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Bernhard Kletzenbauer


Free Account, Reichelsheim

Kreuzweise Teil 12

Alle Einflußgrößen für Kreuzblick

Vor rund 3,5 Jahren begann ich bei der Fotocommunity mit der Fortsetzung meiner Stereobilder-Untersuchungen. Begonnen hatte das Ganze aber schon rund 31 Jahre zuvor. Damals hatte ich meine ersten Stereo-Bildpaare eher nach der Methode von Versuch und Irrtum erstellt. Dann begann ich systematisch die Grenzen für die Kreuzblickmethode herauszufinden.
Bei Fotocommunity veröffentlichte ich ab Oktober 2008 die Artikelreihe „Kreuzweise“, mit 11 Kapiteln über Kreuzblick-Stereobilder. Jetzt fasse ich zum Abschluß die wichtigsten Einflußgrößen zusammen.

Man findet in meinen Erklärungsbildern stets Quadrate mit 6 cm Seitenlänge, und die Darstellung eines Frosches von oben. Was hat es damit auf sich?
Die Quadrate stellen meinen Augenabstand dar, und sind eine Vergleichsgröße für verschiedene Maße bei der Erstellung von Stereobildern. Jeder Leser kann diese Größe durch seinen eigenen Augenabstand ersetzen.
Der Frosch ist Stellvertreter für den Betrachter der Stereobilder. Einen menschlichen Kopf von oben betrachtet abzubilden, ist nicht sehr sinnvoll, weil man dabei die Augen nicht sieht. Einen Schnitt durch den Kopf zu machen, oder gar die Augen allein darzustellen, erscheint mir immer recht makaber. Beim Frosch sind aber die Augen stets ohne irgendwelche gruseligen Schnitte zu sehen. Ich hätte auch eine Maus oder Biene wählen können. Doch bei Fröschen und Kröten gibt es Riesenexemplare (Goliathfrosch, Blombergkröte), die durchaus einen Augenabstand von 6 cm erreichen.
http://img217.imageshack.us/img217/488/goliath1pz8.jpg

Die Stereopaar-Bildbreite orientiert sich praktischerweise am DIN A4-Querformat, oder einer entsprechenden Computermonitor-Größe.
Die Bildhöhe ist nicht von Bedeutung und kann beliebig groß gewählt werden.
Der Betrachtungsabstand wird für Papierausdrucke bei 30 cm liegen. Beim Computer ist man ungefähr doppelt so weit weg.
Nach diesen Kreuzblick-Betrachtungsgrößen müssen sich auch die Aufnahmebedingungen richten. Parallelblickbetrachtung und Diaprojektion für Parallelblick (Anaglyphe) haben ganz andere Betrachtungs- und Aufnahmebedingungen.
Dazu kommen noch die kameratechnischen Einschränkungen (Bildwinkel).


Abbildung A zeigt 2 verschiedene Größenverhältnisse zwischen Augenabstand und Objektabstand. !:5 wird man bei Papierausdrucken anwenden – 1:10 beim Computermonitor.
Bei einzelnen Objekten, ohne Bild-Hintergrund, kann man auch die Kamera fest an einer Position stehen lassen und die Objekte zwischen den Aufnahmen um 11 oder 6 Grad drehen.

Abbildung B unten zeigt die Größenverhältnisse bei Aufnahme und Parallelblick-Betrachtung und Abstandsverhältnis 1:10.
Je nach technischen Möglichkeiten kann die Bildbreite zwischen 12 und 18 cm liegen. In diesem Artikel habe ich 12 cm Breite gewählt, also doppelten Augenabstand.
Abbildung B oben zeigt die Erfassungswinkel meines Kameraobjektivs. Bei der gewählten Bildbreite bin ich beim Abstandsverhältnis von 1:5 immer noch auf der sicheren Seite. Die Kamera erfaßt mehr als ich für das Stereobildpaar brauche

Abbildung C zeigt die Aufnahme- und Betrachtungssituation bei Parallelblick und Abstandsverhältnis 1:5.

In Abbildung D unten sind außen an den 2 Einzelbildern die abgedunkelten 2D-Bereiche markiert, die für Stereobilder nicht gebraucht werden.
Abbildung D oben zeigt den überlappenden Sichtbereich von Auge/Kamera, der im Parallelblick dreidimensional gesehen werden kann.

Bei Abbildung E wurden die vorherigen Bilder gegeneinander vertauscht, so daß sie mit Kreuzblick betrachtet werden können. In dieser Anordnung sind es die Innenbereiche, die weggeschnitten werden müssen, damit das Scheinfenster vorne liegt. (Etwas, das viele Raumbild-Anfänger vergessen.)

Abbildung F unten zeigt schematisch die beiden vertauschten Einzelbilder und die Sichtkeile beim Kreuzblick.
Abbildung F oben zeigt den Gesamtwinkel, der zur Betrachtung beider Bilder mit Kreuzblick nötig ist.

In Abbildung G habe ich dargestellt, wieviel die Deviation (Augenabstand/seitliche Kameraverschiebung) an der Gesamtbildbreite ausmacht – bei unterschiedlichen Objektabständen.
Bei Freihandaufnahmen versuche ich die Kamera um etwa 1/8 der Bildbreite zu verschieben. Das ergibt noch ausreichende Stereobild-Tiefe.
Bei ¼ Bildbreite Verschiebung liegt eine Grenze jenseit derer es zur Zersplitterung des Raumbildes kommt (Bildzerfall). Das Auge/Gehirn kann dann kein Gesamtbild mehr erfassen, sondern nur Einzelbereiche.

Abbildung H zeigt, daß das günstigste Abstandsverhältnis bei etwa 1:4 bis 1:6 liegt – um die Scheinfensterbreite von 12 bis 18 cm optimal auszunutzen. Bei größeren Abständen wird zu viel vom aufgenommenen Bild vergeudet – oder es kommt zum Liliputismus.

Abbildung I (und Abbildung L) zeigt die Tiefen-Grenzen der Kreuzblick-Methode auf. Nur der überlappende, gemeinsame Blickbereich beider Augen kann für Stereobilder genutzt werden.
Beim Parallelblick kann der Bereich durch seitliche Augenbewegungen komplett betrachtet werden. Aber je weiter man in die Tiefe schaut, um so weniger von der Bildbreite sieht man in 3D. Man kann gewissermaßen maximal den Augenabstand einer betrachteten Person (Smiley) gleichzeitig räumlich erfassen.
Das Stereobildpaar habe ich rechts neben Abb. J nochmals vergrößert dargestellt. Die Quadrate über den Einzelbildern sind diesmal nicht mit dem Augenabstand identisch. Zufällig ergab sich eine Sechstel-Bildaufteilung (4/6 für die hinterste Bildbreite).

Abbildung J zeigt die mit Kreuzblick betrachteten Einzelbilder nebeneinander. Es kommt dem Gehirn so vor, als sei die Betrachterbasis größer als normal (in diesem Fall so, als wäre der Augenabstand 18 cm).

Bei Abbildung K kann man nochmal Parallelblick und Kreuzblick (bei Abstandsverhältnis 1:5 und 1:10 direkt vergleichen).

In Abbildung L links sind die Kreuzblick-Bilder wieder zusammengeschoben. Bei einem Abstandsverhältnis von 1:5 überlappen sich die Sichtbereiche bis zu einer Objektentfernung von 60 cm. Manche Objekte, die weiter entfernt sind, können im Toten Winkel liegen.
Abbildung L rechts zeigt das selbe bei einem Abstandsverhältnis von 1:10. Die erreichbare räumliche Bildtiefe liegt hier bei 120 cm.

Die Abbildungen M bis P unten zeigen die unterschiedlichen Wahrnehmungen eines Objektes, bei unterschiedlichen Betrachtungssituationen.
Oben habe ich die Darstellung nochmals vergrößert abgebildet.
Beginnen wir mal mit Abbildung O, die das Objekt im Parallelblick zeigt. Wenn ich das selbe Stereo-Bildpaar aus doppelter Entfernung anschaue, sehe ich das Objekt scheinbar weiter entfernt und auch langgestreckter.
Wenn ich das selbe Stereo-Bildpaar im Kreuzblick betrachte, scheint das Objekt näher zu stehen und außerdem zusammengedrückt- und kleiner zu sein.

Schlußbemerkung:
Beim Kreuzblick sehen wir die abgebildeten Objekte jedes Mal kleiner und flacher als in der Realität (Parallelblick).
Der Liliputismus ist nicht zu umgehen.
Die Raumtiefe hinter dem Scheinfenster ist ungefähr doppelt so groß wie der Abstand von der Kamera zum nähesten Objekt (Bei 5 m Abstand also ungefähr 10 m Raumtiefe).
Dieser Bereich ist sozusagen unsere Theaterbühne, auf der wir dem Betrachter das Schauspiel präsentieren.

Vorheriger Teil:

Kreuzweise Teil 11
Kreuzweise Teil 11
Bernhard Kletzenbauer

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