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Heute vor einem Jahr und zwei Tagen ...

Heute vor einem Jahr und zwei Tagen ...

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Heute vor einem Jahr und zwei Tagen ...

... haben ein paar Deppen auf der Brücke der Costa Concordia so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte ...

Am 1. Oktober 2012 flog mich ein Billigflieger der Ryanair über eine italienische Mittelmeerinsel. Mit der kleinen Jackentaschen-Powershot hielt ich einfach mal drauf und war erfreut über den Anblick der kleinen bunten Insel im blinkenden spätsommerlichen Meer. Erst Zuhause entdeckte ich diese weiße "Zigarre", die dort vor dem Hafen im Wasser lag - und erst da wurde mir klar, dass wir über Giglio geflogen waren.

Stefan Tröndle von der ARD schrieb zum Jahrestag des Unglücks folgenden Text:

Lügen bei "Costa Concordia"-Havarie
"Nur ein Stromausfall ..."
Heute vor einem Jahr und zwei Tagen kollidierte die "Costa Concordia" mit einem Felsen. 32 Menschen starben. Sie könnten noch leben, wenn die Verantwortlichen an Bord damals nicht gelogen hätten. Es sei "nur ein Stromausfall", hieß es zunächst von der Brücke. Und der Ex-Kapitän hat noch heute ein Problem mit der Wahrheit.
Schlamperei, Ausreden, Unfähigkeit - auf der "Costa Concordia" ging vor einem Jahr so ziemlich alles schief, was schief gehen konnte. Vor allem wurde an Bord gelogen, dass sich die Balken biegen - und einige Lügen waren mit ziemlicher Sicherheit tödlich.
Wertvolle Zeit bei der Rettung verschenkt
Erstens: "Es ist nur ein Stromausfall..." Diese Aussage von der Brücke des Unglücksdampfers gegenüber der Küstenwache, die von Passagieren über die Carabinieri auf dem Festland alarmiert worden war, hat dafür gesorgt, dass die Rettungsaktion verzögert gestartet wurde, dass wertvolle Zeit verschenkt wurde. Hätte man alle Rettungsboote zu Wasser lassen können, bevor das Schiff eine kritische Schräglage erreichte, wäre der Evakuierungsbefehl früher gekommen, wäre möglicherweise niemand ums Leben gekommen.
Besonders perfide ist dies im Bezug auf das Verhalten der Besatzung. Die forderte nämlich - als logische Schlussfolgerung der Aussagen von der Brücke - die Passagiere auf dem Außendeck auf, in ihre Kabinen zurückzugehen - und das noch kurz bevor der "Alle-Mann-von-Bord"-Befehl kam. Unter den 32 Toten waren überdurchschnittlich viele Deutsche. Man kann nur vermuten, dass sie ertranken, weil sie sich im Gegensatz zu den italienischen Passagieren auf diese Informationen verlassen haben und der Anweisung der Besatzung gefolgt sind.
Ins Rettungsboot gefallen?
Lüge Nummer zwei betrifft "Schönwetterkapitän" Francesco Schettino persönlich. Er behauptete, er sei in ein Rettungsboot gefallen und könne nicht mehr an Bord zurück. Fakt ist: der bizarre Kommandant der "Costa Concordia" hatte sich vor allen anderen abgeseilt. Wie viele Passagiere er im Stich gelassen hat, wird vermutlich nie geklärt, viele hundert waren es auf jeden Fall.
Es sei nicht möglich an Bord zurückzukehren sagte Schettino in jenem denkwürdigen Telefonat mit dem diensthabenden Offizier der italienischen Küstenwache. Das Schiff liege nämlich zu schräg. Dass das aber problemlos möglich war, bewies der Vizebürgermeister der Insel Giglio, der an Bord ging und über Stunden die Rettung koordinierte. Offiziere habe er allerdings keine mehr gefunden, sagte er damals.
Ex-Kapitän Schettino scheint auch heute noch ein sehr gestörtes Verhältnis zur Wahrheit zu haben. Er behauptet nämlich auch jetzt noch öffentlich, er sei als letzter von Bord gegangen und - Lüge Nummer drei - er habe durch sein heldenhaftes und seemännisches Verhalten die meisten Menschen an Bord gerettet. Schließlich habe er die "Costa Concordia" nach der Kollision mit dem Felsen vor den Hafen von Giglio in flaches Wasser gesteuert.
Diese Aussage ist frei erfunden und eine Beleidigung für jeden Seemann. Experten stellten nämlich im Unfallgutachten schriftlich fest, dass das Schiff 30 Sekunden nach dem Zusammenstoß komplett manovrierunfähig war, ohne Strom, das Ruder auf "Hart Steuerbord" blockiert. Nur der Wind, die Wellen und ein bisschen Restgeschwindigkeit waren es, die die "Costa Concordia" vor den Hafen von Giglio trieben. Das einzige was Schettino noch tun musste, war einen Anker werfen zu lassen. Das allerdings hat er tatsächlich geschafft.

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