Geschichten dazu...
    Liebe Tröstegrüße von uns dreien
  • MinnaS. aus W. 19/06/2023 4:48

    liebe Astrid, diese Collage mit deinem Star zu kreieren, muss schmerzhaft für dich gewesen sein :-(.

    Ich drück' dich fest :-*.