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Thomas Reitzel


Premium (World), Fountain, RP

Louis Favre

Der Gotthard-Panorama-Express schickt sich nach der Fahrt über die spektakuläre Südrampe

Über den Gotthard
Über den Gotthard
Thomas Reitzel
Über den Gotthard - II -
Über den Gotthard - II -
Thomas Reitzel

Biaschina
Biaschina
Thomas Reitzel
Im Dazio Grande
Im Dazio Grande
Thomas Reitzel

nun nach kurzem Halt in Airolo an, in den Gotthard-Tunnel einzufahren.

Ein besonderes Schmankerl wartet auf die Fahrgäste:

Nach einigen hundert Metern im Tunnel wird der Zug deutlich langsamer. Das Licht im Wagen geht aus und beim Blick durch die Panoramascheiben zeigt sich ein fast gespenstisches Schauspiel: An der Tunnelwand werden (teils bewegte) Bilder sichtbar; gleichzeitig erfüllen wuchtige Hammerschläge, das Kratzen von Schaufeln und ähnliche Arbeitsgeräusche das Wageninnere; das Geräusch von Bohrern im Fels ist deutlich zu vernehmen. Die Tunnelwand zeigt die Arbeiter im Tunnel bei der Arbeit, gebückt, die Hacke schwingend, den Bohrer einrichtend, Felsstücke wegräumend, eine vage, aber beeindruckende Vorstellung davon, wie es damals bei der Arbeit im Tunnel gewesen sein muß. Schlechte Luft, wassergefüllten Tunnelboden, Staub und schlechte Sicht muß man sich dazudenken. Etwa zwei Minuten dauert die Vorstellung, dann beschleunigt der Zug wieder und rollt weiter durch den 15 km langen Tunnel.

Im Wagen für die Fotografen, in dem sich die Fenster öffnen lassen, erkennt man beim Hereinkommen, daß am anderen Wagenende jemand sitzt. Im Näherkommen erkennt man eine lebensgroße hölzerne Figur:
Das ist die Gestalt von Louis Favre, dem Unternehmer, der den Zuschlag zum Bau des Tunnels erhielt. Er lebte von 1826 bis 1879. Sein guter Freund Jean-Daniel Collladon ermunterte ihn zur Abgabe des Angebots und unterstützte ihn danach uneigennützig und beratend. Vertraglich wurde eine Bauzeit von acht Jahren zugesichert, und das ohne jeden Vorbehalt höherer Gewalt oder sonstiger unvorhergesehener Umstände. Favre akzeptierte ohne weiteres die vertraglichen Bestimmungen, die die gesamten Risiken (und auch solche finanzieller Art) dem Bauunternehmer zuschoben, als er den Werkvertrag am 7.August 1872 bei der Gotthardbahn-Direktion in Luzern unterzeichnete. Fünf Zusatzverträge ändern in der Folge die Bedingungen des Bauvertrages. Arbeiterstreiks aufgrund unhaltbarer Arbeitsbedingungen, Wassereinbrüche, Fehlbohrungen, Maschinenmängel, finanzielle Probleme und zeitlicher Verzug setzten Favre in der Folge derart zu, daß er am 19. Juli 1879 bei einer Begehung im nördlichen Vortrieb einen Schlaganfall erlitt, den er nicht überlebte.
Er starb 53jährig, 223 Tage vor dem Durchschlag seines Tunnels.

Als Bauunternehmer, der aus bescheidenen Verhältnissen stammte und einen enormen Einfallsreichtum entwickelte, Charisma im Umgang mit seinem Arbeiterstab hatte, war Louis Favre hochgeschätzt und wurde als verständnisvoller Chef verehrt. Bei der Fürsorge für die Arbeiter allerdings schnitt er nicht ganz so gut ab, aber so waren die Zeiten.

Noch vor allen anderen maßgeblichen Wegbereitern der Gotthardbahn hat man ihm also hier im Wagen ein Denkmal gesetzt.

Die Arbeiten am Gotthardtunnel begannen mit Vortrieb von beiden Seiten im September 1872 mit mühsamen Bohrungen von Hand im äußerst harten Granit. Erst 1873 begann man, Bohrmaschinen zu verwenden, was den Vortrieb entscheidend voranbrachte. Der Durchschlag der Richtstollen erfolgte im Februar 1879. Aufgrund penibler Vorarbeit der Vermessungsingenieure(auch ständig während des Baus) betrug die seitliche Abweichung von der Tunnelachse lediglich 33 Zentimeter bei ebenso geringer Höhenabweichung. Beim Vergleich der damaligen Messinstrumente mit der heutigen Meßtechnik(Laser etc.) nimmt sich der Begriff «Präzision» fast wie Hohn aus.
Die Ausbauarbeiten gingen zügig voran und bereits am 1. Januar 1882 wurde der Bahnbetrieb durch den Tunnel aufgenommen.

Nicht vergessen sollen die vielen Toten sein, die der Bau forderte: 30 tödliche Unfälle und zahlreiche Spätfolgen unter den Arbeitern infolge verschiedener Krankheiten im Zusammenhang mit den Arbeiten im Tunnel.
Ein Denkmal am Bahnhof in Airolo erinnert an die,
ohne deren körperliche Arbeit der Tunnel nicht hätte entstehen können.

All das bemerkt der Fahrgast bei der komfortablen und ruhigen Fahrt durch die Röhre nicht mehr.


Die weiteren maßgeblichen Persönlichkeiten, die am Gotthardbahn-Projekt beteiligt waren,
- Zufahrten, Trassierung, Geologie, Finanzierung, Bauplanung usw. -
werden dann im folgenden eine kurze Würdigung erfahren.



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Commentaire 9

  • Thomas Jüngling 11/11/2021 1:49

    Wow, was für eine spannende Geschichte. Schön auch, dass man diese den Menschen in Bild und Ton auf so besondere Weise begreiflich macht. Foto und Text sind hier eindeutig eine Bereicherung für die eigene Bildung!

    Gruß Thomas
  • Basi70 10/11/2021 18:35

    Einzigartig! Auch Deine Beschreibungen zu den Bildern. HAMMER!!!

    VG Michael
  • Finnie Kennedy 09/11/2021 11:55

    Ha, that's a nice touch. Glad to see there's still one of those coaches on the train
    Cheers Finnie
  • Bernd Freimann 08/11/2021 23:31

    Nett, dass er den Fensterplatz den zahlenden Fahrgästen überlässt ...
    Prima Idee mit dem hölzernen Mitfahrer.
    Bei der Bremer Straßenbahn gab es auch mal einen mitfahrenden Roland, der im Gegensatz zu dem Original auch sitzen durfte ...
    Gruß aus Berlin
    Bernd Freimann
  • Leo Borning 08/11/2021 21:03

    Diese Art des Gedenkens - von der SBB im und am Zug und hier von Dir mit Text & Bild -
    ist nicht hoch genug zu loben: Ich finde es großartig !!!
    So long Leo
  • Daniela Boehm 08/11/2021 15:35

    Da sitzt er und fährt spazieren! Liebe Grüße Dani.
  • anhu 08/11/2021 13:55

    Zuerst einmal vielen Dank, Thomas, für Deine vielen erklärenden und informativen Worte zu Deinen interessanten, spannenden Bildern. Deine ganze Serie verdient ein ganz grosses Herz!
    Im Uebrigen schliesse ich mich gerne makna an!
    Und möchte dazu gerne noch beifügen: Ehre, wem Ehre gebührt: Louis Favre hätte doch einen Erste-Klasse-Sitz verdient.
    Viele Grüsse  -  Andres
  • makna 08/11/2021 13:31

    Der Gotthard-Panorama-Express über die alte Trasse ist, wie Du beschreibst, echt der Hit !
    So ein "Schauspiel" im Tunnel - Licht im Zug gelöscht - ist ja ein tolles Erlebnis !!!

    Dass auch des Bauunternehmers gedacht wird, eben mit dieser Figur im Wagen:
    Eine hervorragende Würdigung durch die SBB, und nun in Bild und Text von Dir !

    Deine ganze Beschreibung des Tunnelbaus habe ich mit großem Gewinn gelesen
    - dass damals mit "einfachen" Meßmethoden hochpräzise gearbeitet wurde: Top !

    Danke für diese vorzügliche Darstellung !!!

    BG Manfred

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APN NIKON Z 6
Objectif NIKKOR Z 24-70mm f/4 S
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