Im Schwebezustand
harrt der Bahnhof Berlin-Friedrichstraße nach dem Rückbau der Grenzanlagen in den Jahren 1993/1994 seiner weiteren Gestaltung. Der S-Bahnverkehr in Richtung Osten (so auch dieser Altbauzug) rollt über den im Jahr 1990 nur einseitig angebundenen alten West-Bahnsteig, welcher sich bis 1989 hinter einer hohen Stahlwand verbarg, hinter der man als DDR-Bürger beim genauen Hinhören nur manchmal die Fahr- und Tütschließgeräusche der West-S-Bahnen vernehmen konnte. Der ausfahrende S-Bahnzug wird in wenigen Augenblicken über die Einmündungsweichen von beiden Gleisen des alten Ost-Bahnsteigs rumpeln, wenig später dann über die Verbindungs-DKW zur Fernbahn. Letztere war zu Zeiten der Berliner Mauer die einzige Verbindung zwischen den beiden S-Bahn-Teilnetzen, über diese ausgefahrenen Gleise fand der Betriebsmittelaustausch statt, natürlich nach ausgiebiger Grenzkontrolle auf den zu diesem Zweck mit einer Stromschiene ausgestatteten Ferngleisen. Auch die Fernbahn zeigt sich den Anforderungen nach der Wiedervereinigung nur schwer gewachsen. Das ausgekreuzte Ausfahrsignal zeugt von dem Versuch der DR, kurz vor der Wende noch eine (geringe) Verlängerung der viel zu kurzen Gleislängen des Bahnhofs zu erzielen und die dafür viel zu langen Züge nicht immer wieder mittels Lautsprecher (rechts im Bild) als Rangierfahrt über das alte Ausfahrsignal (nicht im Bild) vorziehen zu lassen, um auf der anderen Bahnhofsseite das Grenzzeichen (der eingleisigen Einfahrt) freizufahren. In Betrieb wird es allerdings nicht mehr gehen. Die vorbereitenden Arbeiten zur Erneuerung der Stadtbahn haben schon begonnen, überall schwirren Arbeiter herum, die Kabelkanäle sind größtenteils geöffnet, man sucht offenbar die alte Infrastruktur, welche nach 28 Jahren Mauer wohl nicht unbedingt mehr mit den vorhandenen Plänen übereinstimmen muß. Im September 1994 werden die Arbeiten dann in ihre heiße Phase übergehen, dann wird unter Sperrung der Strecke im Prinzip neu gebaut und man wird danach die bislang bis zur Abzweigstelle hinter dem Bf Alexanderplatz eingleisige Fernbahn- wie auch die S-Bahnstrecke nicht mehr wiedererkennen. Bis es soweit ist, wuseln zumindest noch die IC der Linien 5 und 7 zwischen den Bauarbeitern hindurch, so auch am 24.03.1994, als sich IC 536 (Dresden- Hamburg) mit mäßiger Geschwindigkeit über die ausgeleierten Gleise dem Bahnhof nähert. Auch die von Siemens für teures Geld modernisierten U-Boote der BR 219 werden das Ende der alten Stadtbahn im Fernzugeinsatz nicht lange überleben. Immerhin hat die eigentlich für IC-Dienste umgebaute 229 147 offenbar als Bauzuglok bei Uwe Adam überlebt.
Ich würde das Bild natürlich nicht hochladen, wenn ich nicht noch ein paar mehr davon hätte::
http://www.eisenbahnwelt.com/19940324.html
makna 16/04/2014 12:27
20 Jahre ist das nun schon her, und es wirkt wie aus einer Welt vor unserer (Jetzt-) Zeit. Hätte man dann noch 25 Jahre früher am selben Bahnsteig das Fotografieren versucht, wäre die Bekanntschaft mit den "Organen" nicht ausgeblieben ... ;-)
Eine bemerkenswerte Dokumentation, die Du hier verlinkt hast - eben "noch die alte Stadtbahn", und gefühlt dabei ein wenig Nervenkitzel, wenn man sich an das alles vor dem Fall der Mauer erinnert (wo auch ich nur im Kopf gespeicherte Eindrücke habe).
Jedes einzelne Motiv in deinem Link (im Flash-Player gar noch um weitere ergänzt - Bravo !!!) ist ein Genuß für sich !!! Und wenn man - wie Lutz - ganz genau hinschaut, wird die "Zeitreise" gar noch erweitert: Die Kleidung der Dame im Stil der 30er Jahre ebenso wie die Original-Lackierung der beiden erkennbaren S-Bahn-Garnituren nähren die Illusion, dass dieses Motiv auch 80 Jahre zuvor nicht anders ausgesehen hat !
U-Boote und alte S-Bahn-Züge sind passé, die Stadtbahn trägt nun ihr Gesicht des 21. Jahrhunderts und hat gar mittendrin einen neuen Hauptbahnhof zu bieten - panta rhei !
Umso bemerkenswerter Dein Motiv und die dahinter verlinkte gesamte Dokumentation aus dem Jahr 1994 - besten Dank dafür !!!
BG makna
Lutz68 13/04/2014 21:25
. Mir gefällt das letzte Foto Bellevue ausgesprochen gut . Die Dame trägt genau das richtige Kostüm , geschmackvoll in dezenten Farben wie in den dreißigern und fügt sich dadurch prima ins Umfeld ein . Heute kann man solche Fotos in Berlin nichtmehr machen .