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Th. Maess


Premium (Pro), Ulm

Herbststimmung V

Hier gehört ein Gedicht von R.M.Rilke hin, zu dem er leider nicht mehr kam... Er hatte es mir versprochen, als wir gemeinsam in Ronda auf der Terrasse meines Hotels einen Café tranken. Ich erwähnte Goethes Tagebucheintrag vom 30. November 1831, als er nach schwerer Herzisuffizienz schrieb: "zum ersten Mal wieder im Bette geschlafen." Rilke stutzte etwas. Das war ihm neu. Wo hat er denn sonst geschlafen? Die Frage stand im Raum. Die Literaturwissenschaft hatte bis dato darauf keine Antwort gefunden. So trank Rilke sein Glas hastig aus, klemmte den Stock in die Achsel und wie es seine feine Art war, streifte sein linker kleiner Finger meine Wange und jovial sagte er: Wenn die Literaturwissenschaft entdecke, wo Goethe vor der Nacht des 30. November 1831 schlief, würde er mir ein Herbstgedicht schreiben, so golden (er sagte nicht "goldig"), wie er noch nie eines schrieb. Und mit leichtem Gang, beschwingt fast, beschleunigte er seine hagere Figur die Armiñian hinan, bog in die Plaza de España ein und verschwand im leichten Nebel, der sich über den Jardines de Blas Infante inzwischen gelegt hatte. Als die Schlafstätte des alternden Goethe ausfindig gemacht wurde (Prof. Dr. F.K.), war Rilke leider bereits verblichen und ich blieb ohne dem Gedicht allein zurück. Leider ignorieren mich seine Erben bis heute.

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Dossier Deutschland
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Exif

APN NIKON D700
Objectif ---
Ouverture 8
Temps de pose 1/160
Focale 90.0 mm
ISO 100