Annette He


Premium (Complete), Süddeutschland

Gehofft

hatte ich vor der Reise, daß ich Wale sehe. Wirklich große Chancen darauf hatte ich mir nicht ausgerechnet. Dann hatte ich gehofft, daß ich vielleicht, wenn es mit den Walen nicht klappen sollte, Nordlichter sehe. Auch dafür gibt es keine Garantie, da können die Vorhersagen noch so positiv sein (gibt es wirklich, schaut mal hier: http://www.gi.alaska.edu/AuroraForecast/3 Wenn es dunkel war, wanderte mein Blick alle paar Minuten an den Himmel, wenn ich nachts wach wurde, bin ich ans Fenster gesprintet, um zu schauen, ob ich welche entdecken kann. Nichts. Die ersten beiden Tage war ich einziger Gast im Hotel, dann kamen noch ein paar Leute dazu, alle wollten Wale sehen. Die Gruppe war klein und hatte das gleiche Ziel, die Stimmung und der Umgang miteinander war eher wie in einer Jugendherberge, so wie ich es mag. Zwei Tage waren wir schon zusammen auf dem Wasser, haben keine Orcas gefunden. Da ich ein kleines Mietautochen hatte, wollte ich im Dunkeln noch mal los, fotografieren. Zu unserer Gruppe zählte auch ein knipsverrückter Engländer, Richard, den ich fragte, ob er mitkommen möchte. Da er selbst kein Auto hatte, war er froh und sagte sofort ja. Wir sind ans Wasser gefahren, mit Blick auf die Lofotenwand und haben ein bißchen fotografiert. Als der Wind stärker wurde, haben wir beschloßen, weiterzuziehen, denn Wind gepaart mit -14° ist auf die Dauer frisch. Auf dem Rückweg wollte ich dann noch an einem Strand anhalten und knipsen, Richard wollte eigentlich nicht. Aber da er ja ein höflicher Engländer ist, ist er mit ausgestiegen. Wir hatten gerade die Cams aufgebaut, da erschienen sie wie aus dem Nichts am Himmel: Nordlichter. Sie schienen dem Berg zu entsteigen, der uns gegenüber stand, wie ein Vulkan mit grüner Lava sah das aus. Sie wurden größer, stärker, tanzten über den Himmel. Wir standen am Strand, konnten unser Glück nicht fassen und tanzten mit, vor lauter Freude. Zum Glück haben wir das Fotografieren nicht vergeßen. Nordlichter sind so unglaublich schön, so unfaßbar, so unbegreiflich. Wenn man sie sieht, versteht man, warum Menschen irgendwann angefangen haben, an Götter zu glauben. Genauso plötzlich wie sie da waren, waren sie auch wieder weg. Immer noch vollkommen fasziniert packten wir unsere sieben Sachen zusammen und fuhren zurück zum Hotel. Da stellten wir fest, daß wir dreieinhalb Stunden draußen gewesen waren. Es hat sich gelohnt. Jetzt haben nur noch die Wale gefehlt.

Mit diesem Scherenschnitt
Mit diesem Scherenschnitt
Annette He


Tausend Dank an Hans-Joachim Weiß für den unverhofften Vorschlag.

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