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Joachim Neu


Premium (Pro), Berlin

Karlshorst (1973)

Die obligatorische Klassenfahrt nach Berlin war für uns der Höhepunkt. Es war die Zeit, als sich Deutschland (also die BRD) von der „Hallstein Doktrin“ verabschiedete, Willy Brand hatte 1971 den Friedensnobelpreis für seine Ostpolitik erhalten, das Viermächteabkommen über Berlin war seit dem 03.06.1972 in Kraft, Walter Ulbricht war gerade gestorben. Die "X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten" ließ die DDR weltoffen erscheinen. Irgendwie war Bewegung in den Beziehungen Ost zu West.
Meine kleine Rollei war dabei, ich wollte fotografieren, auch Eisenbahn und Lokomotiven, so hatte ich angekündigt. Ich glaube, meine Eltern und die beiden Lehrer waren besorgter als ich ob meiner Absichten.

Am 17.08.1973 stand pflichtschuldig der Besuch in Ost-Berlin an. Verhaltensmaßregeln wurden ausgegeben, insbesondere auf keinen Fall über Politik reden. Mit mir sollten drei Klassenkameraden unterwegs sein. Meine Überlegungen für Fotos in Ostbahnhof („Ihr steht auf der Brücke, und wenn der Zug kommt, mache ich ein Bild von „Euch“, - aber ja nicht den Zug verdecken“) erwiesen sich als unpraktikabel.
Auf der Fahrt Richtung Erkner hatte ich in Karlshorst diese 03 gesehen. Aussteigen und zu Fuß erkunden, erschien mir viel zu riskant. Bei der Rückfahrt stehe ich an der Tür, wegen der sommerlichen Hitze stehen die Fenster offen. Meine Kamera hängt in der Handschlaufe hinter der Sprelacart-Abdeckung, für die anderen Fahrgäste nicht zu sehen, Blende, Verschlusszeit und Entfernung sind eingestellt. Wieviel Zeit gebe ich mir, wann nehme ich die Kamera hoch und alle können es sehen?

Ich weiß es nicht mehr, Konzentration auf das Foto, die Lok ...

Eine Woche später konnte ich das Negativ begutachten, Jahrzehnte später dann der Scan
Die Welt hat sich geändert: Eine 03 in Karlshorst - Herzklopfen hat heute andere Gründe.

(mit 108 Pro Stimmen das Voting nicht bestanden)

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