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Georg Wagner (83), der "Retter von Vierzehnheiligen"

Georg Wagner (83), der "Retter von Vierzehnheiligen"

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Ulrich J. Kind


Premium (Pro), Riedbach/Krs.Haßberge (Ufr.) - Bayern

Georg Wagner (83), der "Retter von Vierzehnheiligen"

Naja, gleich am Anfang gesagt: Das war ein schneller Reportage-Schnappschuss, mit Portraitkunst hat das Bild hier nichts zu tun!
Nachfolgend der Lokalpressebericht zum Thema:

Mit dem Fahrrad durchs Artilleriefeuer - Vierzehnheiligen/Baunach
Das nach den Plänen von Balthasar Neumann erbaute (von 1742 bis 1772) Nothelfer-Heiligtum "Vierzehnheiligen" in der Nähe von Lichtenfels zieht jährlich Zehntausende von Pilger an und zählt zu den bedeutendsten Wallfahrtsorten in ganz Deutschlands.
Auch aus dem unterfänkischen Raum machen sich jetzt wieder die Pilgergruppen auf den Weg zur oberfränkischen Wallfahrtsbasilika.
Das dieses einzigartige Kulturgut den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überdauerte, wird der mutigen Tat des damals 23-jährigen Georg Wagner (83) aus Baunach zugeschrieben, der am 11. April 1945 durch seinen wagemutigen Einsatz erreichte, dass die Basilika Vierzehnheiligen von amerikanischen Artillerie-Beschuß verschont geblieben ist.
Bisher war seine mutige Tat kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs in der breiten Öffentlichkeit nicht so bekannt, erst jetzt wurde durch Mitarbeiter der im Kloster Banz beheimateten Hanns-Seidl-Stiftung die näheren Umstände veröffentlicht. Nach den ersten Meldungen des bischöflichen Pressedienstes (POW) und der Deutschen-Presse-Agentur (dpa), füllte sich das Aufnahmeband am Anrufbeantworter von Wagner. Auch Kamerateams von öffentlichen und privaten Fersehsendern begaben sich vor Ort zu Filmaufnahmen.
Im Gespräch erinnerte sich Wagner rückblickend an seine schlimmen Erlebnisse während der Kriegszeit. Als Frontsoldat im Russlandfeldzug erlebte er die ganze Grausamkeit des russischen Winters, mit Stellungskrieg bei Minustemperaturen mit bis zu 50 Grad und dazu noch unzureichend mit Sommerbekleidung ausgerüstet. Das er und seine Kameraden im Winter 1942 nicht erfroren sind, so erzählt Wagner weiter, verdanken sie den vielen im Stellungskrieg gefallenen Russischen Soldaten. Diese waren als sibirische Eliteeinheiten mit dicker wattierter Winterbekleidung ausgestattet. So makaber wie es sich anhört, es ging aber ums Überleben: Den gefallenen russischen Soldaten konnte man wegen der großen Kälte die Kleidung nicht ausziehen. Die steif gefrorenen Soldaten wurden Einer nach dem Anderen in der beheizten Unterkunft am Ofen sprichwörtlich aufgetaut, damit die deutschen Landser ihnen die Wintermontur ausziehen konnten. Nur so kam er und seine Kameraden ohne große Erfrierungen davon. Später wurde Georg Wagner bei Kampfhandlungen an der Front verwundet und kurierte seine Verletzungen in Oberfranken aus. Auch für ihn zeichnete sich damals Anfang 1945 das Kriegsende schon deutlich ab, er sollte aber noch im Raum Lichtenfels eine heimatnahe Verwendung finden.
Wagner erinnert sich noch ganz genau an jenen denkwürdigen 11. April 1945: Mit Störfeuer ihrer Artillerie beschossen die Amerikaner bei ihrem Vormarsch aus Richtung Westen kommend den näheren Bereich um den Wallfahrtsort. Wagner erkannte als erfahrener Ostfrontkämpfer die Situation, dass diese Taktik der Beginn eines vernichtenden Trommelfeuers wird und Vierzehnheiligen mit der Basilika dann ausgelöscht werde. Die Basilika liegt an einer Anhöhe, von den Türmen hat man einen weiten Blick ins Obermaintal und kann die Truppenbewegungen der anrückenden Amerikaner einsehen. Ohne lange zu überlegen machte er sich mit einem geliehenen Fahrrad auf den Weg zu den Amerikanern. Ohne Rücksicht auf das noch anhaltende Störfeuer der amerikanischen Artillerie fuhr der damals 23-jährige Wagner den Berg hinunter in die nur wenige Kilometer entfernte Korbmacherstadt Lichtenfels.
Dort angekommen habe ihm dann ein US-Captain vor dem Rathaus unmissverständlich erklärt: "Wenn der Turm der Vierzehnheiligen-Basilika bis 14.30 Uhr nicht weiß beflaggt ist und dadurch anzeigt, dass es nicht verteidigt wird und ergibt, werden wir angreifen". Die Zeit war knapp und Wagner radelte zurück mit allerletzter Kraft den steilen Berg hinauf nach Vierzehnheiligen .
Dort angekommen musste er erst den vom "Endsieg" noch überzeugten NSDAP-Ortsgruppenleiter dazu bringen, dass Vierzehnheiligen nicht verteidigt werde. Die Zeit lief Wagner davon, "Ich konnte nicht lange Verhandlungen mit ihm führen. Ich hatte ja noch dienstlich eine Pistole bei mir und diese Pistole habe ich ihm sprichwörtlich auf die Brust gesetzt", sagte Wagner, „Wenn es sein muss, hätte ich vielleicht auch abgedrückt, ich war ja durch meine eigenmächtige Aktion schon der nächste Kandidat fürs Erschiesungskommando des nächsten Standgerichtes“. In seiner Not habe darauf der NS-Ortsgruppenleiter laut ausgerufen, dass ab sofort Vierzehnheiligen kapituliert und sich ergibt. Im Turm wartet man bereits auf dieses Signal und so konnte umgehend die weißen Fahne am Turm der Basilika herausgehängt werden. Der Artillerie-Beschuß der Amis hörte dann auf. Vierzehnheiligen wurde nicht verteidigt und ergab sich kampflos den amerikanischen Kampftruppen, die bereits vorher schon Lichtenfels eingenommen hatten.
Eine halbe Stunde später kam ein erster Erkundungstrupp der Amerikaner mit einigen Jeeps den Berg herauf gefahren, darunter war auch jener US-Capitan, mit dem Wagner zuvor verhandelt hatte.
Nach den Worten des Bamberger Erzbischofs Dr. Ludwig Schick wurde durch die mutige Tat von Georg Wagner nicht nur die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, sondern auch ein Kulturdenkmal ersten Ranges gerettet. Der Bamberger Erzbischof überreichte kürzlich im Bamberger Bischofshaus dem jetzt 83-jährigen Georg Wagnerfür seinen selbstlosen Einsatz vor 60 Jahren, - als dem "Retter von Vierzehnheiligen" -, die höchste Auszeichnung des Erzbistums Bamberg: Die diözesane Verdienstmedaille in Silber. (UK)

Die Vierzehnheiligen-Basilika ...
Die Vierzehnheiligen-Basilika ...
Ulrich J. Kind

Commentaire 4

  • Daniela Vagt 29/04/2005 11:23

    diesen alten herren hätte man wirklich spannender in szene setzen können...s-w und auch ausdrucksstärker..
  • Matthias Endriß 23/04/2005 14:38

    @ Uli:
    Was meinst Du, auf welche verdrehten Art und Weise ich schon auf die tollsten Geschichten gekommen bin. Was mir so spontan einfällt: Für die Redaktion KT sollte ich mal eine Geschichte über eine Hobby-Malerin schreiben. Doch die wollte partout nicht, war aber so ganz nett und hat mich zu einem Kaffee eingeladen. Und dabei hat mir dann ihr Mann erzählt, dass er ein Stück des Vorlaufes von dem Film hat, der 1969 mit auf dem Mond war. Bekommen hatte er ihn von einem Amerikaner, der 1945 mit der Army in Kitzingen war und Weihnachten bei eben dieser Familie feiern durfte. Später stieg der bei Kodak auf zum Leiter der Sparte, die die Dokumentation des Mondfluges zu machen hatte. Und der erinnerte sich an seinen Freund in Kitzingen und schickte ihm ein Stück des Filmvorlaufes mit Echtheitszertifikat von der NASA. Dazu noch andere NASA-Souveniers wie etwa ein Teil des Hitzeschildes der Apollo-Kapsel oder die Original-Abzeichen sämtlicher Apollo-Missionen.
    So klappt das mit den Stories. Und manchmal muss man nur einen Schoppen oder Kaffee dafür trinken ;-)))
    Gruß zu den Haßzwergen
    Matthias
  • Ulrich J. Kind 23/04/2005 0:04

    Hallo Matthias (ehemaliger Hasszwerg-Volo),
    die Geschichte war für mich auch neu.
    Du weist aber wie es so manchmal zugeht, an die guten "Geschichtlich" kommste ganz unverhofft!
    Ich lernte Herrn Georg Wagner, -der Gründungsmitglied (1952) des bayrischen Jagdverbandes/Kreisgruppe Ebern ist-, kürzlich bei der Pflichttrophäen-Hegeschau der Jägerschaft in Memmelsdorf/Ufr. kennen.
    Dort bekam ich von Jagdkollegen mit, dass er "der Retter von Vierzehnheiligen" sei.
    Er erzählte dann mir nach der Versammlung bei einem Schoppen Wein seine Biografie und die Story vom 11. April 1945. (Was macht man nicht alles für die Hasszwerge!)
    LG Uli
  • Matthias Endriß 22/04/2005 20:08

    Aus dem Porträt wäre durchaus mehr zu machen gewesen, aber sehr wichtig ist es, dass solche Zeitzeugen in Bildern (und ihre Geschichte in Worten) festgehalten werden. Eine Geschichte rund um Vierzehnheiligen, die mir vollkommen neu war bislang.
    LG Matthias